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z. B. in jener lyrischen Kirche, die Eusebius erwähnt, und in der Geburts-
kirche zu Bethlehem, aus dem vierten Jahrhundert. In der Blütezeit der gotischen
Kunst, wo die Scheu vor dem Heiligen keinen Kirchenraub befürchten ließ, hat man
es allerdings meistens vorgezogen, die Thürflügel aus Holz zu bilden, sie mit
Pergament oder Leder zu überziehen, und mit zierlichen Eisenbändern zu beschlagen.
Den figürlichen Schmuck, den man bisher auf den Thürflügeln anzubringcn Pflegte,
versetzte man auf die Umrahmungen der Thüre.
Viele sogenannte Metallthüren sind aber nur hergestellt, indem man Metall-
Platten auf Holz nagelte. So waren die Thüren am salomonischen Tempel aus
Ölbaumholz geschnitzt und mit Goldblechen überzogen.*) (S. die Anmerkungen am
Schluß.) Die von Eusebius?) beschriebene Thüre der Kirche zu Tyrus war mit ehernen
Reliefs geziert, welche mit eisernen Nägeln auf der Holzthüre befestigt waren.
In Europa giebt es aus der christlichen Zeit etwa 60, teils massive,
teils erzbeschlagene Thüren. Davon kommen auf Italien allein 36, auf Deutsch-
land 6, auf Rußland 6, auf Frankreich 1, auf Spanien 5. In Deutschland
ist: 1) die Hildesheimer gefertigt 1015, 2) die in der Kirche uä §rnäns
llsutns vir^inis Llurins zu Mainz, aus dem Anfang des 11. Jahrhunderts,
3) die zu Augsburg in der Domkirche unserer lieben Frau, aus der Mitte
des 11. Jahrhunderts, 4) die zu Petershausen, gestiftet Ende des 10. Jahr-
hunderts vom Bischof Gebhard II. zu Constanz, 5) die zu Aachen in dem
von Karl dem Großen erbauten Dome, 6) die im Münster zu Straßburg aus
dem 14. Jahrhundert. Unter den russischen Thüren erwähne ich die korssunische
zu Nowgorod aus dem 13. Jahrhundert, unter den 36 italienischen die alte
Pforte (portu untioa) des Domes zu Pisa nud die zwei Thüren von Ghiberti
an der Taufkapelle zu Florenz 1378—1424.
Betrachten wir nun die technisch-künstlerische Behandlung des Erzgusses vor
und zur Zeit Bernwards, um sein Werk in dieser Hinsicht richtig schätzen zu lernen.
Bei keinem Stoffe ist die Scheidung in Kunst und Kunsthandwerk so schwer
durchführbar, als bei dem Erz. Es dient der monumentalen Kunst und dem
Hausgerät; bei großen und kleinen Figuren, in allen Fällen ist die künst-
lerische Behandlung des Materials eine und dieselbe. Erz ist bekanntlich eine
Zusammensetzung aus Kupfer und Zinn, deren Maßverhältnisse nicht immer die
gleichen sind. Die Verschiedenheit der Mischung macht aber keinen Unterschied
im künstlerischen Stil; dieser beruht auf dem Gusse, auf der weitern Behandlung
der Oberfläche, und drittens auf der Farbe, oder auf Guß-Ziselierung und Patina.
Das ist bereits bei den Ägyptern so gewesen, drei Jahrtausende vor Christi
Geburt. Seitdem die Griechen sich den Erzguß aneigueten, wurde es erst ein
Material der höchsten monumentalen Kunst wie des kleinsten Hausgerätes der
griechisch-römischen Kunstepoche. Wie die Künste überhaupt, so erlitt auch die
Kunst des Erzgusses zur Zeit der Völkerwanderung eine herbe Unterbrechung.
Byzanz war die einzige Zufluchtstätte der Künste. So war eS denn auch
Byzanz, welches uns den Erzguß bewahrte. Es ist aber allgemein bekannt,
daß die Werke, die aus jener Zeit stammen und aus den Händen der morgen-
ländischen Künstler hervorgiugen, nicht mehr jenes künstlerische Gepräge tragen und
 
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