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Akademie und Vorsitzender des Centralcomits's. Dieser kam den 19. Juni
in Berlin an. Er sah bald ein, daß die lokalen Zustände und die Besonder-
heit der Umstände dem' Unternehmen ungünstig waren, und daß das bisherige
Mißgeschick mehr den Verhältnissen zur Last fiel als den Personen, welche
sich mit der Sache befaßt hatten. Doch überzeugte er sich gleichfalls bald,
daß es ihm gelingen würde, noch viele Berliner Künstler zu bewegen, die
Ausstellung zu beschicken. Er besuchte eine große Anzahl derselben; er unter-
ließ überhaupt nichts, was nach seinem Ermessen die Sache fördern konnte.
Er hat in sechs Tagen über 70 Besuche gemacht, eine Thatsache welche wohl
am schlagendsten die in andere Berliner Blätter übergegangene Behauptung
der „Dioskuren" widerlegt, das Münchener Comits habe die Berliner Künst-
ler planmäßig auszuschließen gesucht. Die H. H. Magnus,"') Richter,
Schräder, Menzel, Schirmer, Meyerheim, Grab, Drake und
viele andere'* **)") werden dem Münchener Deputirten bezeugen, daß jene
Behauptung in den „Dioskuren", gelinde gesprochen, eine Lächerlichkeit ist. Die
Befreiung von jedwedem Termin bezüglich der Einsendungen von
Berlin, welche an der Spitze des Münchener Mandats stand, erleichterte die
Verhandlung sehr; ebenso war ausgesprochen, daß mit Annulirung des §. 18
des Progamms alle Transportkosten von den Münchenern getragen
würden. Der Bevollmächtigte that im Interesse seiner Kommittenten noch
Schritte bei dem Handelsminister von der Heydt und Herrn Director
Fournier wegen Portoerleichterung auf der Anhaltischen Eisenbahn."
„So schien eine hinreichende Vertretung der Berliner Künstler gesichert;
wer aber sollte bei dem gänzlichen Mangel einer Kominission für die verstor-
benen Meister einstehen? Werke von Schnikel, Schadow, Rauch, Begas, Ble-
chen, Krüger waren unerläßlich, wenn der geschichtliche Gang, den die Berliner
Schule genommen, in München bezeichnet sein sollte. Jetzt wandte sich Dietz
an den akademischen Senat, und bat denselben noch in der elften Stunde, die
gute Sache wieder aufzunehmen, den Centralpunkt der Angelegenheit für Ber-
lin zu bilden, oder doch wenigstens für die oben genannten todten Meister zu
sorgen, wie die andern deutschen Schulen für die Träger'der Vergangenheit
gesorgt hatten. Dies letztere Motiv schien seine Wirkung nicht zu verfehlen,
Direktor Herbig, Professor Tölken und besonders Prof. Hensel zeigten
großen Antheil, und die Hoffnungen des Münchener Bevollmächtigten belebten
sich. Noch bildete der Punkt der Verpackungskosten einen Gegenstand der
Zweifel; der Bevollmächtigte glaubte diese durch die Erklärung gehoben zu
haben, daß, sollten sich die Mittel hiefür in Berlin nicht finden (wie sie sich in
Dresden, Wien, Karlsruhe, Düsseldorf rc., kurz ziemlich allwärts gefunden),
das Münchener Geschäftskomits nach vorheriger Anzeige des Betrags
auch dafür einstehen werde. Samstag den 26. Juni sollte die ent-
scheidende Sitzung in der Akademie stattfinden. Nachdem der Bevollmächtigte
noch von einem Beamten derselben vernommen hatte, daß alles im besten
Gang zu sein scheine, reiste er am Abend jenes Tages nach München zurück.
Hier begann man damals mit der Aufstellung der Kunstwerke im Glaspalast;
für die Berliner Schule wurden die entsprechenden Logen und Kabinette re-
servirt. Man wartete von Tag zu Tag ans Antwort von dort. Nach Ver-
lauf einer Woche telegraphirte die Münchener Akademie an die Berliner
Akademie, wie viel Werke sie einsende, worauf die Antwort lautete: Die Ber-
liner Akademie sendet nichts ein. Später erhielt Dietz einen Brief derselben,
welcher ani Schluß sagt: „Der Senat ist nach sorgfältiger Erwägung aller
Verhältnisse zu der Ueberzeugung gekommen, daß es außer den Gränzen der
Möglichkeit liegt, in der gegebenen kurzen Zeit diejenigen Werke zu beschaffen,
zu verpacken und zu transportiren, welche nothwendig sein würden, um eine
würdige Vertretung der hiesigen Künstler herbeizuführen."
