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Juni 1916

Achtundfünfzigster Jahrgang

Nr. 6

MiWches Üiunstchliitt
k!irMlhe,schuIell.Alls
2 erscheint monatlich in einem liest ru Z2-4S Zeiten u. enthält viele
2 Qxtillustrationen, sowie Kunstbeilagen. Preis für das Vierteljahr
2 stlark. 2u bestellen durch alle Postämter und Buchhandlungen.


Deutschsein oder Nichtsein!
Lin Brevier ins Feld von David Noch.
oder Nichtsein, das ist die Frage. — Ein neuer Nontinent ist
I im Werden: Mitteleuropa; ein Kontinent von Ostende bis zum Indischen
Ozean, vom Kanal bei La Bassee bis an die Urwälder hinter Brest-
Litowsk; ein Kontinent, der das größte völkerideal verwirklichen soll, das
die Erde sah: eine Völkergemeinschaft, die hat, was sie braucht, die brüderlich
austauscht, was dem einzelnen die Mutter Erde versagt, die an die Pforten der
Menschheitsreligionen pocht und an das ungelöste Rätsel von der Anims nstu-
rsler (NriMsns — daß die Menschenseele einen gemeinsamen Urgrund des
Glaubens, ein gemeinsames Abhängigkeitsgefühl von Gott habe. Diesen Konti-
nent habt ihr in 21 Kriegsmonaten mit den Waffen im Rohbau geformt.
Ihr draußen denkt daran mit Stolz, wir daheim fast mit Beschämung, daß
wir nicht auch haben mitziehen und mitsterben dürfen. Uber jeder an seinem
Platz. Alles Leben hat heute seinen besonderen, tieferen Zinn, als im Frieden.
Wir sind Mitschöpfer von Ewigkeitswerten geworden. Und das ist's, warum
wir alle aushalten müssen bis ans Ende. Je fester die händ', je näher das
End'. Wir haben nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich bis heute
herrlich durchgehalten. Wir essen Kriegsbrot und schaffen die größten Wirt-
schaftsorganisationen fast über Nacht, Organisationen für Brot und Mehl und
Kartoffeln, als stünden wir am Vorabend eines neuen sozialen Zeitalters! Wir
lernten haushalten!
Jetzt heißt's: haushalten auch mit den Nerven, mit den Wünschen und
Begehrungen, mit der Friedenssehnsucht und mit den Gedanken des Zorns,
der Leidenschaft, der Rachsucht, der Abrechnung.
Vas Volk gewinnt den Krieg, das die besten Nerven hat. Die Aste der
Nerven aber haben ihre Wurzeln im Boden unserer Seele.
Also, zum Aushalten brauchen wir Sonnenschein und Frühlingsregen für das
Ackerland unserer Seele. Davon möchte ich ein wenig reden, um euch zu sagen,
daß ihr nicht nur für die materiellen Werte Deutschlands aushaltet, sondern
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