Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 4.1865

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7150#0026
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 168 —

der bedeutendſten Momente aus der Geſchichte des literariſchen
und geiſtigen Lebens in Münſter veranſchaulicht: Die Fürſtin
Gallitzin im Kreiſe ihrer Freunde. Dieſes in jeder Beziehung
gelungen zu nennende Bild des Profeſſors der Hiſtorien-Male-
rei, Freiherrn v. Oer in Dresden, enthält nicht weniger als
neunzehn Portraits von bedeutenden und berühmten Perſön-
lichkeiten, wie ſie die Fürſtin damals, 1806, um ſich verſam-
melte, namentlich die von dem Grafen Leopold von Stolberg
und ſeiner Gemahlin Sophie, geb. Gräfin von Redern, von
Clemens Auguſt von Droſte, dem ſpätern Erzbiſchofe von Köln,
Caspar Max von Droſte-Viſchering, Biſchof von Münſter, dem
Miniſter von Fürſtenberg, ſerner von Kellermann, Kiſtemaker,
M. Sprickmann, Katerkamp, Overberg u. A. Auch der Sohn
der Fürſtin, Demetrius, der bekanntlich Miſſionär in Amerika
wurde, iſt nicht vergeſſen. Das Gemälde ſelbſt iſt in den Be-
ſitz unſeres hochwürdigſten Biſchofes übergegangen und wird
dem neuen Diöceſan-Muſeum einverleibt werden. Verlautlich
beabſichtigt der Vorſtand unſeres raſch anwachſenden, jetzt 1200
Mitglieder zählenden Kunſtvereins, dasſelbe lithographiren oder
ſtechen zu laſſen und als Vereinsblatt im nächſten Jahre zu
verausgaben.
2. Aachen. Der Königin Auguſta wird von der Stadt
Aachen eine prachtvolle, von Maler Kleinerz entworfene und
von den Schweſtern der Genoſſenſchaft vom armen Kinde Jeſu
in Seiden- und Goldſtickerei auf rothſammetner Unterlage aus-
geführte Tafeldecke als Feſigeſchenk überreicht werden. Dieſe
Tafeldecke, welche für einen großen runden Tiſch beſtimmt iſt,
mißt ſieben Fuß im Quadrat. Jn der Mitte der Decke prangt
das reich in Gold und Farben geſtickte, von der Königskrone
überragte große Wappen Jhrer Majeſtät der Königin, umgeben
von der großen Kette des ſchwarzen Adler-Ordens und dann
von einem Kranze aus Eichenblättern und Früchten, durch wel-
chen ſich ein Spruchband ſchlingt, das die Deviſe zeigt: ,,Vom
Fels zum Meer.'' Die vier Ecken der Decke ſind mit den ab-
wechſelnd geſtellten Wappenſchildern Preußens und der Stadt
Aachen inmitten reicher, vielfarbiger Laubornamente ausgefüllt.
Die Einfaſſung der Prachtdecke bildet ein fünf Zoll breiter, in
gemuſtertem Goldſtoff gearbeiteter Rand, in welchem die drei
erſten Verſe der alten Hymue auf die Krönungsſtadt Aachen:
,,rbs Aquensis, urbs regalis'' in verzierter altgothiſcher
Schrift eingeſtickt ſind. Der prachtvolle, rothe Sammt der Decke
rührt aus der Fabrik des Herrn Fr. Joſ. Caſſaretto in Cre-
feld her. Die Schweſterſchaft vom armen Kinde Jeſu hat
in dieſer Decke ein Meiſterwerk geliefert, welches man mit Recht
als Nadelmalerei bezeichnen kann, und das unter den Kunſt-
arbeiten dieſer Art zu profanen Zwecken in unſerm Jahrhundert
gewiß unerreicht daſteht, während es nur von Arbeiten der-
ſelben Genoſſenſchaft zu kirchlichem Gebrauche vielleicht über-
troffen werden dürfte.
3. Halberſtadt. Die Reſtauration des Domes zu Hal-
berſtadt iſt auch im verfloſſenen Jahre günſtig vorwärts ge-
ſchritten. Der hohe Chor iſt nun von allem Baugerüſte be-
freit und ſteht in erneuerter Pracht da; auch im Jnnern des
ſchönen Baues nimmt das Wiederherſtellungswerk rüſtigen Fort-
gang. Die Glasmalereien für das große Fenſter des ſüdlichen
Querſchiffgiebels, mit welchen F. Jordan betraut iſt, ſind eben-
falls nahezu fertig.
4. Berlin.Profeſſor Ed. Mandel hieſelbſt hat den
Stich von Rafael's Madonna della Sedia in ſolcher Vollen-
dung ausgeführt, daß alle frühern Kupferſtiche dieſes beliebten
Rafael'ſchen Bildes entſchieden überflügelt ſind. Ja es iſt darin
Alles bertroffen, was die Kupferſtecherkunſt bis jetzt geleiſtet.

