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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0304
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Neunter

Jahrgang.


Redigirt von Friedrich Eggers in öerlin.


Die historische Kunstausstellung in München. '

Schon auf der Künstlerversammlung zu Bingen im Jahre 1856
— dem ersten allgemeinen deutschen Künstlertag — war der Ge-
danke einer allgemeinen deutschen, durch die Künstler zu bewirkenden
Ausstellung aufgetaucht. Frankfurt a. M. wurde zum Orte aus-
ersehn. Ungünstige Verhältnisse jedoch, namentlich der Mangel
eines geeigneten Lokals, verhinderten die Verwirklichung, und die
zweite Versammlung, welche im Herbst des vorigen Jahres in
Stuttgart stattfand, führte zwar in größerer Anzahl die Künstler,
nicht aber ihre Werke zusammen. Auf's Neue wurde indeß der
Plan in's Auge gefaßt. Die Verzögerung hatte das Interesse an
ihm nicht erkaltet, .sie hatte ihn nur reifer gemacht. Es hatte sich
damit ein Gedanke verbunden, den schon im Jahr 1854 bei Ge-
legenheit der die Industrie-Ausstellung begleitenden Kunstschau
Anton Teich lein vergeblich durchzusechten versucht hatte, der
Gedanke an eine historische Ausstellung. Daß dies ein sehr
wesentlicher Moment ist, den Werth einer Anhäufung von Kunst-
werken zu erhöhen, liegt auf der Hand. Auch jene Ausstellung von
1854 hieß eine deutsche, und doch trug sie nur das Angesicht von
einer größeren Münchener, d. h. es war der Kunstfleiß der
Münchener Werkstätten ausgelegt, umgeben von manchen, ja vielen
Zeugnissen der Production aus anderen deutschen Werkstätten.
Es war kein anderer Plan darin als der, möglichst viele gute,
aber fertige Kunstwerke zum Anschauen und zum Verkauf auf
einem für vortheilhaft geachteten Markt auszustellen. Anders das
diesjährige Unternehmen. Hier sollte der Einzelne nicht mit seinem
neuesten, etwa verkäuflichen, hier sollte er mit seinem besten Werke
erscheinen; hier sollten sich die Kunsthauptstätten, die Schulen
möglichst vollständig und planvoll vertreten zusammenfinden; und
dies sollte endlich nicht nur in Bezug auf die Gegenwart gesche-
hen, nicht nur die Werke der Lebenden sollten hier zeugen, sondern
man wollte, in die Vergangenheit zurückgreifend, wenigstens noch
dasjenige dem Auge mit darbieten, welches dem heutigen Zustande
der Kunst, welchen wir immer einen blühenden nennen dürfen,
voraufging und ihn erklären hilft. Das Wiederaufblühn der Kunst
zu Anfang dieses Jahrhunderts schien ein passender Anfangspunkt,
der Name Carstens am Ende des vorigen Jahrhunderts der beste
Markstein, von dem die Künstlerreihe zu beginnen sei.
Daß das ganze Unternehmen planvoller angegriffen und
vollständiger durchgeführt werden konnte, ist keineswegs in Abrede
zu stellen, ohne daß man den Fleiß und die Ausdauer derjenigen,
welche sich bei seiner Verwirklichung hervorgethan haben, zu unter-
schätzen braucht. Es kam aber der Sache zu Statten, daß die
gesunde Idee, einmal hinausgeworfen ilLs Leben, überall auf frucht-
baren Boden fiel, überall Anklang fand und sich dann weiter
entwickelte. Voll Bescheidenheit und mit Recht hob Dietz in seiner
Eröffnungsrede, welche derjenigen des Cultusministers und des
Deutsches Kunstblatt. 1858.

Sekretärs der Akademie folgte,* die günstigen Bedingungen her-
vor, welche dem Unternehmen zu Hülfe kamen.
Eintretend in den Glaspalast, sah man den linken Flügel von
der Kunst, den rechten von einer Lokal-Industrie-Ausstellung in
Anspruch genommen. 2m Mittelraum warf, von frischem Grün
umgeben, der große Springbrunnen seine Strahlen, Orangerie
umgab die mit Gobelins ausgeschlagenen Zelte der Conditoreien.
Ein sehr zweckmäßiger Wändebau theilte den großen Raum
in die für die Betrachtung bequemen Abtheilungen. An den
Seitenwänden entlang, Seitenlicht benutzend, zogen sich 22 Kabi-
nette für die Bilder von kleinerer Ausdehnung. Mit dem Rücken
gegen sie gelehnt und sich nach Innen öffnend, das Licht also von
oben empfangend, lagen 16 größere Logen neben einander. In
der Mitte entlang erhob sich dann der s. g. Jnnenbau, größere
und kleinere Säle und Logen bildend, welche nach irgend einem
hervorragenden Kunstwerk darin benannt waren. Die beiden größten
Säle bildeten die Endpunkte und waren nach den beiden Königen
benannt. Im Saal Sr. Maj. des Königs Max stand sein Por-
trait, lebensgroß in ganzer Figur von J. Bernhardt ausgeführt,
auf einer mit Teppichen belegten Erhöhung unter einem Baldachin
von Purpursammt mit Gold. Im Saale des Königs Ludwig sah man
sein Brustbild von Dürk, in nicht minder entsprechend geschmückter
Umgebung. Der Mittelsaal versammelte besonders reich die Werke
der Plastik und war darnach benannt. Die übrigen Logen, die
der „Völkerscheidung," der „Kreuzigung," der „apokalyptischen
Reiter," der „Engel" hatten ihre Benennung nach den bekannten
Cartons von Cornelius und Kaulbach erhalten. Im
Uebrigen war dieser Mittelraum überhaupt für die größern Werke
monumentalen Charakters bestimmt: außer den Cartons der beiden
angeführten Meister fand man deren von Veit, Steinle, Rethel
und Andern nebst den Zeichnungen von Overbeck, Führich, Genelli,
Schwanthaler, Schnorr, Schinkel, und vor Allen die Werke von
Asmus Jacob Carstens. Die zuerst erwähnten Logen und Kabi-
nette aber stellten die Beiträge der fünf großen Kunststädte
Berlin, Düsseldorf, Dresden, München und Wien zusammen. Die
architektonischen Zeichnungen hatten abgesonderte Räume erhalten.
Der Hauptwerth und Hauptreiz der ganzen Sammlung von
Kunstwerken, wie sie da erschien, bestand in der strengen Sichtung und
in dem Zusammenstrom aus allen Gegenden und Kunststätten von
Deutschland. Minder darf der historische Charakter betont werden.
Es fehlte manches Werk abgeschiedener Meister, ja es fehlten
sogar Namen, welche nicht entbehrt werden dürften, wenn von
einer historischen Ausstellung die Rede sein sollte; es fehlte
auch mancher Lebende, während Andere wieder nicht ausreichend
oder nicht charakteristisch vertreten waren: — immer aber durfte
das Vorhandene anziehend, lehrreich und bedeutend genannt wer-
den. Auch bietet München in seinen öffentlichen Monumenten und
* Vergl. Augustheft d. I.

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