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Größe schauen will — und gewissenlos die Gegenwart und Zukunft
von Nationen mit dem Todesstoß bedroht, — ja selbst den Altar
ihrer Vergangenheit entgöttern will!
Solch' ein unerquickliches Bild des falschen National-
stolzes entrollt die Gegenwart unserem Auge im nicht so fernen
Osten! — Da führt Habgier den Pinsel, und Herrsch-
sucht hält die Palette, der Maler aber heißt rPanslavismus.
Wenn wir das Auge über alle die Länder Europas schweifen
lassen und selbst nach den Reichen jenseits des Oceans, wo die
Civilisation bereits ihren Banner aufgepflanzt, lenken, sehen wir
überall den Nationalstolz als einen mächtigen Baum mit
zahllosen Aesten zur Höhe ragen und den Patriotismus weit über-
wuchern, welcher letztere im Kampfe der Geschlechter ermattet,
vom Samum des Egoismus glühend umweht, angekränkelt, fast
vertrocknet, nur mehr als verkümmertes Gesträuch ein blüthen-
armes Leben in manchem Lande fristet. Und doch istNational-
stolz dem Patriotismus sehr nahe verwandt; wird irrig oft
sogar mit diesem verwechselt, obgleich zwischen den Beiden ein
bedeutender Unterschied herrscht, beide für sich selbstständig auf-
treten, und Einer ohne den Anderen ganz gut bestehen kann. —
National st olz genießt mühelos die Früchte der in längstver-
gangenen Tagen gebrachten schweren Opfer einer gesammten Nation.
— Patriotismus hingegen fordert Thaten, Opfer für die
Gegenwart und Zukunft, Heil und Ruhm eines Volkes. Darum
sehen wir in unserem arbeit- und opferscheuen Zeitalter den
National st olz in vielen Landen um so viel prunkvoller sich
entfalten als den Patriotismus. — Es gibt Nationen, die am
Schauplatze der Welt glänzenden National st olz entwickeln,
und sehr wenig, oder gar keinen Patriotismus haben. „Natio-
nalstolz ist ein höheres Gefühl einer völkerthümlichen Sonder-
heit." Diese Sonderheit kann entweder auf den Charakter,
die Geistesfähigkeiten oder Gemüthseigenschaften einer Nation
Größe schauen will — und gewissenlos die Gegenwart und Zukunft
von Nationen mit dem Todesstoß bedroht, — ja selbst den Altar
ihrer Vergangenheit entgöttern will!
Solch' ein unerquickliches Bild des falschen National-
stolzes entrollt die Gegenwart unserem Auge im nicht so fernen
Osten! — Da führt Habgier den Pinsel, und Herrsch-
sucht hält die Palette, der Maler aber heißt rPanslavismus.
Wenn wir das Auge über alle die Länder Europas schweifen
lassen und selbst nach den Reichen jenseits des Oceans, wo die
Civilisation bereits ihren Banner aufgepflanzt, lenken, sehen wir
überall den Nationalstolz als einen mächtigen Baum mit
zahllosen Aesten zur Höhe ragen und den Patriotismus weit über-
wuchern, welcher letztere im Kampfe der Geschlechter ermattet,
vom Samum des Egoismus glühend umweht, angekränkelt, fast
vertrocknet, nur mehr als verkümmertes Gesträuch ein blüthen-
armes Leben in manchem Lande fristet. Und doch istNational-
stolz dem Patriotismus sehr nahe verwandt; wird irrig oft
sogar mit diesem verwechselt, obgleich zwischen den Beiden ein
bedeutender Unterschied herrscht, beide für sich selbstständig auf-
treten, und Einer ohne den Anderen ganz gut bestehen kann. —
National st olz genießt mühelos die Früchte der in längstver-
gangenen Tagen gebrachten schweren Opfer einer gesammten Nation.
— Patriotismus hingegen fordert Thaten, Opfer für die
Gegenwart und Zukunft, Heil und Ruhm eines Volkes. Darum
sehen wir in unserem arbeit- und opferscheuen Zeitalter den
National st olz in vielen Landen um so viel prunkvoller sich
entfalten als den Patriotismus. — Es gibt Nationen, die am
Schauplatze der Welt glänzenden National st olz entwickeln,
und sehr wenig, oder gar keinen Patriotismus haben. „Natio-
nalstolz ist ein höheres Gefühl einer völkerthümlichen Sonder-
heit." Diese Sonderheit kann entweder auf den Charakter,
die Geistesfähigkeiten oder Gemüthseigenschaften einer Nation