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— 178 —

vom Prieſter bis zum ſchlichten Manne herab, nur zu ſehr an
den Anblick erbärmlicher Surrogate und des ärgſten Unge-
ſchmackes gewöhnt. Eine Ausſtellung bei einer ſo bedeutenden
Gelegenheit, wie einer General-Verſammlung der katholiſchen
Vereine, hat alſo nicht bloß ein induſtrielles ſondern ein großes
moraliſches Jntereſſe, und Niemand wird es verargen, wenn
wir die Bedeutung ſolcher Ausſtellungen eher höher zu erheben,
als dieſelbe herabzudrücken bemüht ſind. Endlich glauben wir,
daß in ſolchen Ausſtellungen die praktiſche Löſung der Anfor-
derung an die General-Verſammlung liegt, daß auch für He-
bung der chriſtlichen Kunſt Etwas geſchehe. Die Erfahrung
längerer Jahre lehrt nämlich, daß in keinem Ausſchuſſe weniger
fördernde Discuſſionen geführt und Beſchlüſſe gefaßt werden,
als in dem Ausſchuſſe für Kunſt. Wenn es auch im höchſten
Grade wünſchenswerth wäre, daß ein tüchtiges, begeiſterndes
Wort für die Sache der hl. Kunſt geredet würde, ſo iſt doch
noch eine Gelegenheit vorhanden, wo ſich für Hebung der Kunſt
und des Kunſtſinnes Erkleckliches thuen läßt, auch wenn es an
Reden über dieſen Gegenſtand gänzlich mangeln ſollte. Das
ſind nämlich die Kunſtausſtellungen. Dort laſſen ſich die rich-
tigen Principien erproben Streitfragen praktiſch entſcheiden
und Theorien verwirklichen.,
Wäre es nicht eine eben ſo praktiſche, als lohnende Auf-
gabe, wenn die verſchiedenen kirchlichen Kunſtvereine ihr Augen-
merk darauf richteten, aus ihren betreffenden Kreiſen jedes
Jahr die Kunſtansſtellungen mit den Erzengniſſen ihrer Mei-
ſter und Künſtler zn beſchicken? Würden ſich die Jnduſtriellen
nicht viel leichter zum Beitritte zu ſolchen Vereinen bewegen
laſſen, wenn ſolch' praktiſche Ziele in's Auge gefaßt würden,
namentlich wenn etwa aus den Mitteln ſolcher Vereine, Mo-
delle, Zeichnung rc. beſchafft und die Transportkoſten entweder
ganz oder theilweiſe auf die Vereinskaſſe genommen würden.
Wir dächten, es ließe ſich von dieſer Art der Bethätigung un-
ſerer chriſtlichen Kunſtvereine um ſo eher reden, als die bisher
eingeſchlagene Richtung weder Leben gebracht, noch den Verei-
nen das Leben erhalten hat.
Gehen wir nun zu einer kurzen Beſprechung der in Trier
vertretenen Kunſtzweige über.(Schluß folgt.)

