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einzelner Teile der Michaelskirche. Die Gemeinden S o mm erhausen, Sch Web-
heim, Maßbach, Poppenlauer, Remlingen und Lipprichhausen
wurden auf ihr Ansuchen durch die zu ihnen auf Kosten des Vereins abgeordncten
Sachverständigen entsprechend beraten und erhielten entweder Gutachten über
vorhandene Pläne oder neue Entwürfe, die zum Teil schon zur Ausführung gelangt
sind. In jüngster Zeit wurde eine Reihe von unterfränkischen Gemeinden auf
ihren Wunsch im Auftrag des Vereins von Baumeister Kiefer bereist. Für einige
oberfränkische Gemeinden ist ebenfalls die Abordnung eines Vereinstechnikers in
Aussicht genommen. Für die Anschaffung von h. Gefässen, Kruzifixen rc., für
die Herstellung von Gegenständen der inneren Einrichtung der Kirchen, also von
Altären und Altargemälden, Kanzeln, Kirchenstühlen u. s. w. wurden die Dienste
des Vereins vielfach in Anspruch genommen. Eine vorzügliche Arbeit lieferte
Prof. Ludwig Thiersch in München für die Kirche zu Mönchsroth in seinem
Altarbilde, welches die Einsetzung des hl. Abendmahls darstellt. Um den Anfragen
in diesen Beziehungen möglichst gründlich und zweckdienlich entsprechen zu können,
beabsichtigt der Verein die Herausgabe einer Sammlung von Mustern
und Vorbildern in sämtlichen kirchlich berechtigten Stilgattungen, wozu bereits
sehr schätzbare Vorbereitungen getroffen wurden. Da auch die Kunst in ihrer
unmittelbaren Beziehung und Einwirkung auf das christliche Volksleben im Bereich
der Vereinsthätigkeit gelegen ist, so wurde die Herausgabe eines Gedenk-
blattes für Konfirmanden ins Auge gefaßt, und Professor Wanderer
hat sich bereit finden lassen, hierzu die Zeichnung zu liefern. Schließlich sei noch
an die Schrift Professor Steindorfss über die Werke kirchlicher Kunst auf der
Internationalen Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen
in Nürnberg erinnert, in welcher mit eben so großem Sachverständnis als feinem
Kunsturteil über den einschlägigen Teil dieser Ausstellung geurteilt ist.

Chronik.
Am 17. Januar starb einen Tag nach vollendetem 80. Lebensjahre der frühere Direktor
der Kön. Kunstschule, Bernhard v. Neher, gebürtig wie der Dichter Wieland ans der ehemaligen
Reichsstadt Biberach in Oberschwaben. Am 20. Jan. wurde er von einer großen Zahl der
Stuttgarter Maler, von den Lehrern, Schülern und Schülerinnen der Kunstschule und von einer
Reihe hoher Persönlichkeiten zur letzten Ruhe auf den Pragfriedhof begleitet. Den Trauerzug
eröffnete eine von der Kunstschule eigens zu dieser Feier hergestellts Trauerfahne von schwarzem
Samt mit umflortem Künstlerwappen. Neben dem Leichenwagen wurden zehn Lorbeerkränzc
auf schwarzen Standartcnstangen getragen, an den vier Ecken des Leichenwagens waren
vier hohe schwarze Schilde mit den in Silberschrift ausgeführten Städlenamen Stuttgart,
München, Weimar, Rom. Nachdem der Diener der Kirche den großen Künstler, der sich am
Jsarthor in München, in den Sälen des Schlosses zu Weimar und in Len Glasgemälden der
Stuttgarter Stiftskirche unvergänglichen Ruhm erworben hat, als einem treuen Sohn seiner
katholischen Kirche die verdiente Ehre gegeben hatte, sprach Professor Donndorf folgende Worte:
„Es ist ein feierlicher Moment der deutschen Kunstgeschichte, da wir den letzten jener
großen Genossen zur Erde bestatten, welche wir als die Erneuerer der deutschen Kunst, als die
Vertreter ihrer klassisch-idealen Richtung bezeichnen. Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit und
Führich, sie sind schon früher dahingegangen; die letzten Bausteine zu ihrem gemciuschaftlichen
edlen Bau lieferte Bernhard Neher. — Der Bau steht fast verlassen, klein und kaum noch
geduldet ist seine Gemeinde; deshalb keine Modebcrühmtheit, weitab vom modernen Markt der
Kunst, schuf der Entschlafene im Dienste des Allerheiligsten nur für sein künstlerisches Gewissen.
Und dieses Gewissen gehörte einem Künstler an, den die Mnße geküßt! Zart organisiert und
klassisch dnrchgebildet, offen für alles Wahre, Gute und Schöne, war ihm der Glaube nicht
totes Dogma, sondern lebendiger Qnell. Befinden wir uns auch jetzt in einem anderen
 
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