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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Commichau, Felix: Rudolf Bosselt
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0109
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Rudolf Bosselt.

TOT

Als man bei der Gründung
der Darmstädter Künstler-
Kolonie darauf bedacht war,
in der zu berufenden Künst-
lerschaft auch einen nam-
haften Vertreter deutscher
Medaillen-Kunst und Klein-
Plastik zu besitzen, verfiel
man sofort auf die Persön-
lichkeit Bosselt's. Im Juli
1899 siedelte er nach Darm-
stadt über, wo er nun eine
reichhaltige Thätigkeit ent-
wickelte, die durch die zahl-
reichen Abbildungen des
vorliegenden Werkes nach
Möglichkeit illustriert wird.

Was die eigenartige
Gestalt unserer heutigen
Plakette anbelangt, so
stellt sie sich eigentlich als
eine erweiterte Form der
Medaille dar, die wiederum
ihren Ursprung von der
Geldmünze herleitet. Me-
daille und Plakette, beide
dienen sie einem ethischen
Zwecke: der Erinnerung.
Sie sind gewissermaassen,
etwas profan ausgedrückt,
Taschen und Zimmer-Denk-
mäler zur Erinnerung an
öffentliche und private Er-
eignisse, zur Erinnerung an
liebe Personen. — Des Plaketteurs künst-
lerische Mittel sind ungemein eng be-
grenzt. Der winzige Raum nur zwischen
der höchsten Erhebung des Reliefs und
zwischen dem eigentlichen Grunde der
Metall-Fläche, der in den seltensten Fällen
die Höhe von 1—3 mm überschreitet, steht
seinen Formen zur Verfügung; in diesen
muss er Dimensionen, die in Wirklichkeit
beträchtlich sind, hineinschränken. Er wird
daher in seinen Darstellungen vorzüglich die
Objekte derart arrangieren müssen, dass sie
in dieser körperlichen Zusammendrängung
am wenigsten von ihrem Karakteristikum
einbüssen. Deswegen wird er, wenn er Ge-

RÜDOLF BOSSELT—DARMSTADT.

Eiektr. Lampe (Seiten-Ansicht).

stalten in der Bewegung zeigen will, in fast
allen Fällen die seitliche Darstellung wählen
müssen; deshalb wird er, wenn ihn nicht
ganz besondere Gründe zu anderem zwingen,
das menschliche Gesicht stets im Profil zeigen,
und dies ganz besonders beim Porträt. Sind
doch die Flächen-Unterschiede des mensch-
lichen Gesichts, von vorn betrachtet, so be-
deutend und für dessen Ausdruck so ungemein
karakteristisch, das Zusammenziehen all dieser
beträchtlichen Dimensionen dagegen bei einem
Enface-Porträt in Relief unbedingt geboten,
dass den Künstler, der hier Aehnlichkeit
anstrebt, die Mittel seiner Kunst im Stiche
lassen. Wir begegnen daher Enface-Porträts

1902. III. 2
 
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