„Die Sache wäre hiermit wenigstens für den der Geschichte angehörigen
Theil der Berliner Schule vollständig gescheitert gewesen, wenn nicht freund-
lichere Sterne gewaltet hätten. Der königl. bayerische und der großh. badische
Gesandte, auch Geh. Rath v. Olfers, hatten zur Zeit der Anwesenheit des
Bevollmächtigten in Berlin für die Sache höchst förderliche Schritte gethan.
Hr. Hofstaatssekretär Bußler, ein Manu von eben so viel Wärme als Sach-
kenntniß, hatte dem Bevollmächtigten versprochen, für alle tut Besitz des Königs
befindlichen Werke, welche die Ausstellung unterstützen könnten, die Einsendung
durch die Gnade Sr. Maj. vermitteln zu wollen. Sie sind angelangt und
bereits ausgestellt. Hr. Dr. Eggers, welchem Dietz bei seiner Abreise seine
Vollmacht in ihrer ganzen Ausdehnung übertrug, hatte, nachdem ihn; der ab-
lehnende Beschluß der Akademie vom Geschäftscomito angezeigt war, eine Im-
mediateingabe an Se. Maj. den König gemacht, und um Beschickung der deut-
schen allgemeinen und historischen Kunstausstellung von Staatswegen gebeten.
Wir haben die Genugthuung, diesen für uns und andere unerquicklichen, aber
von Berlin aus provocirten Bericht mit der Kunde schließen zu können, daß
das königl. preußische Kultusministerium eine Auswahl von Berliner Kunst-
werken noch einzusenden gedenkt. Von hier aus ist der gewünschte Termin
gewährt und der nöthige Raum versprochen, so daß dieser Angelegenheit, auf
telegraphischem Weg durch die Gesandtschaften beschleunigt, ihre günstige Lö-
sung bevorsteht, und es kann diese von keiner Seite mit mehr Genugthuung
und Freude begrüßt werden als von den Künstlern Münchens."
Das Geschäftscomito:
Für die Akademie: W. Kaulbach. M. Carriere.
- - Künstlerschaft: Feodor Dietz. Eduard Schleich.
*) Eduard Magnus schreibt den 17. Juli an Dietz: „Ich habe vor mehreren
Tagen vier Bilder nach München abgehen lassen, Sie haben es gewünscht, sonst wäre
es wohl nicht geschehen. Wie sehr ich Sie (in der Mission nach Berlin) bedauert
und Ihre Geduld bewundert habe, kann ich Ihnen nicht sagen."
**) Mehrere, wie von Klober, Hildebrand, Meyerheim, hatten dem De-
pyürten zugleich die Werke bezeichnet, 'welche sie eingesandt wünschten, und dieser hat
die Wünsche der genannten Künstler der Akademie mitgetheilt.
-Es ist uns von einem auswärtigen Mitgliede des „Vereins der
Kunstfreunde für die preußischen Staaten" ein Schreiben zugekom-
men, welches wir, dem Wunsche des Verfassers gemäß, und da es eine nicht
unwichtige Frage anregt, hiemit seinem wesentlichen Inhalt nach veröffent-
lichen. Der Verfasser fragt, welchen Zweck die vom Künstverein gegründete
Privat-Gemäldegalerie habe, und ob die dafür gezahlten Gelder nicht
besser zur Herstellung eines dem Kunstverein eigenthümlich zu-
gehörigen Äusstellungslokals nebst Kastellanwohnung hätten verwendet
werden können. „Wer hat" — fragt der Verf. — „einen Nutzen von dieser
aus 9 Werken bestehenden Galerie, deren Ankauf die Summe von oirea
13,000 Thlrn. erforderte? die auswärtigen Mitglieder sehen nichts davon,
außer wenn sie, gleich irgend einem andern Fremden, nach Berlin reisen; die
einheimischen Mitglieder können sie zwar alle Tage sehen, allein wenn sie
sie nun wiederholt gesehen haben — und an 9 Bildern sieht man sich bald
satt — so werden sie doch allmälig die Reflexion machen, daß diese 13,000 Thlr.
keine Zinsen tragen, es bleiben also nur die Fremden, welche Berlin besuchen.
