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heit wurden die Brüstungen der Porkirche teilweise mit biblischen Gemälden ge-
schmückt. Der Protestantismus meinte ja damals noch nicht, wie heute, der
Malerei als Gehilfin des Predigtamtes entbehren zn können. Im Jahr l68O
wurde noch eine oberste Porkirche, der sogenannte neue oder hohe Bau hergestellt
und die 1609 errichtete Orgel, zu welcher damals ein Stadtsoldat in seinem
Testament dreihundert Gulden vermacht hatte und „gottliebende Herzen" das Übrige
„zur Beförderung der Ehre Gottes" verehrten, wiederhergestellt.
Das zweihundertjährige Jubelfest der Reformation richtete die Gedanken
auch auf eine Reformation der indes wieder sehr baufällig gewordenen Kirche.
Sämtliche evangelische Einwohner und Eingepfarrte steuerten reichlich zu der
durchgreifenden Umgestaltung, welche in den Jahren 1723 und 1724 ausgeführt
wurde. Dem Zeitgeschmäcke entsprechend mußten an die Stelle der gotischen
Spitzbogen Renaissance-Rundbogen treten. An den Decken, Wänden und Säulen
wurden bemalte und vergoldete Stuckverzierungen angebracht. Die Decke des
Chors und Mittelschiffs wurde mit Fresko-Gemälden durch den Maler Berg-
müller geschmückt. Die drei großen eiförmigen Deckenfelder stellen das Vergangene
im A. Testament, das Gegenwärtige im N. Testament, und zwischen beiden das
noch Zukünftige vor. Also 1) der Hohepriester, zu seiner Rechten Adam mit
der Schlange, neben ihm der Vater der Gläubigen mit dem Widderopfer, Moses
mit den Gesetzestafeln, zur Linken des Hohepriesters David mit der Harfe. In
vier Eckstückeu sind die Vorbilder gemalt: Jonas, die eherne Schlange, die
Himmelfahrt des Elias, der Regenbogen Noahs. — 2) Die Kirche des N. T.
mit Kelch und Kreuz, vor ihr ein Engel mit Taufbecken und Kanne, darüber
die Taube des h. Geistes, um ihn herum der Täufer, die vier Evangelisten-
Sinnbilder und der Apostel Paulus. In vier Eckstücken das Lamm, ein Sä-
mann, ein brennendes Licht vom Himmel her, der durch den Himmel mit dem
ewigen Evangelium fliegende Engel. — 3) Christi Wiederkunft zum Gericht;
er steht auf den Wolken und hält das Zeichen des Menschensohnes, das Kreuz,
auf seinem linken Arm; rings umgeben ihn heilige Engel. In den vier Eck-
stücken sind die Erfüllungen der alttcstamentlichen Vorbilder: Geburt, Gethsemane,
Auferstehung, Himmelfahrt. Zwischen den Darstellungen sind Bibelsprüche.
An der Wand über dem Chorbogen wurde Christus am Kreuz mit Maria
und Johannes gemalt. Die Chordecke-Füllungen erhielten allegorische Bilder.
Ein Kreuz auf einem Felsen in Meereswellen mit dem Spruch: „Die Pforten
der Hölle sollen sie nicht überwältigen" und „Hiedurch kannst du überwinden."
Die Ausgießung des h. Geistes. Die Sonne, in deren Strahlen zu lesen ist:
„Ich gebe aller Welt den Schein." Darunter eine Sonnenblume, die sich nach
der Sonne neigt und auf deren sechs Blättern wechselweise die Worte Jesus und
Amen stehen, das herzliche Verlangen der gläubigen Seele nach Christus an-
deutend. In den Eckstücken der Füllungen sind dargestellt die christlichen Tugenden:
Eine Säule mit zwei Ankern, darüber Taube und Kreuz mit der Unterschrift:
„Hoffet auf den Herrn allezeit rc."; eine Wage an ein aufrecht stehendes Schwert
gebunden und von einer Hand aus dem Himmel gehalten mit dem Spruch:
„Jaget nach der Gerechtigkeit, macht der Sünden euch befreit;" ein Buch mit
 
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