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Clément, Charles; Clauß, Carl [Oth.]
Michelangelo, Leonardo, Raffael: mit 40 Holzschnitten und zwei lithographirten Tafeln — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.71514#0053
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Michelangelo.

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sprechen, kann man mit ihm machen, was man will." Er sagte diesen
Morgen: „Unter allen Umständen müssen die Florentiner das Geld be-
zahlen, welches sie schulden." Die Umstände drängten. Der Gesandte setzte
sich mit einem Mann im Dienste des Schatzmeisters in Verbindung. Der-
selbe sprach darüber mit seinem Herrn, welcher in großen Zorn gerieth,
indem er die Florentiner Undankbare nannte und meinte, daß Alles nur
von dem Geize des Gonfaloniere herkomme und daß man seine Dienste
bei anderen Gelegenheiten besser zu schätzen gewußt hätte, daß er deu Ring,
welchen er am Finger trage, bei dem Aufstand von Arezzo erhalten habe,
ebenso ein silbernes Becken aus der Zeit Niccolo's. „Seht doch, fügte er
hinzu, was sie für gute Freunde find, sie ließen für den Marschall de Guise
eine Davidstatue fertigen, und da er in Ungnade fiel, so haben sie sich wohl
gehütet, ihm dieselbe zu schicken." Der Vertrauensmann schloß daraus und
versicherte, daß wenn man jährlich dem Schatzmeister einige hundert Thaler
gebe, man wunderbaren Nutzen daraus werde ziehen können „Vunto kruato
alle wuruviKlierssti."
Robertet gab schließlich zu verstehen, daß, wenn man ihm die Statue
schicken wolle, sich alles leicht arrangiren lasse, und, in der That, von diesem
Moment an, scheint das beste Einvernehmen zwischen den Gesandten und
dem gestrengen Schatzmeister Ludwigs XII. bestanden zu Haben. Der
David wird gegossen, aber er muß noch überarbeitet werden. Michelangelo
ist in Rom beschäftigt, die Decke der Sipstina zu malen: der Papst will
ihn nicht fortlassen „nicht einmal auf fünfundzwanzig Tage, und es giebt
Niemand in Italien, schreibt Soderini, der fähig wäre ein Werk von dieser
Bedeutung zu vollenden. Er und nur er allein muß die Arbeit leiten, da
ein anderer, der seine Intentionen nicht kennt, sie leicht verderben würde."
Dennoch mußte man darauf verzichten, daß Michelangelo diese Statue
vollendete und aus einem Briese Soderini's vom 14. October 1508 er-
sehen wir, daß er einen anderen Künstler beauftragte, sie zu ciseliren.
Der David wurde gegen Ende des Jahres 1508 in Livorno einge-
schifft. Robertet ist entzückt, er will ihn in den Hof seines Schlosses von
Blois anfstellen lassen, aber er bedarf noch einer Säule als Sockel. Soderini
fand das doch zu stark und schlug es rundweg ab.O Ich sagte schon, daß
diese Statue verschwunden und wahrscheinlich eingeschmolzen worden ist,
woraus zu ersehen, wie „unrecht Gut niemals gedeiht!"

*) da^e, C^rtLZ^io II. p. 52—!09.
 
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