Dies ist in der That der einzige reelle Vortheil, den — wenn zwar nicht
die Vereinsmitglieder, so doch die nicht dem Vereine Angehörigen haben.
Hiebei ist nur neben dem Bedenken, ob der Verein dazu gestiftet sei, einen
so großen Aufwand aus der Tasche seiner Vereinsmitglieder für Frenide zu
machen, die Frage zu erledigen, ob die Freniden nicht in Berlin hinlänglich
andern Stoff zu Kunstgenüssen finden, um einen Privatverein zu veranlassen,
eine so große Summe dafür zu zahlen, daß diese tausend Kunstgenüsse noch
um einen vermehrt würden; eine Summe, die, für die Zwecke des Vereins
verwendet, demselben in vielfacher Beziehung von Nutzen hätte sein können.
Und dann, ist denn diese Privatgalerie wirklich so sehr von Fremden frequentirt?
Ich war in diesen Tagen, wo doch der stärkste Zusammznfluß von Fremden
stattfindet, in Berlin, und bin erstaunt darüber gewesen, welche Leere mehrere
Stunden in dem Ausstellungslokal herrschte. Und woher diese Leere? Weil
eben nur die erwähnten neun Bilder zu sehen waren und keine neuen. Also
der Wechsel allein ist es, welcher hier daö anziehende Element bildet. Zeigt
sich also nicht auch in dieser Beziehung diese Privatgalerie ganz zwecklos."
„Wenn Sie mich fragen, ob es denn etwa besser gewesen, wenn diese
Bilder, sämmtlich Hauptwerke unserer bedeutendsten Künstler, durch Verloosnng
in verschiedene Hände und dadurch fernerhin vielleicht Niemandem als den
glücklichen Gewinnern und einigen guten Bekannten derselben zu Gesicht ge-
kommen wären? so antworte ich: Erstens halte ich es den Zwecken des Ver-
eins gar nicht entsprechend, für eine so geringe Zahl von Bildern eine so
große Summe auszugeben. Hätte er von diesen 13,000 Thlrn. nicht 9, son-
dern, wenn auch nur von talentvollen jüngeren Künstlern, etwa 50 Bilder
gekauft und diese verloost, so wäre, selbst bei einer Zerstreuung derselben, na-
mentlich nach auswärts, mehr für die Verbreitung des wahren Geschmacks
- Und des wahren Interesses für die Kunst geschehen, als durch diese Ansamm-
lung an einem Orte, wo ohnedies die Gelegenheit, den Sinn für Kunst zu
bilden, groß genug ist. Außerdem aber würde der Verein durch diese indirekte
Aufmunterung der jüngeren Talente gewiß segensreicher für die Zu-
kunft der Kunst selbst gewirkt haben, als durch den Ankauf von Werken solcher
Meister, die einer Aufmunterung nicht mehr bedürfen und ihre Arbeiten ohnehin
los werden." —
„Allein wenn der Verein diese Summe einmal übrig hatte und nicht
zum Ankauf von zu vcrloosenden Gemälden verwenden wollte, so hätte er
sicherlich klüger gethan, zuerst daran^zu denken, ein eigenes Lokal sich zu
schaffen, worin er die Bilder aufhängen konnte, ohne am Ende, bei Kündi-
gung seines Miethskontrakts, sich in die Verlegenheit zu setzen, daß er nicht
weiß, wohin damit. Das jetzige Lokal, welches der Verein seit 12 Jahren
inne hat, kostet, soviel ich gehört, jährlich 550 Thlr. Miethe, d. h. bis jetzt
also 6600 Thlr. Der Miethskontrakt läuft nach zwei Jahren ab, er hat
also noch zu zahlen 1100 Thlr-. Diese 7700 Thlr. mit den 13,000 zusammen-
geworfen, bringt die hübsche Summe von 20,700 Thlr. heraus, ein genügendes
Kapital, um den Grund zu einem selbstständigen Vereinsgebände zu legen.
