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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 3.1852

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https://doi.org/10.11588/diglit.1196#0353
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leutfthts IWh ÜunftMcrtt.

Zeitung

für bildende Kunst und Baukunst.

Organ

der deutschen Kunstvereine.

Unter Mitwirkung von

Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Düsseldorf — Schnaase
in Berlin — Förster in München — ESitelberger v. Edelberg in Wien

herausgegeben von EJr. F. Eggers in Berlin.

JSf 40.

Sonnabend, den 2. October.

1852.

Die diesjährige Berliner Kunstausstellung.

Ah

(Fortsetzung.)
Menzel. Otto Gennericn. W. Streckfuss.

Lls es noch keine Genre- und Landschaftsmalerei gab,
da war jeder Maler von selbst ein Historienmaler, der die Ge-
schichte aus den heiligen Büchern immer und immer auf's Neue
schilderte. Heutzutage, wo das Gebiet der Heiligenmalerei von
dem Kunstgeiste im Ganzen weniger aus eigenem freiem An-
triebe betreten wird, wo man darauf denken muss, durch An-
lass und Anregung die Kirche mit der Kunst wieder fester zu
verbinden, hat die weltliche Historienmalerei bekanntlich eine
weit grössere Bedeutung als früher. Auch sie erhält durch die
Uehertragung monumentaler Aufgaben Ansehen und Pflege und
in den Ausstellungssälen ist die Frage nach ihr gewöhnlich drin-
gender, als die nach den Darstellungen aus der biblischen Ge-
schichte. Man ist gewohnt geworden, bei der allgemeinen
Werthbestirnmung einer Bilderschau ihre Leistungen in der Ge-
schichte besonders in's Gewicht fallen zu lassen, und welches
künstlerische Talent nicht durch seine "Natur mit grosser Ent-
schiedenheit auf die Landschaft oder die übrige lebende und
leblose Natur hingewiesen ist, das strebt nach der geschicht-
lichen Composition wie nach dem eigentlichen Kunsthimmel, ge-
rade wie junge Dichter nicht eher ruhen, als bis sie ihr erstes
fünfaktiges Trauerspiel auf den grossen Büchertisch der schö-
nen Literatur niedergelegt haben, oder wie die jungen Com-
ponisten, nachdem sie ihre „sechs Lieder mit Begleitung" etc.
cdirt haben, sich begierig nach einem Operntexte umsehn. Das
Alles ist ein sehr natürliches und — namentlich wenn es ohne
Qual für das Publikum abgehen kann — auch sehr schönes
Enlwickelungsstreben.

Freilich, ein Manuscript lässt sich in's Pult schliessen, ohne
dass man die dramatischen Darsteller und die Coulissenwelt darum
bemüht, ohne dass man es also durch die Ausführung perfect
werden lässt. Ein ellenlanges historisches Gemälde aber giebt
diese bedingte Zurückhaltung nicht zu. Einmal gewagt, einmal
fertig liegt es in der Natur der Sache, dass es sich nicht so
leicht mehr verbergen kann. Man muss sich also darauf ge-
fasst machen, auf diesem Gebiete des künstlerischen Schaffens,
sofern man sich überhaupt für die Kunst interessirt, ebensowohl
viele Zeugnisse des Strebens als Zeugnisse des Gelingens
auf öffentlichen Schaustellungen zu sehen, und in der That hat

III. Jahrgang.

es der Gebrauch mit sich geführt, dass man gegen die Werke
der bildenden Kunst, welche räumlich und körperlich mit dem
zugleich übersehbaren Zeugniss der Mühe auftreten, minder
streng in der Beurtheilung des Geleisteten zu sein pflegt.

Im Grunde scheint nichts einfacher und leichter zu sein,
als sich den Stoff zu einem historischen Gemälde zu suchen,
— zu nehmen sollt' ich lieber sagen; denn er liegt in der Ge-
schichte überall klar und offen da.

Bringt nun der Künstler Compositionstalent und -geschieh,
bringt er Zeichnung, Farbenbehandlung, kurz seinen ganzen
technischen Apparat mit sich, so scheint er vor der ausgebrei-
teten, reichen Stoffwelt, aus welcher wir das Nehmen als ein-
fach und leicht bezeichneten, zur Hervorbringung historischer
Darstellungen gerüstet und bereit, aber — hier macht sich die
Notwendigkeit geltend, dass er zu nehmen verstehen muss.

Da gilt nun eigentlich nicht, dass er es sich bequem
mache, dass er z. B. sich den Stoff nur erst durch die ver-
mittelnde Hand der Dichtkunst zutragen lasse, eine Erscheinung,
die wir allzuhäullg wahrnehmen können und die gewöhnlich
den behandelten Stoffen etwas von ihrem historischen Marke
nimmt und in der Behandlung oft zu sehr die zweite Hand
durchblicken lässt. Das blosse Zutragenlassen möchte ge-
hen; denn anders verarbeitet der dramatische oder der Balla-
dendichter seinen Stoff, anders der Maler. Aber lässt dieser
sich den Stoff nicht auch oft zubereiten? Wir sehen's, und
wir sehen das nicht immer glücklich ausfallen. Damit soll Nichts
gegen den Verkehr der bildenden Künstler mit den Dichtungen
gesagt sein. Im Gcgentheil halten wir sie gerade für sehr ge-
eignet, ihn in seine einfache Stoffwelt, die profane Geschichte,
hineinzuführen. Dann aber soll er die Hand der Begleiterin
loslassen und selbständig schalten.

Aber nicht blos durch solche poetische Vorarbeitung, son-
dern durch mannigfache, oft äusserliche Gründe lassen sich
wohl die Maler für diesen oder jenen, nicht immer glücklichen
Stoff bestimmen. Die Laune eines Bestellers, der sie sich be-
quemen, ohne dass diese ein blosser Anstoss zu dem, eine
blosse Erinnerung an das ist, was sie als ihrer Richtung und
Natur adäquat, sogleich für den ihnen geeigneten und wün-
schenswerthen Darstellungsstoff erkennen; ein malerisches Co-
stüm; eine Gelegenheit zur Entfaltung derjenigen Seite der
Technik, die sie besonders sicher beherrschen, und manches
Andere ist wohl oft die Veranlassung zu dem einen oder dem
anderen historischen Bilde..

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