Kunſtdarſtellung gemacht. So lange ich in Rom bin
habe ich mich damit beſchäftigt, ſelbſt jeden Geſang in Zeich-
nung dargeſtellt, beſonders die Hölle, und wie ich glaube, furcht-
bar genug.
Schorn, welcher die meiſten der uns jetzt in der
Sammlung der Wiener Kunſtakademie vorliegenden Zeichnun-
gen bereits in Rom geſehen, ſpricht ſich darüber mit der größ-
ten Bewunderung aus. *) ,,Was ſie bezwecken, ſagt er, er-
reichen ſie in einem ſeltenem Grade der Vollkommenheit. Koch
begreift den Staatsmann und Politiker im Dichter, und ſeine
Leiſtung wird zum rein hiſtoriſchen Bilde; der tiefe philoſophiſche
Ernſt, welcher die Künſtler der früheren Epoche, wie Sandro
Botticelli's Stiche und Clovio's Miniaturmalereien bei
ihren Darſtellungen zu Dante's göttlicher Komödie charakte-
riſirt, fehlt ihm keineswegs; aber die Aeußerung desſelben iſt
eine von jenen verſchiedene, eine an ſich viel plaſtiſchere, und
dabei den wirklichen Lebenswahrheiten entnommen. Welche Vor-
gänger Koch faſt ein Leben hindurch zum Studium gehabt,
mit welchem Ernſt er ſich an ihnen herangebildet, ſieht man
aus der unzähligen Menge nackter Körper in den gewagteſten
Stellungen, deren Zeichuung und Behandlung der beſcen Zeit
des XV. und XVJ. Jahrhunderts anzugehören ſcheinen. Es
geht ein kräftiger Sinn durch dieſe Arbeiten, welche weder die
Aufforderung der Naturwahrheit, noch die einer kunſtgerechten
edlen Kompoſition vergeſſen, mit Geſchmack das Widrige mil-
dern und die Epiſoden dem Hauptgegenſtande in klarſtem Ver-
ſtehen unterordnen und harmoniſch untereinander verſchmelzen.''
Wir glauben das Dante-Jubiläum nicht würdiger mit-
feiern zu können, als indem wir unſere Leſer auf dieſe merk-
würdigen Zeichnungen hinweiſen und beſonders ſchöne Blätter
näher beleuchten. Jm Ganzen ſind, wie neulich bereits bemerkt,
56, theils größere, theils kleinere Federzeichnungen zur Hölle und
zum Fegfeuer aus Koch's Nachlaß in das Eigenthum der Aka-
demie übergegangen. Von dieſen haben vier: ,,Die Darſtellung
der Hölle im Allgemeinen'', ,,Dante's Traum und Errettung
durch Virgil,'' ,der Eingang in das Purgatorium'', und ,,die
Beſtrafung der ſieben Todſünden im Fegefeuer'' den von dem
Künſtler in der Villa Maſſimi in Rom ausgeführten Freskoge-
mälden zu Grunde gelegen*), der ,,Eingang in das Fegefeuer''
erſchien auch als Kupferſtich in guter Nachbildung; ,,Dantes
Traumi und drei andere Darſtellungen: Die Ueberfuhr der
Verdammten durch Charonv, der Streit um die Seele des
Guido da Montefeltre und die Strafe der Tyrannen'' wur-
den von Koch ſelbſt radirt und herausgegeben, könuen aber
den Vergleich mit den Originalen nicht aushalten. Alle übri-
gen 49 Zeichnungen ſind dem größeren Publikum ganz unbe-
kant und harren einer Nachbildung und Veröffentlichung noch
entgegen.
5i Blätter ſind den Darſtellungen aus der Hölle gewid-
met und gerade in dieſen, die ſeinem Naturell ſo gan zuſag-
ten, zeigt Koch ſeine volle Meiſterſchaft. Er iſt ſelbſt Dichter,
Meiſter jeder Form und ſo ganz Herr über den Stoff, daß es
ihm gleichgiltig erſcheint, ob er denſelben aus der Wirklichkeit
nimmt, oder ihn in ſeiner Phantaſie bilden muß. Ueberall be-
herrſcht ein großartiger, tiefbezeichnender Gedanke das Ganze.
Dabei verräth ſich die genaueſte Kenntniß des Gedichtes, das
uns vollſtändig vor die Augen gerückt wird. Beinahe jedes
Blatt knüpft durch irgend eine Darſtellung an den Jnhalt des

JJ. . Koch's Beichnungen zu Dante's göttlicher
Koͤmödie

Von Leopold v. Straznicki
Wir ſtehen hier vor einer Reihe höchſt bedeutender künſtleri-
ſcher Erzengniſſe. Es äußert ſich in denſelben nicht etwa ein
Künſtler, der auf eine ihm gewordene Aufforderung oder von
gewiſſen Schönheiten einer Dichtung erfaßt, einige Momente der-
ſelben zu illuſtriren unternimmt, ſondern eine hohe, künſtleriſche
Kraft, die ſich mit aller Liebe und Junigkeit in die Gebilde
eines großen Genius vertieft, das Verſtändniß derſelben ſich
zur Lebensaufgabe, ja zur wahren Lebensfreude macht, und
demgemäß die Geſtalten der dichteriſchen Phantaſie mit Staunen
erregendem Leben, mit der größten Treue und mit dem freu-
digſten Behagen vor uns hinzaubert. Hören wir, mit welcher
Luſt Koch an das Schaffen dieſer Werke ging: ,,Hauptſächlich
bearbeite ich die göttliche Komödie von Dante'' — ſchreibt er
am 3. Mai 1805 von Rom an einen Freund in Deutſch-
land*) — ,,dies koloſſale Gedicht iſt meine Erholung in trü-
ben Stunden, es gibt keine Sache, mit der ich mehr ſympathi-
ſirte als mit dieſem ſublimen Dichter, deſſen Sprache die des
Donners iſt''; zwanzig Jahre ſpäter an denſelben aus Rom
d. 12. November 1825**): Das ganze Gedicht der göttlichen
Komödie iſt chriſtliche Allegorie, zugleich für die grandioſeſte

) ,,Kunſtblatt'', Jahrgang 1846 Nro . Siehe auch Faber's ,,Kon-
verſation Lexikon zur bildenden Kunſt'', Artikel: Dante und Förſter,
,,Geſchichte der deutſchen Kunſt.
i) Siehe A. Hagen, ,,Geſchichte der Kunſt in unſere Tagen'' S.
168 und Marggraff in den Münchener ,,Jahrbüchern fur bildende
Kunſt'' 1840 3. Heft pag, 279. Eben daſelbſt pag. 283 - 9 eine Nach-
bildung des Eingangs in das Purgatorium von Ungern mit einer aus-
führlichen Erklärung der hier zur Darſtellung gekommenen Seenen.

) Neuer Nekrolog der Deutſchen 1839, S. 120 — 45.
**) An demſelben Orte.
 
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