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Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0089
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72

dert, die umfassendste Entwickelung allerdings auch hier in
die Schlußepoche des romanischen Styles. Zn bemerken ist
ein Märchen in der Schloßkapelle zu Hannover, welches
nach Hrn. Labarte's Angabe aus dem 12. Jahrhundert her-
rührt und die Inschrift trägt: „lüldertus Oolonieusik me
Leeit"; also die bestimmte Angabe eines Meisters von Köln,
dem der Reginald jenes Schreines, welcher sich in Grand-
mont befand, als zweiter angereiht werden mag. Notizen
über eine nicht unbeträchtliche Zahl solcher Arbeiten, nament-
lich über die niederrheinischen, finden sich in meinen Kleinen
Schriften und Studien zur Kunstgeschichte; ich bemerke
hiezu, daß der daselbst (II, S. 332) angesührte.Reliquien-
schrein des h. Heribert zu Deutz nach einer im Organ für
christliche Kunst (V, S. 239) enthaltenen Angabe vom
Jahre 1147 herzurühren scheint, womit auch die künstlerische
Beschaffenheit wohl übereinstimmt. Unter andern namhaf-
ten Arbeiten der jüngeren Epoche des romanischen Styles,
über die Hr. Labarte berichtet, sind insbesondere noch der
Schrein Karls d. Gr. zu Aachen und ein Reliquiar im
Louvre, welches einen Arm Kaiser Karls enthielt, hervor-
zuheben. Der künstlerische Bildungsgang und namentlich
die früheren Entwicklungsmomente desselben werden durch ^
nähere Untersuchungen und Vergleichungen der stylistischen
und sonstigen Eigenthümlichkeiten dieser Arbeiten, als bis
jetzt unternommen und veröffentlicht sind , festgestellt wer-
den müssen.
Ueber ein Werk, welches Hr. Labarte nicht erkvähnt,
welches aber in künstlerischem Belang eine Bedeutung hat
wie vielleicht kein zweites, mögen hier ein Paar nähere
Worte verstattet sein. Es ist der sogenannte „Verdiener
Altar" zu Klosterneuburg bei Wien, den das Prachtwerk
von Camesina ^ behandelt. Es bildete ursprünglich, wie
die Pala d'oro zu Venedig, die Bekleidung der Vorderseite
des Altars und wurde später zum Altaraufsatze mit Flügeln


Sim>on mit dem Löwen, von dem Verduner Altar zu Klosterneuburg.
Verkleinerte Nachbildung.

Das Niello - Antipendium zu Klosterneuburg in Oesterreich, ver-
fertiget im zwölften Jahrhunderte von Nicolans aus Verdun. In der
Originalgröße lithographirt und auf eigene Kosten heransgegeben von
Albert Camesina. Beschrieben und erläutert von Joseph Arneth. Wien,
1844.

umgewandelt. Aus den daran befindlichen Inschriften geht
hervor, daß es durch Meister Nicolaus von Verdun gefer-
tigt und 1181 in seiner ursprünglichen Stellung geweiht
wurde und daß 1329 die Erneuung und veränderte Auf-
stellung stattfand. Es enthält 51 Tafeln mit Darstellungen
biblischen Inhalts, alttestamentliche Scenen mit solchen des
neuen Testaments auf sinnreiche Weise in wechselseitige Be-
ziehung setzend; außerdem eine Menge kleinerer Füllstücke
mit Brustbildern. Die Züge künstlerischer Vollendung, die
im Einzelnen dieser Darstellungen dem Beschauer entgegen-
treten, könnten beim ersten Anblick zu dem Schlüsse berech-
tigen, daß das Werk im Wesentlichen der angedeuteten
späteren Zeit angehöre; dies um so mehr, als der Charakter
der Inschriften, die zum Theil jedenfalls aus der Spätzeit
herrühren, durchgängig derselbe ist. Doch zeigt sich, daß
sechs der größeren Bildtafeln von den übrigen wesentlich


Oie h. Jungfrau aus der Darstellung der Kreuzigung, von dem Verduner Altar zu
Klosterneuburg. Originalgröße.
verschieden sind, nicht blos in größerer Rohheit der Behand-
lung, sondern namentlich auch in gewissen stylistischen Typen,
welche bestimmt die Eigenthümlichkeiten des 14. Jahrhun-
 
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