Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eggers, Friedrich [Editor]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0091
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
74

ein Tagebuch angelegt und zu dessen Führung der Präses
angewiesen, welcher auf vier Wochen sein Amt verwalte,
-damit alle Mitglieder nach der Folge, wie sie dem Verein
beigetreten, an der Leitung desselben sich betheiligten. Der
erste Präses war Milde, welcher nun schon seit lange in
Lübeck weilt und sich um die Erhaltung dortiger Kunstschätze
vielfach verdient gemacht hat*. Zu den noch lebenden
Stiftern des Vereins gehören ferner die Brüder Günther
und Martin Gensler, Otto Speckter, Neesche, Stuhl-
mann und Vollmer.
Der gesellige Zweck leitete die Wahl der Lokale, welche
im Laufe der 25 Jahre dem Vereine zu seinen Zusammen-
tünften gedient haben. Vom Deutschen Hause siedelte man
bald nach dem Rathsweinkeller im vormaligen Eimbeck'schen
Hause über; später wurde das am Hasen schön gelegene
(eben jetzt dem Abbruch geweihete) Baumhaus für den Som-
mer gewählt, und seit Vollendung des „Patriotischen Hauses"
hat der Verein in demselben ein gewölbtes Zimmer im Erd-
geschoß oberhalb der dort befindlichen Weinhandlung, zur
bleibenden Stätte sich erkoren.
In den Spätstunden des Sonnabends versammelt man
sich dort zu einer Geselligkeit, wie sie die Theilnehmer früher
etwa in München oder Düsseldorf gepflegt haben. Der aka-
demisch freie Ton, welcher dabei herrscht, bringt eine lebhafte
und abwechselnde Unterhaltung mit sich, so daß je nach der
obwaltenden Stimmung auch wohl ein Runpgesaug oder
Einzelgesänge angestimmt werden. Fremde Künstler werden
häufig eingeführt und sind als Gäste stets gern gesehen.
Der Künstlerverein trat zuerst in die Öffentlichkeit durch
die sogenannten kleineren Ausstellungen, welche von 1833
datiren, und zwischen den großen Kunstausstellungen, seit
1826 vom Kunstverein alle zwei Jahre veranstaltet, an-
geordnet wurden. Anfänglich waren jene kleineren Aus-
stellungen unentgeltlich zu besuchen; seit 1840 erhob mail
ein mäßiges Eintrittsgeld, dessen Ueberschuß zur Stiftung
einer Wittwenkasse die Veranlassung gab. -
Nicht zwar der Künstlerverein als solcher, wohl aber
mehrere seiner eifrigsten Mitglieder haben sich in den Tagen
des großen Brandes 1842 ein wesentliches Verdienst erwor- ^
ben, indem sie mit großer Anstrengung und Unerschrocken- !
heit aus der Nicolai-, der Petri-, der Gertrudskirche, aus
dem Rathhause, dem Eimbeck'schen Hause, der Börsenhalle,
wo eben die sechste Ausstellung des Vereins stattfand, Kunst-
werke oder der Erhaltung würdige Trümmer retteten. Und
diese Bergung mancher werthvollen Ueberreste aus alter Zeit
gab die Veranlassung zur Begründung jener Sammlung ^
bamburgischer Alterthümer, welche sich im Kellergeschoß der
Stadtbibliothek befindet.
Aber auch zur würdigen Wiederherstellung der St. Petri-
kirche trug der Künstlerverein das Seinige bei. Die Mit-
glieder schenkten Bilder von eigner Hand und sammelten
aus dem Erlöse derselben einen Fonds, mittelst dessen der
Verein das Altargemälde stiftete: Die Auferstehung Christi,
nebst zwei Seitenbildern, die Apostel Petrus und Paulus
darstellend, von Steinfurth gemalt. — Unter den ge-
§ Erst kürzlich hat dieser Künstler eine höchst ansprechende Samm-
lung von Zeichnungen Liibeckischer Alterthümer unter dem Namen eines
Lübecker A. B. C. heransgegeben.

schenkten Bildern war auch ein Glasgemälde von Milde,
welches schon am Tage der Grundsteinlegung, 7. Mai 1843,
der Kirchenbehörde für die Taufkapclle überwiesen wurde;
wohl seit Jahrhunderten das erste gemalte Fenster, welches
in Hamburg angefertigt ist.
Jene reichen Spenden des Auslandes an unsere Stadt
gleich nach dem großen Brande veranlaßten unfern Senat
zu feierlichen Dankadressen an die verschiedenen Fürsten und
Regierungen: die künstlerische Ausstattung dieser Dankschrei-
ben wurde unter Mitglieder des Vereins vertheilt.
Wenn durch die bezeichneten Aufgaben, welche dem
Künstlervereine aus der Brandkatastrophe erwuchsen, ein
reges Leben in seinem Schooße sich entwickelte, so wurde
dasselbe noch gefördert einestheils durch die längere Anwe-
senheit mancher fremden Architekten, welche beim Aufbau der
Stadt beschäftigt waren, und sodann durch die lebhafte Be-
theiligung des Vereins an dem Bau des Patriotischen Hau-
ses, welches auch der Künstlerverein zu seiner bleibenden
Stätte sich ersehen hatte. Zwei seiner Mitglieder, Bülau
und Heylmann, erhielten bei der Concurrenz die Preise,
und Bülau ist der ausführende Baumeister dieses Hauses
geworden, welches nicht nur zu deu solidesten und charakter-
vollsten Gebäuden des neuen Hamburgs zählt, sondern auch
durch die Zweckmäßigkeit und theilweise Schönheit seiner
innern Einrichtung immer mehr Anerkennung sich erwirbt.
Und vorzüglich gut ist dabei der Künstlerverein besorgt, des-
sen Zimmer in der That so originell als ansprechend für
seinen Zweck ist.
Die früheren zeitweiligen Ausstellungen sind seit 1850
in eine permanente übergegangen, welche neben der Städti-
schen Bildergallerie dem Publikum eröffnet ist, und deren
erfreuliche Frequenz durch Bilder hiesiger und auswärtiger
Künstler zu schildern, für eine andre Gelegenheit Vorbehal-
ten bleiben mag.
Wie die Chronik des Künstlervereins von manchem Ge-
schenk zu erzählen hat, von einem kleinen Schatz an Bechern
und Bannern, so verdient hier besonders jenes Banner ge-
nannt zu werden, welches von hiesigen Damen gestickt und
ihm am 28. Februar 1852 verehrt worden ist. Es trägt
als Hauptbild den heil. Lucas als Patron der Maler in
jener mittelalterlichen Stickerei, welche als Seitenstück zur
Glasmalerei auch jetzt wieder für kirchliche Kunstwerke an-
gewandt wird.
Als Dankopfer für die Genesung des kunstbeschützenden
Königs Ludwig von Bayern fertigten die vereinten Künstler
im Jahre 1855 ein Album, dessen Uebersendung der König
durch ein huldvolles Schreiben erwiederte.
Aus neuester Zeit sind noch zwei Werke zu nennen,
von Mitgliedern des Künstlervereins geschaffen, auf deren
eines mehr indirect der Verein wohlthätigen Einfluß aus-
geübt hat, ich meine den Altar von St. Catharinen*, deren
anderer aber in Folge einer Concurrenz unter seinen Glie-
dern der Verein gewählt und zur Ausführung empfohlen
hat, das Altarbild jür die Nortorfer Kirche, Christus am
Oelberge, von C. Schuback, gegenwärtig in Düsseldorf,
gemalt. ' -

* E. Deutsches Kunstblatt No. 14 v. I.
 
Annotationen