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Diest, Walther ¬von¬; Coler, Harry ¬von¬ [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Nysa ad Maeandrum: nach Forschungen und Aufnahmen in den Jahren 1907 und 1909 — Berlin, Band 10.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.29678#0013
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NYSA AD MAEANDRUM I.

(Erste Reise 1907.)

Im März 1907 unternahm ich mit meinem ältesten Sohne nach seinem wohl-
bestandenen Abiturium eine Studienreise nach Italien-Griechenland, als Schlußstein
für das Gebäude seiner humanistischen Erziehung, und fügte daran von Athen aus
einen Ausflug in die südwestliche Ecke von Kleinasien. Es war der sechste Besuch,
den ich dem Innern dieses Landes widmete, das mit seinen großen »weißen Flächen«
auf der Karte und vielen unbekannten Ruinenstätten stets neuen Reiz auf den
Forscher ausübt. Über die Ergebnisse dieser ganzen Reise habe ich seinerzeit schon
berichtet*). Um jedoch das Gesamtbild von Nysa hier vollständig zu geben und
dabei im Rahmen der Zeitfolge zu bleiben, sind die damaligen Schilderungen der
Vorbereitung und ersten Erkundung hier auszugsweise und »mutatis mutandis« zu
wiederholen. Auch der »Weg nach Nysa« soll dabei zum Besten künftiger Besucher
genauer beschrieben werden.

Die »rosenfingrige Eos« bestrahlt den dunklen Felsgipfel des mir wohlbekannten
»Karaburun« 2), welchen wir am 26. April früh mit der »Therapia« des Norddeutschen
Lloyd umschiffen. Vor uns liegt Anatolien, das »Land der aufgehenden Sonne«. Für
den Golf von Smyrna, den wir jetzt durchfahren, ist eine wichtige Veränderung ein-
getreten, seit ich ihn im Jahre 1886 bei Aufnahme der Landschaftskarte für die
Ausgrabungen in Pergamon umstreifte. Der Hermos (Gedis-tchai) fließt nicht mehr
in seinem alten Bett; er war emsig bemüht, dem Hafen von Smyrna den Garaus zu
machen, ihn mit Schwemmland zu verschließen, wie dies der Kaikos für Elaea (Hafen
von Pergamon), der Kaystros für Ephesos und der Mäander für Milet so gründlich
besorgt haben, daß die altberühmten Seestädte jetzt als traurige Reste versunkenen
Lebens auf dem Trocknen liegen. Da hat nun die türkische Regierung einen Kanal
stechen lassen, der die Hermosgewässer etwa zwei Meilen nördlich der alten Mün-
dung ins Meer führen sollte. Die Arbeit wurde 1888 vollendet, aber leider haben
die Frühlingsfluten die etwas eilig hergestellten Dämme zum Teil wieder fortgespült,
der Strom geht mit der Hälfte seines Wassers wieder im alten Bett.

Vormittags 9 Uhr durchfuhren wir die engste Stelle des Golfes; sie wird rechts
durch das modern gebaute und, wie wir sehen können, mit Geschützen schweren
Kalibers wohlbewehrte Fort »Sandjak-kale« 3) gesperrt. Von links hat sich das
Schwemmland schon unheimlich nahe, bis auf etwa 3 km, herangedrängt. Die

*) Petermanns Geogr. Mitt. 1909 Heft VIII und IX, 2) Schwarze Nase. 3) Sandjak — alttürk. Name

für Fahne, Banner.

Ergänzungsheft X.
 
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