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10 —

ihm begießt der Engel das Ackerland; die Hütte des Land-
mannes und das herrſchaftliche Schloß auf dem Berge, die
pickenden Hühner des Hofes und die weidenden Roſſe und
Rinder beleben das Bild der Gegend. Profeſſor Müller
in Prag hat ausführliche Betrachtungen und Erklärungen
zu dieſen Blättern, die ſchon 1856 im Manz'ſchen Verlag
zu Regensburg in fein ausgeführten Stahlſtichen erſchienen
ſind, geſchrieben.
Der geiſtige Geſichtskreis unſeres jungen Künſtlers er-
weiterte ſich neben dem regelmäßigen Kunſtſtudium nament-
lich auch durch die Lectüre der berühmteſten Romantiker,
eines Novalis, Schlegel, Tiek, Wackenroder u. a., und ſo
war es denn beſonders Tiek's ,,Genovefa'', die ihn anzog
und zu Jlluſtrationen veranlaßte. Eichendorf nennt dieſe
Dichtung das ,,unſtreitig vollendetſte Werk'' Tiek's, in dem
bis in den kleinſten Beiſchmuck hinab eine durchaus kathol.
Weltanſchauung walte. Jn 15 cyeliſchen Compoſitionen,
die genau ſich an die damaligen Anforderungen der litera-
riſchen Romantik anſchloſſen, führte er die Federzeichnungen
zu dieſer Dichtung aus (Prag 1825). Jn der erſten Ra-
dirung weist der Geiſt des hl. Bonifacius in der Kapelle,
wo vor ſeinem Zuge gegen die Saracenen Siegfried das
hl. Abendmahl nimmt, auf dieſe hl. Handlung hin:
,,Da geht der edle Mann zum Streit gewappnet,
Doch will er vorher beichten, Sacramente
Empfahen aus des Prieſters heil'ger Hand.
So ſeid nun aufmerkſam und laßt euch gern
Jn alte deutſche Zeit zurücke führen.''
Auf der andern Seite betrachten Benno, Wendelin und
Grimoald die Tafel des hl. Sebaſtian an der Wand. Die
Geſtalt des Apoſtels der Deutſchen iſt großartig, feierlich
und würdevoll, die Architektur ſtreng mittelalterlich ge-
zeichnet. Jn eine ſchöne Landſchaft iſt die Scene geſetzt,
wie Golo von dem Hirten Heinrich das verhängnißvolle
Lied ſingen hört:

