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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0209
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ganzen Sinne des Wortes zu betrachten), als Mann der Wissen-
schaft, nicht als Geistlichen dargestellt. Mit edlem, gläubigem
Ausdruck blickt das Auge des Denkers in die Höhe, dessen großer
Gottesdienst die Erkenntniß der göttlichen Gesetze war, und ein
schöner Ausdruck dankbarer Ehrfurcht verklärt diese sprechenden,

Entfernungen der Sterne vom Scheitelpunkt und demzufolge ihre
Höhen. Ich besitze ein derartiges, ganz aus Holz gefertigtes
Instrument, das ehemals Eigenthum des bekannten unvergleich-
lichen Kopernikus gewesen, und zwar, wie man mir berichtet,
seiner eigenen Hände Werk. Es wurde mir als Geschenk zuge-


von Charakter erfüllten Züge, die von unendlicher Arbeit und
mannigfachen Leiden ihr festes Gepräge erhalten haben; während
die begeistert erhobene Rechte zum Himmel weist, den der for-
schende G ed a nke der Menschheit auf's neue und gleichsam zurück
gewonnen. Die edelste Einfachheit der Darstellung hat dies
alles zu erfassen und zu vergegenwärtigen gewußt. Neben dem
Astronomen trägt eine kleine Atlassigur die Erdkugel, über die
eine Karte mit der Angabe des kopernikanischen Systems gebreitet
ist, die auf diese Art bis zur Pulthöhe an der Figur hinaufreicht.
So dient sie dem linken Arm zur Stütze, der das Instrument
hält, mit dem der Entdecker des wahren Weltsystems die Bahnen
der Himmelskörper maß. — Dies einfache, ganz originelle, und
in seiner rohen Form so geheimnißvolle Instrument war dem
Künstler durch eine Beschreibung bekannt worden, die ihm zugleich
nachwies, wo er das Nähere darüber finden könne. Tycho Brahe
macht interessante Mittheilungen darüber in seinem Buch „^stro-
noinius iustauratae meolmniea", das zu Nürnberg 1602 erschien.
Er gibt daselbst eine Abbildung und sagt in der Erklärung der
Construction und des Gebrauchs: „Dies parallatische Instrument,
das man sonst die ptolemäischen Stäbe nennt, mißt vermittelst
einer sehr einfachen Einrichtung, mit drei Stäben nämlich, die

schickt von dem Herrn Johannes Hannovius, Canonicus zu War-
mie, wo Kopernikus ehemals gelebt hatte: als ich im Jahre 1584
einen von meinen Schülern, die mir bei astronomischen Unter-
suchungen Hülfe leisten, mit einem Sextanten dorthin abgeschicki
hatte, um die Polhöhe zu Warmie damit aufs genaueste zu
messen .... Als nun dieser mein Schüler zu mir zurückkehrte,
brachte er zwar den Sextanten, den ich ihm mitgegeben, nicht
völlig unverletzt wieder, dafür aber hatte er dies andere paralla-
tische Instrument des Kopernikus, das der genannte Canonicus
mir zum Geschenk übersandte; und sobald ich es erblickte, gefiel
es mir, obgleich es von Holz und zum Gebrauch untauglich war,
wegen des Andenkens an den großen Mann, der es sollte verfertigt
haben, so sehr, daß ich mich nicht enthalten, konnte, allsogleich
ein heroisches Earmen zu machen, das in meinen astronomischen
Briefen, Th. I, S. 295 ff., zu finden ist. Ja ich ließ auch bald
nachher nach Dem Muster desselben ein anderes verfertigen, mit
Messingblech überziehen und mit einigen Veränderungen und Zu-
sätzen zu bequemerer Benutzung einrichteu: so, wie'es die beige-
fügte Abbildung darstellt." Die folgende Beschreibung Tycho's,
die das Instrument mit seinen Mängeln kritisch betrachtet s gibt
uns einen um so höheren Begriff von der Genialität des großen
 
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