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stabt lind dem Grafen von Württemberg, und weiterhin zwischen den Fürsten
und Reichsstädten begann, dessen Folge allgemeine Verwüstung und Zerstörung von
mehr als 100 Dörfern war. Eßlingen hatte einen Schaden von mehr als
drei Millionen Mark zu verschmerzen und in der Bauhütte wurde es stiller.
Meister Hans Böblinger bekam da Muße, mit eigener Hand die acht prachtvollen
Kapitale unter dem Gewölbe des Achtecks zu bearbeiten, wozu er mehr als ein
Jahr brauchte. Wahrscheinlich ist der Baubetrieb erst 1454 wieder ernstlich
ausgenommen worden, und durchschnittlich arbeiteten jährlich nur vier Steinmetzen,
welche bis 1495 den Bau bis zum Boden der Helmsußgalerie förderten. Nach
Wieder einem fünfjährigen Stillstände wurde 1465 bis 1470 am durchbrochenen
Helm von durchschnittlich vier bis fünf Steinmetzen gearbeitet. Run erst wurde
„1471" der südwestliche Treppeubaldachiu aufgesetzt. Die Wendeltreppe mit ihren
84 Stufen im Innern des Helmes ist nach der Inschrift aus ihrem Fuße 1474
begonnen worden. Der ganze Turm war 1475 oder 76, jedenfalls 1478 voll-
endet unter Hans Böblinger, welcher 1482 starb.
Nach Vollendung des Turms wurden allmählich die noch fehlenden Zierteile
nachgeholt unter der Leitung des „Marx Böblinger," des zweiten Sohnes
und des Nachfolgers von Hans. An einer Fiale auf dem westlichen Seitenschiff-
giebel ist sein Meisterzeichen eingegraben mit der Zahl 1484. Auch an der
Seitenschisfgalerie und am Ostgiebet steht sein Zeichen. Als er 1492 gestorben
war, hatte sein Schwager Stefan Waid bis 1494 die letzte Hand an den
Ostgiebet zu legen. 1495 wurde Matthäus Böblinger, der frühere Münster-
baumeister in Ulm und der dritte Sohn des Hans Böblinger, Baumeister an
der Frauenkirche. Er hat die äußern Chormauern um etwas erhöht, die Chor-
galerie gebaut und die Chorstrebepfeilerschlüsse mit dem Figurenschmuck an-
gebracht. Nachdem er 1505 gestorben war, wurde noch die nördliche Schiff-
galerie durch Hansens fünften Sohn Dionysius Böblinger (oder durch
„Marx von Stuttgart?") hergestellt. Übrigens ist alles, was nach Hans Böb-
linger, auch von seinem Sohn Mathäus gemacht worden ist, nur von geringer
Bedeutung.

Chronik.
Köln. Am 23. April ist ein Jahrhundert verflossen, seit Melchior Boisserve zu Köln
a. Nh. geboren wurde. Mit seinem Bruder Sulpiz (geb. 1783 daselbst, gest. zu Bouu 1854)
hat er sich große Verdienste um die altdeutsche christliche Kunst erworben durch die Sammlung
und Erhaltung kostbarer Schätze altdeutscher und altniederläudischer Origiual-Oelgemälde. Diese
waren zuerst 1810 zu Heidelberg aufgestellt worden; 1818 sind sie wegen Mangels eines pas-
senden Raumes nach Stuttgart, und 1827, nachdem sich Berkaussunterhandluugcn mit dem würt-
tembergischeu Staate zerschlagen hatten, nach München übergeführt worden. König Ludwig I
kaufte das Ganze zu dem Preise von 120000 Thalern an, nud übergab sic der alten Pina-
kothek, deren größte Zierde von unschätzbarem Werte sie jetzt bilden. Melchior hat im Verein
nut Joh. Nep. Strixner die Gemäldesammlung in 120 Blättern in Steindruck heransgegeben.
Er starb in Bonn den 14. Mai 1851. Die am 28. Juli 1876 im höchsten Lebensalter zu Bonn
gestorbene Witwe Sulpizens, Mathilde, eine Tochter des Kunstfreundes Kaufmann Rapp in
Stuttgart, Nichte des Bildhauers Joh. Heinr. Dannecker daselbst, hat den Brüdern das schönste
Denkmal gestiftet durch die 1862 von ihr veröffentlichte Lebensbeschreibung ihres Gatten.
Inhalt: Der Verein für christliche Kunst in der evang. Kirche Württembergs. — Das Dreieck
als „Sinnbild Gottes". — Triumphbogen und Triumphkreuz. Schluß. — Das Hänge-
kreuz im Ulmer Münster. Mit Abbildung. — Baugeschichte der Frauenkirche in Eßlingen.
— Chronik.

Verantwortliche Redaktion: Prälat Mrr; in Stuttgart.
Druck und Verlag von I. F. Kteinkops in Stuttgart.
 
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