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Eggers, Friedrich [Hrsg.]
Deutsches Kunstblatt <Stuttgart>: Zeitschrift für bildende Kunst, Baukunst und Kunsthandwerk ; Organ der deutschen Kunstvereine &. &. — 9.1858

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https://doi.org/10.11588/diglit.1202#0348
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H

durch die eigentümliche Vereinigung von emporstrcbender Mann-
haftigkeit des Ganzen und ausgesuchter Zierlichkeit der Einzel-
seiten, die der Nordfa^ade des mittleren Schlosses durch die
stattliche Ausdehnung und die reichen, malerischen Giebel am
meisten auszeichnet. Von den Holzschnitten der inneren Räum-
lichkeiten ist besonders Meisters großer Remter gelungen. Zu-
nächst hebe ich eine Ansicht des zweiten Kellerraums unter dem
Conventsremter als Beispiel hervor, wie unvergleichlich diese Ar-
chitectur jedem Raum den Charakter seines Zwecks aufzudrücken
weiß. Besonders dankenswert ist jedoch am Ende die hübsche
Ansicht des sehr zierlichen, viel zu wenig bekannten gothischen
Rathhauses der Stadt Marienburg. Auch die genaue Angabe
der Maße der einzelnen Räume wie der ganzen Barken verdient
noch besonders erwähnt zu werden. Ich kann daher den Kunst-
freunden di-ses Büchlein über die Marienburg, welcher kein an-
derer, weltlichen Zwecken gewidmeter, gothischer Bau an Vereini-
gung von consequent durchgeführter Zweckmäßigkeit mit wunder-
barer Schönheit und Gediegenheit in der Ausführung des Ein-
zelnen gleich kommt, mit voller Ueberzeugung empfehlen.
G. F. Waagen.

Portraitkatalog. Verzeichniß einer reichhaltigen Sammlung von
Portraits berühmter Personen, in E. H. Schröder's Buch- und Kunst-
handlung in Berlin. Erstes Heft. — 1677 Nummern von Bildnissen
aus allen Lebenskreisen. Seltene Blätter darunter von G. F. Schmidt,
Edelink u. a. So ist z. B. das wegen der wenigen davon genommenen
Abdrücke seltene Portrait des Jakob Mounsay von Schmidt auf 60 Thlr.
gewerthet. Von Friedrich dem Großen sind allein 67 verschiedene Dar-
stellungen vorhanden; daneben manches Blatt aus den nicht in den
Handel gekommenen Werken des königlichen Philosophen. Nachträge zu
diesem Verzeichniß sind zugesagt.

Leonardo da V'nci. Ein Vortrag von K. B. Stark, Separat-
Abdruck aus dem Album des pädagogischen Seminars an der Universität
Jena. — Ein nach den besten Quellen gut zusammengestelltes Lebens-
bild des großen Florentiners.

Wriefe.

0!

Halbig's Platcn-Statue. Sculptur i» München. — Rictschel und das Luther-Denkmal.
In der königl. Erzgießerei war Vieser Tage die Statue Platen's,
vor Absendung nach des Dichters Heimath, nach Ansbach, aus-
gestellt. Ich hatte Rühmenswerthes von dieser neuen Schöpfung
des hiesigen Bildhauers Halbig gehört; dem muß ich nun frei-
lich gründlich widersprechen. Die handfertige Geistlosigkeit, mit
der dieser Künstler ein monumentales Werk nach dem andern zu
Tage fördert, hat ihn auch hier nicht im Stich gelassen. Der
ausdruckslose Kopf, der nur auf eine ganz prosaische Aehnlichkeit
Anspruch machen kann (und überdies durch seine unverhältniß-
mäßige Größe auffällt), die gleichgültige Geberde, die ganze sche-
matische Behandlung stimmen wohl unter sich, aber nicht mit der
Idee eines künstlerischen Monuments zusammen. Der Dichter
hat sich den nothwendigen Mantel nach dem Bedürfniß des Mei-
sters umlegen lasten müssen, und man kann nicht verkennen, wie
sorgsam es ihm eingeübt worden ist, die nachlässig hingeschriebe-