Denn es steht wohl außer Zweifel, daß, wenn der Verein seinerseits ein so
bedeutendes Kapital in die Waagschaale legte, die fehlenden Summen theils
durch außerordentliche Allerhöchste Gewährung eines freien Bauplatzes, theils
durch Hinzutritt der zahlreichen anderen künstlerischen Vereine Berlins ein
Lokal errichtet werden könnte, welches, mit großartigen Ansstellungs- und
und Versammlungsräumen, vielleicht auch mit Ateliers versehen, den Central-
punkt für das gesammte künstlerische Leben Berlins zu bilden geeignet wäre.
Ich überlasse eS Ihnen, Herr Redakteur, von diesen meinen unmaaßgeblichen
Bemerkungen beliebigen Gebrauch für Ihr Journal zu machen, und zeichne rc"
Nachschrift der Redaktion. Indem wir diese Bemerkungen mit-
theilen, müssen wir hinzufügen, daß wir mit den Ansichten des Verfassers,
namentlich über die Bedeutung einer solchen Galerie, nicht ganz übereinstimmen
können. Wir haben schon früher auf die Wichtigkeit einer Nationalgalerie
von Werken moderner Kunst hingewiesen, und glauben, daß hier we-
nigstens ein guter Anfang dazu vorliegt. Es wird immer anerkennenswertst
bleiben, daß, wo der Staat nicht selber eine solche Angelegenheit mit den
ihm zu Gebote stehenden Mitteln angreift, ein Privatverein mit seinen schwachen
Kräften, wenn auch auf langsamem Wege, den Grund dazu zu legen versucht.
Dagegen scheinen uns die letzten Bemerkungen des Verfassers in Betreff
eines Centralpunktes für das künstlerische Leben Berlins wohl beachtenswerth.
■— Wir betrachten, da wir für heute in diese Angelegenheit nicht näher ein-
gehen können, die Frage als eine offene und werden gern etwaigen sachge-
mäßen Aeußerungen darüber Raum geben.
-Die Säulenhalle vor der Hauptfront des neuen Museums enthält
33 Säulen, 1 Pilaster und 1 Wandpfeiler. Eine Treppe von 5—6 Stufen
und etwa 50 Fuß Breite wird zu dem Haupteingange führen, die ganze
Länge der Halle beträgt 320 Fuß.
Akademie und Vorsitzender des Centralcomits's. Dieser kam den 19. Juni
in Berlin an. Er sah bald ein, daß die lokalen Zustände und die Besonder-
heit der Umstände dem' Unternehmen ungünstig waren, und daß das bisherige
Mißgeschick mehr den Verhältnissen zur Last fiel als den Personen, welche
sich mit der Sache befaßt hatten. Doch überzeugte er sich gleichfalls bald,
daß es ihm gelingen würde, noch viele Berliner Künstler zu bewegen, die
Ausstellung zu beschicken. Er besuchte eine große Anzahl derselben; er unter-
ließ überhaupt nichts, was nach seinem Ermessen die Sache fördern konnte.
Er hat in sechs Tagen über 70 Besuche gemacht, eine Thatsache welche wohl
am schlagendsten die in andere Berliner Blätter übergegangene Behauptung
der „Dioskuren" widerlegt, das Münchener Comits habe die Berliner Künst-
ler planmäßig auszuschließen gesucht. Die H. H. Magnus,"') Richter,
Schräder, Menzel, Schirmer, Meyerheim, Grab, Drake und
viele andere'* **)") werden dem Münchener Deputirten bezeugen, daß jene
Behauptung in den „Dioskuren", gelinde gesprochen, eine Lächerlichkeit ist. Die
Befreiung von jedwedem Termin bezüglich der Einsendungen von
Berlin, welche an der Spitze des Münchener Mandats stand, erleichterte die
Verhandlung sehr; ebenso war ausgesprochen, daß mit Annulirung des §. 18
des Progamms alle Transportkosten von den Münchenern getragen
würden. Der Bevollmächtigte that im Interesse seiner Kommittenten noch
Schritte bei dem Handelsminister von der Heydt und Herrn Director
Fournier wegen Portoerleichterung auf der Anhaltischen Eisenbahn."
