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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 4.1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.7150#0030
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— 172 —

genialen Baumeiſter Vincenz Statz entworfen und ausgeführt.
und ſieht man auf die einheitliche Durchführung des ſtruetiven
Princips uach allen Feinheiten, wie auf das reiche, aus der
ſtreng durchdachten Conſtructions-Baſis ganz ungezwungen her-
auswachſende Ornament, ſo wird man geſtehen müſſen, daß
dieſer ,,kleine Dom'', wie ein hoher Würdenträger dieſe Kirche
mit rühmender Anerkennung genannt hat, neben der vor länge-
rer Zeit vollendeten und nach umfangreicheren Kirche in Ke-
velaer zu den reifſten und edelſten Schöpfungen gothiſcher Kunſt
in unſerer Zeit gehört, und in vielen Jahrhunderten daſtehen
wird als beredtes Zeugniß für den hochgeſinnten Schenkgeber
einer großen Bauſumme, den ſeligen Rentner Frank, dann aber
auch als Denkmal für das am Kölner Dome, als erhabenem
Vorbilde, entzündete und durch tief eindringendes Verſtändniß
der ſchwierigen gothiſchen Kunſt belebte Beſtreben, über den
Ungeſchmack kirchenbaulicher Verwilderung hinweg, rückwärts
zu den reinen Quellen mittelalterlicher und germaniſcher Bau-
weiſe hinaufzuſteigen, ein Beſtreben, das in Statz einen wür-
digen, vielgewandten und an ſchönen Ergebniſſen reichen Träger
gefunden und nunmehr trotz allen Achſelzuckens eines modernen
kirchenfeindlichen Geiſtes ſich ſtets feſtes Terrain im Bewußt-
ſein einer geläuterten, die Geiſter bezwingenden, ſowohl die
Reſtaurationen, als die Neubildungen beherrſchenden Kunſt-
anſchauungen erworben hat.
5. Ueber die Reſtanration von Baudenkmälern,
welche während der Jahre von 1859 - 64 in Rom und Um-
gegend vorgenommen wurden, liegt ein officieller Bericht des
päpſtlichen Miniſters der öffentlichen Arbeiten vor, dem wir
folgende Angaben entnehmen. Es wurden in dieſer Periode
Reſtaurationsarbeiten vorgenommen an dem ſogenannten Wall
des Servius Tullius, dem Palaſte des Lucullus in Frascati
(?), der Pyramide des Ceſtins, an der Villa des Hadrian zu
Tivoli, den etruskiſchen Gräbern zu Cornete, den Thermen des
Titns und Caracalla, den Gräbern der Scipionen, am Coloſ-
ſeum, Tabularium, der Säule des Trajan, dem Cireus Maxi-
mus, Pantheon, Forum des Auguſtus, den Bögen des Severus
und Conſtantin, dem Portikus der Octavia, den Waſſerleitun-
gen des Nero und des Trajan in Civitavecchia. Von mittel-
alterlichen Denkmälern wurden reſtaurirt die Abtei alle tre
Fontane, das Kloſter S. Lorenzo vor den Mauern, das ſoge-
nannte Haus des Cola di Rienzi, außerdem 14 Kirchen, von
denen neun im Jnnern ausgemalt wurden. Das läßt ja auf
eine außerordentliche Thätigkeit ſchließen!
6. Caſſel. Dr. Wilhelm Lotz hieſelbſt hat uns in neue-
ſter Zeit mit einem höchſt verdienſtlichen Buche, einer Kunſt-
Topographie Deutſchlands, beſchenkt, einem Werke, das
mit eiſernem Fleiße, Verſtändniß und Talent zuſammengetra-
gen, und deſſen Nutzen für den Gebrauch der Gelehrten und
Künſtler nicht hoch genug anzuſchlagen iſt. Der vollſtändige
Titel neben dem oben abgekürzten, lautet: ,,Statiſtik der deut-
ſchen Kunſt des Mittelalters und des 16. Jahrhunderts; mit
ſpecieller Angabe der Literatur. Caſſel bei Fiſcher 1863 2Bde.
Sein Zweck bei dieſer Arbeit war bekanntlich Vereinigung aller
oft weit zerſtreuten Nachrichten über Entſtehung und Fortbil-
dung der Kunſtwerke des Mittelalters zu einem möglichſt voll-
ſtändigen überſichtlichen Ganzen, welches den Kunſtfreunden
beim Studium der vatexländiſchen Kunſt und Geſchichte als
Archiv und Repertorium dienen kann.

