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Schneider, Paul [Hrsg.]; Dittmann, Lorenz <Prof. Dr.> [Bearb.]
Paul Schneider: [Bildhauer] ; [anläßlich der Ausstellung im April 1985 in Lebach] — Lebach, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.29726#0022
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Die dreiteilige Steingruppe in Leicester
(Abb. 28) entstand 1983, als Geschenk des
Saarlandes an die Hauptstadt der Partner-
Grafschaft Leicestershire. Da Bildhauer-
steine in England ungleich teurer sind als
bei uns, mußte sich der Künstler zuerst auf
dieSuche nach erschwinglichem Steinma-
terial machen. Er fand es in einem Stein-
werk Mittelenglands, 250 km nördlich von
Leicester, als Steine mit krummem Maß, für
die üblichen Zwecke nicht zu gebrauchen,
eine unregelmäßige Platte Cornwall-
Granit, eine angebohrte Labrador-Säule
und einen Labrador-Würfel. Diese Steine
fanden ihren Ort vor einer von Schneider
für sein Werk ausgesuchten Schule für Ju-
gendliche aus Indien, Pakistan, Jamaika.
Von diesem Ort, dieser Schule, gewann die
Steingruppe ihre Thematik.

In die Platte wurde eine flache Sonnen-
mulde eingetieft, diese durch eine Linie in
der Nord-Süd-Achse geteilt. Die Labrador-
Säule, an zwei Seiten durch wellenartige,
lichtauffangende Kurvierung belebt, steht
genau im Süden. Ihr Schatten wandert im
Tageslauf, vom Morgen bis zum Abend,
überdieSonnenmulde, überdie Mittelach-
se. Mitte und Schattenbewegung, beide
sind Schneider wichtig. Der schwarze
Würfel im Osten steht als ein Symbol für
das erwachende helle Bewußtsein: ex
oriente lux; der korrespondierende halbe
Steinwürfel in der »Mondmulde« der Gra-
nitplatte für das dem Abend, dem Unbe-
wußten sich zuneigende Bewußtsein. Ein
Bohrloch in der Granitplatte, das die Mitte
der ganzen gepflasterten Anlage bezeich-
net, wurde mit einem Cornwall-Stein ge-
füllt, ein zweites Bohrloch mit einem
Impala-Stein: dieser kleine schwarze
Punkt ist Afrika gewidmet, die ganze Anla-
ge aber, in Schneiders Idee, den indischen
Kindern. Quer über die Sonnenmulde
steht geschrieben, in deutscher Sprache:
»lch liebe die Sonne«, auf der Schattensei-
te steht: »lch liebe den Schatten«. So
durchdringen sich, der Idee Schneiders
gemäß, Kosmisches, Anthropogeographi-
sches und Geistiges, in einer künstleri-
schen Gestalt, die auch als solche schon
gerechtfertigt ist.

Noch einmal wird der »indische Gedan-
ke« aufgegriffen, 1983, im indischen Gra-
nitstein Hommage ä Mahäräja Sawai Jal
Singh II« (Abb. 29), gewidmet dem indi-
schen Astronomen und Mathematiker,
dem Erbauer großer Observatorien in Jai-
pur und Delhi 20>. Nach Süden gerichtet,
empfängt eine im Fünf-mal-fünf-
Quadratraster unterteilte, weite konvexe
Rundung, als Ausschnitt eines mächtigen
kosmischen Gewölbes das alles umfas-
sende Licht.
 
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