„So schien eine hinreichende Vertretung der Berliner Künstler gesichert;
wer aber sollte bei dem gänzlichen Mangel einer Kominission für die verstor-
benen Meister einstehen? Werke von Schnikel, Schadow, Rauch, Begas, Ble-
chen, Krüger waren unerläßlich, wenn der geschichtliche Gang, den die Berliner
Schule genommen, in München bezeichnet sein sollte. Jetzt wandte sich Dietz
an den akademischen Senat, und bat denselben noch in der elften Stunde, die
gute Sache wieder aufzunehmen, den Centralpunkt der Angelegenheit für Ber-
lin zu bilden, oder doch wenigstens für die oben genannten todten Meister zu
sorgen, wie die andern deutschen Schulen für die Träger'der Vergangenheit
gesorgt hatten. Dies letztere Motiv schien seine Wirkung nicht zu verfehlen,
Direktor Herbig, Professor Tölken und besonders Prof. Hensel zeigten
großen Antheil, und die Hoffnungen des Münchener Bevollmächtigten belebten
sich. Noch bildete der Punkt der Verpackungskosten einen Gegenstand der
Zweifel; der Bevollmächtigte glaubte diese durch die Erklärung gehoben zu
haben, daß, sollten sich die Mittel hiefür in Berlin nicht finden (wie sie sich in
Dresden, Wien, Karlsruhe, Düsseldorf rc., kurz ziemlich allwärts gefunden),
das Münchener Geschäftskomits nach vorheriger Anzeige des Betrags
auch dafür einstehen werde. Samstag den 26. Juni sollte die ent-
scheidende Sitzung in der Akademie stattfinden. Nachdem der Bevollmächtigte
noch von einem Beamten derselben vernommen hatte, daß alles im besten
Gang zu sein scheine, reiste er am Abend jenes Tages nach München zurück.
Hier begann man damals mit der Aufstellung der Kunstwerke im Glaspalast;
für die Berliner Schule wurden die entsprechenden Logen und Kabinette re-
servirt. Man wartete von Tag zu Tag ans Antwort von dort. Nach Ver-
lauf einer Woche telegraphirte die Münchener Akademie an die Berliner
Akademie, wie viel Werke sie einsende, worauf die Antwort lautete: Die Ber-
liner Akademie sendet nichts ein. Später erhielt Dietz einen Brief derselben,
welcher ani Schluß sagt: „Der Senat ist nach sorgfältiger Erwägung aller
Verhältnisse zu der Ueberzeugung gekommen, daß es außer den Gränzen der
Möglichkeit liegt, in der gegebenen kurzen Zeit diejenigen Werke zu beschaffen,
zu verpacken und zu transportiren, welche nothwendig sein würden, um eine
würdige Vertretung der hiesigen Künstler herbeizuführen."
„Die Sache wäre hiermit wenigstens für den der Geschichte angehörigen
Theil der Berliner Schule vollständig gescheitert gewesen, wenn nicht freund-
lichere Sterne gewaltet hätten. Der königl. bayerische und der großh. badische
Gesandte, auch Geh. Rath v. Olfers, hatten zur Zeit der Anwesenheit des
Bevollmächtigten in Berlin für die Sache höchst förderliche Schritte gethan.
Hr. Hofstaatssekretär Bußler, ein Manu von eben so viel Wärme als Sach-
kenntniß, hatte dem Bevollmächtigten versprochen, für alle tut Besitz des Königs
befindlichen Werke, welche die Ausstellung unterstützen könnten, die Einsendung
durch die Gnade Sr. Maj. vermitteln zu wollen. Sie sind angelangt und
bereits ausgestellt. Hr. Dr. Eggers, welchem Dietz bei seiner Abreise seine
Vollmacht in ihrer ganzen Ausdehnung übertrug, hatte, nachdem ihn; der ab-
lehnende Beschluß der Akademie vom Geschäftscomito angezeigt war, eine Im-
mediateingabe an Se. Maj. den König gemacht, und um Beschickung der deut-
schen allgemeinen und historischen Kunstausstellung von Staatswegen gebeten.
Wir haben die Genugthuung, diesen für uns und andere unerquicklichen, aber
von Berlin aus provocirten Bericht mit der Kunde schließen zu können, daß
das königl. preußische Kultusministerium eine Auswahl von Berliner Kunst-
werken noch einzusenden gedenkt. Von hier aus ist der gewünschte Termin
gewährt und der nöthige Raum versprochen, so daß dieser Angelegenheit, auf
telegraphischem Weg durch die Gesandtschaften beschleunigt, ihre günstige Lö-
sung bevorsteht, und es kann diese von keiner Seite mit mehr Genugthuung
und Freude begrüßt werden als von den Künstlern Münchens."
