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Curtius, Ernst; Milchhoefer, Arthur
Die Stadtgeschichte von Athen — Berlin, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.5159#0377
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vn.

Die römische Zeit.

Im Gefolge des Königs Attalos, als er 201 v. Chr. von Aigina
herüberkam und. seinen Einzug durch das Dipylon hielt (LXXX 10), sind
die ersten Gesandten Korns nach Athen gekommen. Von den Pergamenem
eingeführt, haben die Römer in ihrem Sinne die Verhältnisse aufgefasst
und den Krieg mit Makedonien aufgenommen. Nach dem Siege von
Kynoskephalai sind sie einfach in die hellenistische Politik eingetreten,
indem sie an den Isthmien den Griechen die volle Unabhängigkeit als
ein unveräusserliches Ehrenrecht zurückgaben. Sie sind aber nicht bloß
in die Geleise der orientalischen Philhellenen eingetreten, sondern es ge-
stalteten sich ganz eigenthümliche Verhältnisse, als die beiden von
Hause aus verwandten Nationen nach langer Entfremdung in einer Zeit,
wo beide einander bedurften, sich zusammenfanden. Es war also nicht
Fürstenlaune oder Hofpolitik, welche die staatlichen Beziehungen bestimmte,
sondern die Nationen selbst in ihren würdigsten Vertretern verbanden
sich, und während den Macedoniern gegenüber Männer wie Phokion immer
nur die Erfolglosigkeit des Widerstandes betonen konnten, war die neue
Continentalmacht der Art, dass Führer der nationalen Partei in ihr die
einzige Gewähr einer glücklichen Zukunft Griechenlands erkannten.

Diese Anschauung der Zeitverhältnisse wurde nach dem zweiten
macedonischen Kriege durch die achäischen Geissein in Rom auf beiden
Seiten zum klaren Bewusstsein gebracht. Es war eine denkwürdige
Fügung, dass inmitten der Achäer zuerst die Ueberzeugung ausgesprochen
wurde, im römischen Reiche finde die griechische Geschichte ihre Voll-
endung, und dass derselbe Stamm, in welchem am meisten politische
Einsicht, aber auch am meisten Selbstgefühl und Freiheitsliebe lebendig
war, wiederum den Anlass geben musste, dass die philhellenische Ge-
sinnung der Römer in das Gegentheil umschlug und dass das feierlich
befreite Volk der Hellenen von ihnen nach unbarmherzigem Kriegsrechte
mit voller Rücksichtslosigkeit behandelt wurde.
 
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