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I. I. Moser, im Jahre 1701 zu Stuttgart geboren, stammt aus einem
alten württembergischen Geschlecht, welches im Jahr 1573 vom Kaiser in den
Adelstand erhoben worden ist, auf den aber I. I. Moser freiwillig verzichtet
hat, „seit er die Ehren und Güter dieser Welt mit einem andern Auge anzu-
sehen angefangen." Der Reformator Württembergs, Joh. Brenz, gehörte zu
seinen Ahnen. Frühreif bezog er die Universität Tübingen. Teils aus Ehr-
begierde, teils um seiner verwitweten mit sieben Kindern beladenen Mutter nicht
beschwerlich zu fallen, trat er, erst 19 Jahre alt, als Professor der Rechte in
Tübingen auf. Um das hier versagte Brot auswärts zu erwerben, ließ er sich
den württembergischen Negierungsrats-Titel erteilen. In Wien hätte der ge-
wandte und anstellige junge Mann sein Glück machen können, wenn er seine
väterliche Religion hätte verleugnen wollen. „Blutarm war ich," so schreibt
er, „und ich hatte damals noch keinen Funken wahrer Religion; aber erstens
war ich zu ehrlich, als daß ich mich hätte äußerlich stellen mögen, ich halte die
katholische Religion für besser als die evangelische; zweitens dachte ich, sei die
christliche Religion wahr, so könne die katholische nicht die wahre christliche
Religion sein, deren Kirchenversassung und Lehrsätze ich schlechterdings nicht,
weder mit der niedrigen Gestalt des Reiches Jesu auf Erden, noch mit den
Lehrsätzen des Neuen Testaments, noch mit dem Borbilde Christi und seiner
Apostel reimen konnte. Ich lachte also herzhaft und sagte zu dem seine gute
Heirat und 100000 Gulden anbietenden) Prälaten, der Handel käme mir ver-
dächtig vor. Denn er biete mir gleichbald freiwillig aus meinen Luther so viel
auf. Da er mir gegen Vertauschung meiner Religion mit der seinigen so viel
zulege, müsse seine Ware schlechter sein als die meinige." Nach Stuttgart zurück-
gekehrt, machte der 21jährige Hochzeit mit seiner Verlobten, welche Leid und
Freud mit ihm lebenslang aufs treueste geteilt hat. Da er in Stuttgart keine
Anstellung fand, versuchte er es nochmals in Wien und fand dort hohe Gönner
und selbst Eingang beim kaiserlichen Hofe. Das empfand der Stuttgarter Hof
als eine Gefahr und der 25jährige Moser wurde als wirklicher Regierungsrat
zurückberufen. Als die Regierung nach dem neuerbauten Ludwigsburg verlegt
wurde, weigerte sich der kränkliche Moser, in die noch unwohnliche und ungesunde
Stadt zu ziehen und ließ sich als Professor nach Tübingen senden. Da las
er mit großem Beifall über deutsches Staatsrecht, genoß aber auch kollegialen
Neid und Censurplackerei in Fülle. Der neue Herzog Alexander rief ihn 1734
in die Regierung zurück. Als einmal befohlen wurde, daß alle Regierungs-
beamten mit Frauen und Töchtern auf der Karneval-Redoute erscheinen sollen
bei Verlust einer Vierteljahrsbesoldung, erschien allein der indessen zu religiösem
Ernst erweckte Regierungsrat Moser nicht, so bedürftig er war, und der Fürst
wagte den Mann nicht zu strafen, von dem er sagen mußte, daß er ernstlich sich
ein Gewissen daraus gemacht habe. Indessen hatte Moser durch seine Schriften,
deren nicht geringster Ruhm ist, daß er in jener verzopften und verwälschten
Zeit sie in seiner „lieben Muttersprache ohne unnötige Fremdwörter" schrieb,
einen europäischen Ruf gewonnen, infolge dessen er 1737 als K. preußischer
Geheimerrat, Professor der Rechte und Universitätsdirektor nach Frankfurt a.O.
 
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