nen Falten mit der Linken bedächtig festzuhalten. Das alles hat
der Guß freilich mit großer Meisterschaft wiedergegeben; wie man
denn die Leistungen unserer Erzgießerei und ihres wackeren Vor-
stehers Miller immer von neuem anzuerkennen hat. Aber was
hilft es? Die ästhetische Empfindung wird dadurch nicht aufge-
heitert. Ich dachte mir, als ich vor diesem Platen stand: man
kann zwar immer noch wünschen, ein rühmenswerther deutscher
Dichter zu werden; aber wenn nun die Bedingung dabei wäre,
daß man sich von Halbig müßte verewigen lassen —?
— Dies Urtheil ist nicht zu streng. Die Platen-Statue ist
noch lange nicht das unerfreulichste von Halbig's Werken. Man
kann die leichtfertige Manier nicht entschieden genug verwerfen,
mit der er den dankbaren Patriotismus auf die Beine stellt und
in die herkömmlichen Falten legt; mit der er Schwanthalers Schat-
tenseiten, — seine hastige, ungründliche Arbeit, seine plastische
Schreibart —, permanent zu machen weiß, ohne ein entsprechen-
des Maß von dessen innerem Reich thum ererbt zu haben.
Halbig repräsentirt geradezu diese flüchtige Bilderschrift, die hier
zu Lande die öffentlichen Plätze mit ihrer Prosa und ihrer Arm-
seligkeit bevölkert; nnd es ist nicht gut, diese Erscheinungen ohne
Weiteres zu übergehen, weil sie nicht wenig dazu beitragen, den
Sinn für die künstlerische Gewissenhaftigkeit, für die liebevolle
Durcharbeitung, ohne die der Plastik alle natürliche Begabung
nicht zu hohen Aufschwüngen verhelfen kann, auf das empfindlichste
zu beeinträchtigen. Und zugleich drängt sich auch die Erwägung
auf, wo es denn mit der eifrigen Treue unseres patriotischen Ge-
dächtnisses hinaus soll? Wenn es nicht im Denkmal selbst einen
würdigen künstlerischen Ausdruck findet, hat es, nach meiner Ge-
sinnung, nur eine sehr dürftige Bedeutung und einen unverhält-
nißmäßig geringen Werth. Das bloße Factum, einen großen
oder verdienten Mann nach seinem Tode in Stein ausgehauen
oder in Erz gegossen zu haben, thut vielleicht dem deutschen Phi-
lister wohl, aber nicht der deutschen Nation. Im Gegentheil,
würde dieser Denkmälerdrang, der sich jetzt in zahlreichen Com-
mitten, Aufrufen, milden Beiträgen über Deutschland ergießt, ir-
gendwie zum fabrikmäßigen Betrieb, so würde er werthlos wer-
den. Griechenland war gefüllt mit monumentalen Werken, und
nie hat ein Volk seine hervorragenden Geister lebhafter und reich-
licher gefeiert; aber es sprach sich darin zugleich ein künstlerischer
Drang aus, — den Werth der Einzelnen sinnlich dauernd fest-
zuhalten, zur Freude des Auges, zum Schmuck der Plätze, zur
Zierde der Nation, die zu solchen Söhnen auch solche Verherr-
liche derselben besessen. Unsre Sculptur ist gerade besonders
mächtig auf diese monumentale Bahn gewiesen; sie müßte einen
großen Theil ihrer Bedeutung- und ihrer Lebenskraft einbüßen,
wenn gerade hier ein fruchtbarer Boden für geistloses Machwerk,
für jegliche Verflachung und Copirung der äußerlichen Tradition
freigegeben würde. Einem derartigen Uebergreifen steht freilich
noch die Rauch'sche Schule mit allen ihren Verzweigungen wirk-
sam entgegen. In München aber fehlt diese Zucht einer ern-
sten Tradition und einer begeistigten Regel. Die große Ausstel-
lung brachte das wieder mannigfach zur Anschauung. An ur-
sprünglicher Begabung ist hier im Grunde kein Mangel; formale
Gewandtheit, lebendige Auffassung, Anmuth und Frische der Mo-
tive springen Einem oft sofort entgegen und Hallen für eine Weile
fest; aber der wahrhaft plastisch geschulte und geläuterte Sinn,
der nicht eher zufrieden ist, als bis er seinen Werken bis in's
Letzte hinein Leben, Charakter und Form gegeben, ist nur hin
und wieder, vereinzelt und ohne irgend welchen einheitlichen Halt,
anzutressen. Die mittelalterliche Kunstübung spielt hier noch im-
mer, in natürlichem Zusammenhang mit vielerlei Formen des Le-
bens, neben den Einflüssen der modernen Richtungen und Erfolge
in der hergebrachten Weise fort; jene liegt im Blut, ohne doch
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