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Curtius, Ernst; Milchhoefer, Arthur
Die Stadtgeschichte von Athen — Berlin, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.5159#0350
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VI.

Die hellenistische Zeit.

Wenn man von Seiten Makedoniens Athen ruhig gewähren liess, wie
es, von der antimacedonischen Partei geleitet, unter Lykurgs Verwaltung
sich neu ordnete und neue Festigkeit gewann, so lag der Grund darin,
dass Alexander, der Politik seines Vaters treu, Alles vermied, was zu
einem Bruche mit Athen führen und zu gewaltsamen Maßregeln nöthigen
konnte.

Als erwählter Feldherr der Hellenen unternahm der König den
Perserkrieg, um für die Stadt, welche am schwersten von den Achämeniden
zu leiden gehabt hatte, an ihnen Bache zu nehmen. Was Athen inzwischen
an Wohlstand gewann, konnte ihn nicht beunruhigen, weil die Bürger
sich dadurch gewöhnen mussten, in friedlicher Zurückgezogenheit von
den Welthändeln ihr Glück zu erkennen. Nach dem über Theben er-
gangenen Strafgericht war eine besonnene Stimmung die vorherrschende,
und um dieselbe Zeit, da Alexander nach Asien aufbrach, entwickelte
sich ein neuer Zusammenhang zwischen Athen und Makedonien.

Wie Piaton am Iiisos ein geistiges Leben entzündet hatte, das aus
unscheinbaren Anfängen eine weitreichende Macht wurde, wodurch das,
was Athen eine besondere Ehre und Anziehungskraft verlieh, in die
Sphäre wissenschaftlicher Forschung verlegt wurde, so gründete nach Piatons
Vorgang der Lehrer Alexanders am Bisos eine eigene Schule, indem er
mit seinen näheren Genossen in den Laubgängen des Lykeion wandelnd
philosophische Unterredungen hielt, während er dem grösseren, rasch
anwachsenden Zuhörerkreise in den Abendstunden Vorträge hielt. Da-
durch erhielt Athen eine neue Bedeutung für die Welt der Gebildeten,
und man konnte erwarten, dass eine besonnene Beurtheilung der Zeit-
verhältnisse, ein Verständniss für die wahren Interessen der Stadt sich
allmählich befestigen werde.

Zu dem Gefühle aufrichtiger Pietät für Athen, das im Hoflager des
Königs herrschte, kamen die Erwägungen einer weisen Politik.
 
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