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Y. Die baulichen Reste der näheren Umgebung desTempels

1. Die Ostterrasse und deren Stützmauer

(Z 618 Tf.79; Z619 Tf. 80; Z620, 621 Tf.81; F623 Tf. 226; F 624, 625 Tf.225;F626 Tf.55;F627 Tf. 228;

. F 630 Tf. 227).

Gestaltung des Der künstlich geebnete Tempelvorplatz, zu dessen An-
Tempelvorplatzes lage man durch die Beschaffenheit des von Osten und
Norden gegen den Quellenbach abfallenden Geländes und
g . die Lage der Quelle genötigt war, wird gegen die höher
der Stützmauer anstehend belassenen südöstlichen, östlichen und nord-
östlichenTeile des letzteren durch eine in ungleichmäßiger
Kurve verlaufende Stützmauer abgeschlossen. Dieser
Mauerzug beginnt im Süden mit östlicher Richtung, wen-
det sich in angenähert viertelkreisförmigem Bogen nach
Norden, um dann ungefähr von der Mitte der Ostseite ab
in einer aus zwei Segmentbögen mit zwischenliegendem,
geradem Stück zusammengesetzten, flachen Kurve eine
starke Wendung in nordwestlicher Richtung anzunehmen,
die nahe dem Ende der Mauer nochmals mit einem
stumpfwinkligen Knick in eine solche nocli mehr gegen
Westen gedrehte übergeht. So stellt die Linie der
Mauer gewissermaßen eine ,Höhenkurve‘ dar, und
die Eigentümlichkeit ihrer Führung ist sicher aus
dem Wunsch hervorgegangen, die den Rand des Hügel-
terrains bildende Krone der Mauer in horizontalem Ver-
lauf herumführen und den Felsabtrag auf das geringste
Maß bescliränken zu können. Wurde so der untere Teil
des unmittelbar östlich an die Quelle anschließenden Ge-
ländehanges durch Abgrabung und Abarheitung des Kalk-
felsens geebnet, so erreichte man diese ebene Gestaltung
beidem außerhalbderStützmauer verhleihenden höheren
Hauptteil durch Anschüttung hinter der ersteren, soweit
sie über die natürliche Felsoberfläche emporgeführt war,
so daß hier eine hochgelegene Terrassenfläche entstand,
die allmählich in das flach ansteigende Gelände der
weiteren Umgebung überging. Infolge der raschen Ab-
senkung und Abflacliung des Bodens nach Südwesten und
des weiten Abstandes der das Tempeltal im Westen über-
höhenden Ausläufer des nördlichen und nordwestlichen
Plateaus, wodurch in den westlichen Teilen, wie der Be-
fund ergeben hat, Anschüttungen zur Herstellung einer
ebenen Umgebung des Tempels erforderlich wurden,
mußte die Stützmauer auf der Süd- und Nordseite
in ihrem westlichen Verlauf etwa gegen die Mitte der
jetzigen Tempellänge ihr Ende finden. In welcher Weise
die Endigung gestaltet war, oh durch allmähliche Ab-
treppung der Krone oder durch westliche, südwärts und
nordwärts gerichtete, die Terrasse auf gleicher Höhe
haltendeZungenstützmauern,ist nicht mehr festzustellen,
da diese Teile des Mauerzuges ganz zerstört und durch
spätere Anlagen verdrängt worden sind. Um eine leichte
und freie Verhindung zwischen dem Tempelvorplatz
und der hochgelegenen Terrasse herzustellen, wird die
Stützmauer von fünf, in ungleichen Abständen ange-
legten, breiten Treppen durchbrochen, die, um durch sie

möglichst wenig Raum fortzunehmen, in sehr eigen-
artiger und geschickter Weise so gestaltet sind, daß sie,
rechtwinklig zur Richtung des jeweiligen Mauerzuges
verlaufend, mit einem Teil ihrer Länge als Freitreppen
auf dem Tempelplatz aufsetzend, der Mauer vorgelagert
und mit dem Rest zwischen Wangenstützmauern in die
Terrasse eingeschnitten sind. Die größte süd-nördliche
Breite des von der Stützmauer umschlossenen Vorplatzes
beträgt, in der Flucht der Unterstufe des jetzigen Tem-
pels gemessen, etwa 77,85 m, der Abstand der ersteren
von den Ecken der untersten Tempelstufe in derselben
Flucht im Süden etwa 13,40 m und im Norden 4,30 m;
die größte west-östliche Ausdehnung von der untersten
Tempelstufe ab mißt etwa 28,30 m, und der geringste,
rechtwinklig zur Mauer gemessene Abstand derselben
von der nordöstlichen Ecke der Tempelstufen macht nur
3,30 m aus.

Der ganze Mauerbau besteht aus Quadern des gewöhn-
lichen, gelblichen Kalksteins von sehr verschiedenen
Abmessungen, die zwar durchaus mit rechtwinkligen
Stoßfugen in horizontalen Schichten, aber nicht isodom
verlegt sind, so daß vielfacher Wechsel der Schichthöhe
durch Hakensteine und Einfügen kleinerer Füllschichten
zu beobachten ist. Die Mauer ist nur einschalig gebildet,
und alle Steine, sowohl die langen wie die kurzen, sind
demnach Läufer, die sich mit ihren rauhen und unbe-
arheiteten Rückseiten gegen den Felsen oder die Hinter-
füllung legen. Die Dicke der zum Teil erhebliche Län-
gen — bis zu 1,85 m und 2,29 m — zeigenden Blöcke
beträgt durchschnittlich nur 0,40 m bis 0,60 m, und nur
wenige Stücke reichen etwas weiter nach innen. Diese
Konstruktion, mit der die alten Bauleute zu sehr der
Festigkeit des bröckeligen und leicht verwitternden Kalk-
felsens der Terrasse vertrauten und bei der die Mauer
mit der fortschreitenden Verwitterung und Durchnässung
des ersteren dem Druck der oberen Hinterfüllung nicht
gewachsen war, ist ihr vielfach zumVerderhen geworden.
Nicht nur der sehr zerstörte und verfallene Zustand mit
starken Abweicliungen, Überneigungen und Verschie-
bungen der Schichten, in dem sich ihre Reste erhalten
haben, geht auf diese Schwäche der Konstruktion zurück,
sondern dieselbe hat offenbar auch schon im Altertum zu
Wiederherstellungen oder Ausbesserungen der Mauer
gezwungen, durch welche allein sich manche Ungleich-
heiten in der Erscheinung des Mauerwerkes erklären
lassen.

Die Quader zeigen an ihrer Vorderfläche eine bossenlose,
ebene, aber nur rauh mit dem Spitzeisen ausgeführte Be-
arbeitung, wobei manchmal, aber nicht überall, ein in der-
selben Ebene liegender abgesetzter, etwas weniger rauh

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