Das Geschäftscomito:
Für die Akademie: W. Kaulbach. M. Carriere.
- - Künstlerschaft: Feodor Dietz. Eduard Schleich.
*) Eduard Magnus schreibt den 17. Juli an Dietz: „Ich habe vor mehreren
Tagen vier Bilder nach München abgehen lassen, Sie haben es gewünscht, sonst wäre
es wohl nicht geschehen. Wie sehr ich Sie (in der Mission nach Berlin) bedauert
und Ihre Geduld bewundert habe, kann ich Ihnen nicht sagen."
**) Mehrere, wie von Klober, Hildebrand, Meyerheim, hatten dem De-
pyürten zugleich die Werke bezeichnet, 'welche sie eingesandt wünschten, und dieser hat
die Wünsche der genannten Künstler der Akademie mitgetheilt.
-Es ist uns von einem auswärtigen Mitgliede des „Vereins der
Kunstfreunde für die preußischen Staaten" ein Schreiben zugekom-
men, welches wir, dem Wunsche des Verfassers gemäß, und da es eine nicht
unwichtige Frage anregt, hiemit seinem wesentlichen Inhalt nach veröffent-
lichen. Der Verfasser fragt, welchen Zweck die vom Künstverein gegründete
Privat-Gemäldegalerie habe, und ob die dafür gezahlten Gelder nicht
besser zur Herstellung eines dem Kunstverein eigenthümlich zu-
gehörigen Äusstellungslokals nebst Kastellanwohnung hätten verwendet
werden können. „Wer hat" — fragt der Verf. — „einen Nutzen von dieser
aus 9 Werken bestehenden Galerie, deren Ankauf die Summe von oirea
13,000 Thlrn. erforderte? die auswärtigen Mitglieder sehen nichts davon,
außer wenn sie, gleich irgend einem andern Fremden, nach Berlin reisen; die
einheimischen Mitglieder können sie zwar alle Tage sehen, allein wenn sie
sie nun wiederholt gesehen haben — und an 9 Bildern sieht man sich bald
satt — so werden sie doch allmälig die Reflexion machen, daß diese 13,000 Thlr.
keine Zinsen tragen, es bleiben also nur die Fremden, welche Berlin besuchen.
Dies ist in der That der einzige reelle Vortheil, den — wenn zwar nicht
die Vereinsmitglieder, so doch die nicht dem Vereine Angehörigen haben.
Hiebei ist nur neben dem Bedenken, ob der Verein dazu gestiftet sei, einen
so großen Aufwand aus der Tasche seiner Vereinsmitglieder für Frenide zu
machen, die Frage zu erledigen, ob die Freniden nicht in Berlin hinlänglich
andern Stoff zu Kunstgenüssen finden, um einen Privatverein zu veranlassen,
eine so große Summe dafür zu zahlen, daß diese tausend Kunstgenüsse noch
um einen vermehrt würden; eine Summe, die, für die Zwecke des Vereins
verwendet, demselben in vielfacher Beziehung von Nutzen hätte sein können.
Und dann, ist denn diese Privatgalerie wirklich so sehr von Fremden frequentirt?
Ich war in diesen Tagen, wo doch der stärkste Zusammznfluß von Fremden
stattfindet, in Berlin, und bin erstaunt darüber gewesen, welche Leere mehrere
Stunden in dem Ausstellungslokal herrschte. Und woher diese Leere? Weil
eben nur die erwähnten neun Bilder zu sehen waren und keine neuen. Also
der Wechsel allein ist es, welcher hier daö anziehende Element bildet. Zeigt
sich also nicht auch in dieser Beziehung diese Privatgalerie ganz zwecklos."