finden wir in den nächſtfolgenden Reihen von Jahren nur
noch zwei einzelne Blätter für den Stich von ihm gezeichnet,
während dagegen eine ſtattliche Anzahl von bedeutenden
Werken der Oelmalerei in dieſe Zeiten fallen. Das größere
jener beiden Blätter, 62 om hoch und 80 em breit, ſtellt
die erſte Firmung zu Samaria von den Apoſteln Petrus
und Johannes dar. Die Originalhandzeichnung kam in den
Beſitz Sr. Eminenz des Cardinals Nuntius Viale Prela,
iſt geſtochen von dem Wiener Joh. Zitek und erſchien, wie
auch das folgende Blatt, im Verlage von G. J. Manz in
Regensburg. Es iſt eine großartig gedachte Compoſition,
der man wohl anſieht, daß der Meiſter bereits die Cinque-
centiſten Jtaliens kennen gelernt und ſtudirt hat. Der hl.
Petrus, die Augen zum Himmel erhoben, legt der Männer-
welt die Hände auf, Greiſe und Jünglinge, Vorn ehme und
Niedere drängen ſich heran, der heil. Johannes firmt die
Frauen und Jungfrauen. Das zweite Blatt hat zum Gegen-
ſtande die klugen und thörichten Jungfrauen des Evange-
liums und erſchien in einem prächtigen Stiche von Joſeph
Leudner im Jahre 1849. Der Heiland, eine überaus er-
habene, ſchöne Geſtalt, empfängt die klugen Jungfrauen,
die mit ihren brennenden Lampen vor ihm knieen; ihm zur
Seite ſtehen die hl. Jungfrau Maria, als gekrönte Braut
ſymboliſch die Kirche darſtellend, ferner als Verwandte des
Bräutigams David, der Stammvater der menſchlichen Natur
nach, der hl. Joſeph als Nährvater und Johannes Baptiſta,
ſein Vorläufer und letzter Prophet. Jm Hintergrunde ſieht
man die thörichten Jungfrauen an die geſchloſſene Pforte
pochen, während der hl. Petrus als Pförtner des hochzeit-
lichen Hauſes über die Galerie wandelt und ſie abweist.
Das Bild verräth eine ungemein zarte, ſinnige Auffaſſung
und iſt techniſch ausgezeichnet vollendet. Welch' eine herr-
liche Zierde, wenn von einem Künſtler al Fresko gemalt
müßte es für ein Gotteshaus werden; getreu nach Geiſt
und Seele des Originals wiedergegeben, würde es das
,,invenit' vollſtändig verſchmerzen laſſen.
Etliche Jahre vor dem Rücktritte Führichs von der Aca-
demie als öffentlicher Lehrer begegnen wir wieder ſeinen
Stiftzeichnungen. War im ganzen Schaffen ſeine Haupt-
domäne das Liebliche, Beſeligende und Troſtreiche, ſo
bewegte er ſich auf dieſem Gebiete im letzten Jahrzehnt
ausſchließlich und eine Reihe der herrlichſten cycliſchen
Compoſitionen entſtand, die in xylographiſcher Publication
die weiteſte Verbreitung gefunden hat und noch findet.
Wir beginnen mit derienigen, welche ſo recht das Cha-
rakteriſtiſche ſeiner Kunſtweiſe ausmacht, mit dem ,,Bethlehe-
mitiſchen Weg'', zwölf Zeichnungen mit einem Titelblatt, in
Holzſchnitt ausgeführt in dem Atelier von Aug. Gaber in
Dresden und wie die folgenden Zeichnungen im Verlag von
Alphons Dürr in Leipzig erſchienen. Gleich das Titelblatt
zeigt, was der Meiſter uns liefern will, ein Bilderbuch in
höherem Sinn zur Betrachtung; die Kunſt zur Linken ladet
uns ein, ihr in Betrachtung der göttlichen Geheimniſſe in
der Kindheit Jeſu zu folgen. Dieſem Rufe nachkommend,
erhebt ſich zur Rechten die ,anima meditans ' oder die
Perſonification der betrachtenden Seele und greift zum
Pilgerſtabe, um dieſe heil. Wanderung anzutreten. Wir
finden dieſe Figur in der Folge auf jedem Bilde wieder
und ſie iſt gewiſſermaßen das Symbol alles deſſen, was wir
fühlen bei dem Anblick eines ſo rührenden und erhabenen
Schauſpiels, wie es uns die Kindheit Jeſu darbietet.
Die erſte Compoſition, eine der herrlichſten des ganzen
Cyclus, enthält den engliſchen Gruß in ſo heiliger, frommer
Auffaſſung, wie man ſie ſelbſt bei den beſten alten Meiſtern
ſelten findet. Die demüthige Magd des Herrn ſteht in der

Dicht von Felſen eingeſchloſſen
Wo die ſtillen Bächlein geh'n,
Wo die dunklen Weiden ſproſſen,
Wünſch' ich hald mein Grab u ſeh'n.
Dort im kühlen, abgeleg' nen Thal
Such' ich Ruh' für meines Herzens Qual. —''
Das ungekünſtelte, naturwüchſige Weſen der Hirten, die
finſtere, nachſinnende Geſtalt des Golo contraſtiren trefflich.
Es würde uns zu weit führen, auf alle einzelnen Bilder
einzugehen, und wir bemerken nur, daß Führich überall
uns gleiches Jntereſſe einflößt, mag ſeine zeichnende Feder
uns die herrlichen mittelalterlichen Architekturen in Kirchen
und Schlöſſern, die gleichzeitigen Sculpturen in den Ma-
donnenbildern, die wildromantiſchen Landſchaftsbilder oder
aber die handelnden Perſonen der Dichtung vorführen, ſein
Stift iſt gleich intereſſant, mag er dramatiſch bewegte Scenen
oder ruhige, mehr das Gemüth anſprechende Handlungen
geben. Recht anſprechend iſt auch das Schlußblatt, der Tod
Genovefa's. Der Biſchof ſteht an ihrem Sterbebett und
Schmerzenreich betet:
O laß Sie ziehn, denn das iſt Jhr Verlangen
Nach Himmelslichte ſteht Jhr frommer Sinn,
Die Erde nährte ſie mit Pein und Bangen;
Nun geht ſie in die ew' ge Freiheit hin. ..
Sie iſt die Müdeſte, Sie geht voraus,
Wir kommen nach in unſers Vaters Haus.''
Die vorſtehend beſprochenen Zeichnungen entſtammen,
wie geſagt, der roma ntiſchen Periode des Meiſters, wo es
ihm als Aufgabe der Kunſt erſchien, das ,,ſtarke und fromme
deutſche Mittelalter'' zu verherrlichen und dadurch in der
Mitwelt die Sehnſucht nach jener alten, verblaßten Herr-
lichkeit zu erwecken. Nachdem der Künſtler jetzt aber in
Rom geweſen und eine Wandlung mit ihm vorgegangen,
 
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