3. Berlin. Der ſogenannte Gaeta-Schild, ein Geſchenk
für Franz J., ihm zugedacht von fürſtlichen Perſonen, iſt nun-
mehr in ſeiner ganzen reichen Ausſtattung als ein Meiſter-
werk der Goldſchmiedekunſt vollendet. Profeſſor Fiſcher ſtellte
das Modell her; die Herren Sy und Wagener führten es in
getriebenem Silber aus. Wir verſuchen nachſtehend eine Be-
ſchreibung desſelben. Der Schild iſt ein Rundſchild von mehr
als zwei Fuß Durchmeſſer. Den Rand bildet ein Geflecht
von goldenen Bändern, die ein ſilbernes ſich der Rundung des
Schildes anſchließendes Stabbündel umſchlingen. Goldene Lilien
in gleichmäßiger Entfernung voneinander, halten außerdem
krampenartig das Stabbündel zuſammen. Das Mittelſtück iſt
aus einer Platte in Silber getrieben. Hautreliefartig aus dem
Schilde heraus ſpringt der Felſen von Gaeta; auf ihm in
voller Rundung der Figuren, ſtehen König Franz und Königin
Marie. Die Rechte des Königs iſt zum Schlage erhoben, aber
dem ermatteten Arme verſagt bereits die Kraft. Neben ihm
erhebt ſich die Königin, den baieriſchen Löwen im Kronenreif.
Jhre Rechte ſtreckt ſie einem Schwerverwundeten entgegen, der
vom Abhange her, bittend, vertrauensvoll zu ihr aufblickt; in
der Linken hält ſie das Königsbanner mit Kreuz und Krone
geziert und mit der Jnſchrift Dei Gratia. Gegen den Felſen,
die letzte Zufluchtsſtätte des königlichen Paares, ſtürmt die
Revolution. Unter den Stürmenden zerrt einer am Schild,
ein anderer am Hermelin des Koͤnigs. Beſtechung und Ver-
läumdnng ſind thätig unter dem andringenden Volke, ein dritter
bläst in die Flamme des Aufruhrs; der Vater aller Lüge ſteht
zur Seite und freut ſich ſeines Werkes. Zu Füßen des Fel-
ſens liegen die erſchlagenen Treuen. Auch in den Lüften tobt
der Kampf. Zu Häupten des königlichen Paares ſind die
dämoniſchen Schaaren geſchäftig; gezückten Schwertes, bewehrt
mit dem Schlangenſchilde, umdrohen ſie den Felſen. Wie ein
anfſteigendes finſteres Gewölk wollen ſie den hellen Gottes-
himmel ſchließen. Aber die himmliſchen ſteigen rettend hernie-
der. Können ſie auch das Geſchick nicht wenden, das ſich unten
vollzieht; ſie wollen nicht, daß dem unglücklichen Paare der
Aufblick zu Gott, der Troſt von oben genommen werde. Jn
Wehr und Waffen ſteigen ſie hernieder, Schwerter und Palmen
ſchwingend, Kelch und Kreuze tragend und vor dem Sternen-
ſchilde beugt ſich der Schlangenſchild. Zwei Engel tragen die
gefallene Königskrone nach oben; wie ſie durch die Gnade Got-
tes empfangen wurde, ſo kehrt ſie dorthin zurück. Dies im
Weſentlichen der Jnhalt des Dargeſtellten. Die Krone, die
die Engel emporheben iſt, heraldiſch genau der neapolitaniſchen
Königskrone nachgebildet und mit Diamanten, Rubinen, Sma-
ragden, Sapphiren und Perlen beſetzt. Was den Schild ſelbſt
angeht, ſo iſt er — weil nicht zuſammengeſetzt, ſondern aus
e inem Stücke getrieben — das bedeutendſte und größte Kunſt-
werk der Art, das exiſtirt. Selbſt das mittelalterliche Jtalien
hat nichts Gleiches aufzuweiſen; die entſprechenden Arbeiten
jener großen Kunſtepoche ſind entweder überhaupt kleiner, oder,
wenn großer, jedesmal eine Aneinanderfügung mehrerer Stücke.
Se. Majeſtät der König, der den Schild in Augenſchein zu
nehmen geruhte, hat den Herren Sh und Wagner ſeine Freude
über die glänzende Ausführung ausgeſprochen. Die genannten
Herren haben inzwiſchen unter Zuſtimmung der zeitigen Be-
ſitzer den Schild in ihrem Geſchäftslokal (Kronenſtraße 28) aus-
geſtellt, wo derſelbe in den nächſten Tagen in Augenſchein zu
nehmen iſt.

4. Köln. Vor einigen Wochen wurde die neue St.
Mauritiuskirche durch den Herrn Bisthumsverweſer Dr. Bau-
dri bei einer ſolennen kirchlichen Feier conſecrirt und damit
eine wahre Perle der gothiſchen Kirchenbaukunſt dem öffent-
lichen Gottesdienſte übergeben. Dieſer Prachtbau iſt von unſerm

JV. Correſpondenz.
Für den christlichen Kunstverein sind weitere Geldbeiträge einge
gangen: von rn. Pfv. Droyer in Obersäckingen Eintritts - und ah-
resbeitrag 2fl. 15 r. Mit den in Nro. 42 angezeigten 75 f. 45 kr.
ergibt die Summe von 78 fl. der Beiträge seit anuar 1865.

Verantwortliche Redaetion: Stephan Braun. — Druck und Verlag von J. Dilger in Freiburg.
 
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