„Wenn Sie mich fragen, ob es denn etwa besser gewesen, wenn diese
Bilder, sämmtlich Hauptwerke unserer bedeutendsten Künstler, durch Verloosnng
in verschiedene Hände und dadurch fernerhin vielleicht Niemandem als den
glücklichen Gewinnern und einigen guten Bekannten derselben zu Gesicht ge-
kommen wären? so antworte ich: Erstens halte ich es den Zwecken des Ver-
eins gar nicht entsprechend, für eine so geringe Zahl von Bildern eine so
große Summe auszugeben. Hätte er von diesen 13,000 Thlrn. nicht 9, son-
dern, wenn auch nur von talentvollen jüngeren Künstlern, etwa 50 Bilder
gekauft und diese verloost, so wäre, selbst bei einer Zerstreuung derselben, na-
mentlich nach auswärts, mehr für die Verbreitung des wahren Geschmacks
- Und des wahren Interesses für die Kunst geschehen, als durch diese Ansamm-
lung an einem Orte, wo ohnedies die Gelegenheit, den Sinn für Kunst zu
bilden, groß genug ist. Außerdem aber würde der Verein durch diese indirekte
Aufmunterung der jüngeren Talente gewiß segensreicher für die Zu-
kunft der Kunst selbst gewirkt haben, als durch den Ankauf von Werken solcher
Meister, die einer Aufmunterung nicht mehr bedürfen und ihre Arbeiten ohnehin
los werden." —
„Allein wenn der Verein diese Summe einmal übrig hatte und nicht
zum Ankauf von zu vcrloosenden Gemälden verwenden wollte, so hätte er
sicherlich klüger gethan, zuerst daran^zu denken, ein eigenes Lokal sich zu
schaffen, worin er die Bilder aufhängen konnte, ohne am Ende, bei Kündi-
gung seines Miethskontrakts, sich in die Verlegenheit zu setzen, daß er nicht
weiß, wohin damit. Das jetzige Lokal, welches der Verein seit 12 Jahren
inne hat, kostet, soviel ich gehört, jährlich 550 Thlr. Miethe, d. h. bis jetzt
also 6600 Thlr. Der Miethskontrakt läuft nach zwei Jahren ab, er hat
also noch zu zahlen 1100 Thlr-. Diese 7700 Thlr. mit den 13,000 zusammen-
geworfen, bringt die hübsche Summe von 20,700 Thlr. heraus, ein genügendes
Kapital, um den Grund zu einem selbstständigen Vereinsgebände zu legen.
Denn es steht wohl außer Zweifel, daß, wenn der Verein seinerseits ein so
bedeutendes Kapital in die Waagschaale legte, die fehlenden Summen theils
durch außerordentliche Allerhöchste Gewährung eines freien Bauplatzes, theils
durch Hinzutritt der zahlreichen anderen künstlerischen Vereine Berlins ein
Lokal errichtet werden könnte, welches, mit großartigen Ansstellungs- und
und Versammlungsräumen, vielleicht auch mit Ateliers versehen, den Central-
punkt für das gesammte künstlerische Leben Berlins zu bilden geeignet wäre.
Ich überlasse eS Ihnen, Herr Redakteur, von diesen meinen unmaaßgeblichen
Bemerkungen beliebigen Gebrauch für Ihr Journal zu machen, und zeichne rc"
Nachschrift der Redaktion. Indem wir diese Bemerkungen mit-
theilen, müssen wir hinzufügen, daß wir mit den Ansichten des Verfassers,
namentlich über die Bedeutung einer solchen Galerie, nicht ganz übereinstimmen
können. Wir haben schon früher auf die Wichtigkeit einer Nationalgalerie
von Werken moderner Kunst hingewiesen, und glauben, daß hier we-
nigstens ein guter Anfang dazu vorliegt. Es wird immer anerkennenswertst
bleiben, daß, wo der Staat nicht selber eine solche Angelegenheit mit den
ihm zu Gebote stehenden Mitteln angreift, ein Privatverein mit seinen schwachen
Kräften, wenn auch auf langsamem Wege, den Grund dazu zu legen versucht.
Dagegen scheinen uns die letzten Bemerkungen des Verfassers in Betreff
eines Centralpunktes für das künstlerische Leben Berlins wohl beachtenswerth.
■— Wir betrachten, da wir für heute in diese Angelegenheit nicht näher ein-
gehen können, die Frage als eine offene und werden gern etwaigen sachge-
mäßen Aeußerungen darüber Raum geben.
-Die Säulenhalle vor der Hauptfront des neuen Museums enthält
33 Säulen, 1 Pilaster und 1 Wandpfeiler. Eine Treppe von 5—6 Stufen
und etwa 50 Fuß Breite wird zu dem Haupteingange führen, die ganze
Länge der Halle beträgt 320 Fuß.