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Curtius, Ernst [Hrsg.]
Die Ausgrabungen zu Olympia (Band 2): Übersicht der Arbeiten und Funde vom Winter und Frühjahr 1876-1877 — Berlin, 1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.764#0009
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Peloponnes ftatt, welche befonders die L&ndfchaft Elis bedrängt
zu haben fcheinen. Setzen wir mit Grund die Errichtung der ftar-
ken Mauern fpäteftens in jene Zeit, fo folgt daraus, dafs damals
wenigftens die Nord- und Weftfeite des Tempels noch nicht
geflürzt fein konnten, denn der Tempel bildete die nordweftliche
Ecke und zugleich den Stützpunkt des Mauervierecks, und
dies hatte nur dann einen Sinn, wenn eben jene, aufscrhalb der
Befeftigung bleibenden Seiten noch ftanden. Dafs diefelben
fpäter fielen als die beiden anderen, wird auch dadurch betä-
tigt, dafs ihre Trümmer, Säulen und Gebälk, fchon auf einer
hohen Schuttfchicht liegen, während die gekürzten Bauglieder
im Often und Süden noch weit tiefer, faft auf dem Niveau der
Tempelbaiis gebettet find. Durch den fpäteren Fall wird nun
auch die fo viel beffere Erhaltung der Giebelfiguren im Weilen
erklärlich, welche ungeftört nur zwifchen Baugliedern des Tempels
ruhen; denn hier find nicht jene das Material verfchlingcnden
fpäteften Hütten, welche das Mauerviereck nur im Offen und
Nordoften in gröfseren Mafien zu überfchreiteh fcheinen.

Ob aber Oft- und Südfeite des Tempels fchon zur Zeit des
Mauerbaues gefallen waren — etwa durch die grofsen Erdbeben
von 522 oder 551 —, ift fchwer zu fagen. Einen Anblick furcht-
barer Verwüftung mufs die Olympifche Ebene fchon damals
geboten haben, denn die Mauern, welche unbekümmert über
Fundamente und Bafen fich hin wegziehen, beliehen ausfchliefs-
lich aus antikem Material, Quadern, Säulen trommeln, Kapitellen
und Infchriften; von ficheren Theüen des Tempels fcheinen fie
in ihrem jetzigen Zuftande freilich kaum mehr, als Fragmente
von den Löwenköpfen der Traufrinne zu enthalten; — doch
liegen fehr bedeutende Stücke des Tempels, Triglyphen und
Skulpturrefte, welche weder weit verfchleppt noch auch über
eine hohe Mauer hinübergefallen fein können, fo aufserhalb
der Mauerlinien, dafs diefe zur Zeit des erften Tempelfturzes
fchon wieder hätten verfallen fein muffen, wenn fie anders da-
mals fchon beftanclen.

Der frühbyzantinifchen Bevölkerung, welche wie, auch z. B.
in Athen, Aphrodifias, Adalia noch ein gewifses Gefchick und
in ihrer Technik Zufammenhang mit dem Alterthume verräth,
wird die Anlage der Kirche, der Clfternen, welche mit feinem
Stuck forgfältig ausgeputzt find, fowie der Gräber zuztifchreiben
fein, welche überall verftreuet fich vorfinden und den im vorigen
Jahre gefundenen durchaus gleichen.

Dafs felbft einige der Hüttenmauern fchon früh find, zeigt
der Münzfund des Vorjahres innerhalb einer folchen, fowie grofse
Thonkrüge, welche in den Ecken einiger Gemächer, offenbar an
ihrem urfprünglichen Beftimmtingsort fich fanden. Im grofsen
Ganzen aber find die Hütten, welche Olympia überziehen fpä-
teren Datums, und auch auf den fchon verfallenen ftarken
Mauern an vielen Punkten angelegt. Wann und von welchem
Volke fie errichtet und wann fie verlaffen wurden, ift eine noch
offene Frage; doch dürfte ein flavifcher Name des fpäteften

9 ^—

Ortes und damit fein Beftand in der Zeit der fränkifchen Ilcrr-
fchaft (XIII. Jahrh.) fich vielleicht noch nachweifen laffen. Die
zunehmende Ungcfundheit der Ebene mag die letzten Anfiedler
vertrieben haben, und nun beginnen die Elemente ungeftört
ihr Spiel: Abfchwemmungen der angränzenden Höhen und
Ueberfchwemmungen, welche mit denFiüffen zufammenhängen*)
häufen über den Ruinen dreier Perioden eine gieichmäfsige
Sandfchicht an.

Wie auf einem Palimpsest überziehen und durchkreuzen
einander vielfach die Refte der drei Bevölkcrungsfchichten auf
dem Boden Olympias; aber klar heben fich unter allem fpäte-
ren Wufte die glänzenden Züge des Alterthumes in ihrem Zu-
fammenhange hervor. Von der Rampe vor der Oftfront, auf
welcher vor dem mittleren Intercolumnium fich auch der Altar
erhob, ftieg man hinab auf einen mitMarmorplatten gcpflafterten
Platz; andere Terrainverhältniffe waren hier, bevor diefe Pflafte-
rung ftatt fand: darauf deuten mehrfache Funde von Bronze-
gegenftänden tief unter derfclben, (f. Taf. XXXI A. oben No. 3.)
Die Pfiaftertmg zog fich etwa 40 Meter hinaus bis zu der Strafse,
welche von dichtgedrängten Bafen gebildet von Süden herauf-
gezogen kam und in drei halbkreisförmigen Poftamenten in der
Verlängerung der Nordfeite des Tempels zunächft ihren Abfchlufs
fand. Diefe Poftamente trugen Statuen elifcher Frauen; in der
Strafse (landen die Nike, der Stier des Philefios, der Pankratiaft
Kallias, ein Werk Mikons und zahlreiche Ehren- und Sieger-
bilder hinter und neben einander. Hier vor der Oftfront war
ein in jeder Beziehung ausgezeichneter Platz der Altis.

Mannigfaltig und zahlreich waren auch die Funde des
zweiten Jahres der Ausgrabungen, fie fichern in ihrer Gefammt- ■
heit den Schlufs, dafs auf Gegenftände in Marmor und Thon
fowie auf Infchriften in grofsem Umfange zu rechnen ift; be-r
deutende Bronzerefte könnten nur einer Combination glücklicher
Umftände verdankt werden.

Ziffermäfsig [teilen fich die diesjährigen Bereicherungen
nach den geführten Inventarcn fo dar:

I. Gegenftände in Marmor vermehrt von 179 auf5$7.
IL Gegenftände in Bronze von 686 auf 1928 f. Tafel

XXXI; hier find wieder zahlreiche rohe, wenige beffere

Vierfiifsler zu nennen, Waffenftücke, Lanzen- und Pfeilfpitzen.

III. Gegenftände in Thon von 243 auf 420; aufscr den
vorjährigen befonders die auf Taf. XXXI abgebildeten Si-
men; dann viele rohe Vierfüfsler füdHch vom Heraion.

IV. Varia, Gegenftände in Glas, Hörn, Knochen von
61 auf 90; hier find in diefem Jahre nur einige bedeuten-

*) Die zahlreichen und ausgedehnten Trieb fand fehichten und
innerhalb der Sandfchicht find doch wohl nur fo erklärlich. Am
bei nur allmälichem Wachfen des Bodens, wie es die Abfchn
verurfacben, gewiffe Refte des Alterthumes, welche wenige Centii
der heutigen Oberfläche fich finden — Oftmauer und Säulen des Hera
früheren Reifenden doch wohl noch über der Erde gefehen wordei
 
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