Vor Allem ſinden wir hier jenen hellen, lenchtenden ſonſt nur
Freskobildern eigenen Ton wiedergegeben, wodurch ſich dieſes
Bild von allen Oelbildern Rafael's unterſcheidet. Kenner
Rafael's, wie Rumohr und Paſſavant, haben daher mit
Recht vermuthet, daß er dieſes Bild ausgeführt habe, nachdem
er längere Zeit in Fresko gemalt hatte. Dabei iſt es Mandel
doch gelungen, innerhalb dieſes hellen Tons alle Theile, nament-
lich die Fleiſchtheile des Kindes, mit feinem Verſtändniß zu
modelliren und den wunderbaren Liebreiz der Madonna, den
tiefen Ernſt im Kopfe des Jeſuskindes, welches ſich, wie kein
anderes des Meiſters, dem Kinde auf der Madonna des heil.
Sixtus in Dresden annähert, mit der groͤßten Treue wieder-
zugeben. Ein ganz beſonderer Vorzug des Stichs von Mandel
iſt es aber, wie er den bis jetzt viel zu ſehr vernachläſſigten hl.
Johannes zur Geltung gebracht hat. Wahrhaft bewunderungs-
würdig iſt endlich die Beherrſchung der techniſchen Behandlung.
Ueber den außerordentlichen Beifall und Abſatz, welchen
dieſes Bild findet, wird von Berlin geſchrieben, daß die ſ.g.
,,opreuves de remarques', zu 100 Thlrn. das Blatt, bereits
vergriffen und zu dem genannten Preiſe nicht mehr zu haben
ſind. Die folgenden Drucke finden, wie ſie vom Drucker kom-
men, ſofort ihre Käufer. Mögen die H. H. Kunſthändler aus
dieſen Thatſachen erſehen, daß die Zeit, wo das wahrhaft Gute
unter den Leiſtungen der graphiſchen Kunſt, trotz der Photo-
graphie, ſelbſt in Deutſchland ſeine Liebhaber findet, noch keines-
wegs vorüber iſt. Der Druck wird übrigens nicht in Paris
ſondern in Berlin gemacht, und befriedigt die Ausführung des-
ſelben Publikum und Künſtler in gleicher Weiſe.
5. Hamburg. Die nach den Plänen des Engländers G.
G. Scott erbaute St. Nicolai-Kirche iſt außer dem Thurm-
bau, im Aeußeren und Jnneren ganz vollendet. Ein ſchöner
gothiſcher Bau, welcher der Erfindungsgabe des Architekten zur
größten Ehre gereicht. Bis zu den kleinſten Einzelheiten iſt die
Ausführung muſterhaft. Noch fehlt dem Jnnern der Kirche
der Glasſchmuck der Fenſter. Man beabſichtigte, die Glas-
malereien von dem Münchener Jnſtitnte ausführen zu laſſen,
wogegen ſich aber der Architekt auf's entſchiedenſte ausſprach,
weil das dort befolgte Syſtem der ſogenannten Appretur-Ma-
lerei zu modern, nicht zu dem Style paſſe, die Glasmalereien
nicht als integrirende Theile der Architektur behandelt werden,
ſondern als für ſich beſtehende Gemälde, zu anſpruchsvoll der
Architektur gegenüber. Peter von Cornelius, an den man ſich
wandte, brachte einen jungen Künſtler der Düſſeldorfer Schule,
Commaus, wenn wir uicht irren, ein geborener Kölner, zum
Entwurfe der Cartons oder Viſirungen in Vorſchlag, dem man
auch ſofort die Arbeit übertrug. Die Cartons ſind vollendet,
einzelne Heiligen-Geſtalten in einfach gehaltenen Niſchen. Es
erhielten dieſe Cartons den ungetheilten Beifall des großen
deutſchen Meiſters und aller Kenner als gelungenes Werk eines
reich begabten Künſtlers, in dem ſich tiefe religiöſe Jnnigkeit
und Meiſterſchaft der Linien paart. Bis dahin ſcheint es noch
nicht beſtimmt zu ſein, wo die Cartons auf Glas gemalt werden
ſollen. Gott wolle, daß die Ausführung auf Glas den Viſi-
rungen, was Jnnigkeit und Sinnigkeit des Gefühls, Lebendig-
keit der Zeichnung als Farbenhaltung angeht, entſpreche.
IV. Correſponde.
Für den christlichen Kunstverein sind woitere Geldbeiträge einge-
gangen: von Ern. Ptr. Bar in St. Trudport ahresb. 1 . 15Er.; von
Ern. Decan Franz in Sehliengen dito 1 f. 15 Xr.; von Hrn. Pfarrer
Biami m i 2n Stahringen dito 1 15 kr.; von Ern. Goistl. Rath enger
in Bamlach dito 1 . 15 r. — 2us. 5 fl. Mit den in Nro. 40 ange-
zeigten 70 A. 45 kr. ergibt die Summe von 75 f1. 45 kr. der Beitrage
seit Tanuar 1865.

Verantwortliche Redaetion: Stephan Braun. — Druck und Verlag von J. Dilger in Freiburg
 
Annotationen