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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Deutsche und russische Malerei auf der Darmstädter Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0136
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i28 Deutsche und russische Malerei auf der Darmstädter Ausstellung.

VALENTIN SSEROFF—ST. PETERSBURG.

Winter - Szenerie. Oel - Gemälde.

Iskousstva«, deren Überführung nach hier
der Grossherzog persönlich veranlasste, als
er mit dem Kaiser von Russland ein Jahr
zuvor die Ausstellung dieser fortschritt-
lichsten russischen Künstler - Gruppe in der
Akademie zu St. Petersburg besucht hatte.
Beteiligt hatten sich: Alexander Benois,
Michael Wroubel, Ph. Maljawin, Konst.
Ssomoff, K. Korowin, Val. Sseroff und der
Bildhauer Fürst Paul Troubetzkoy aus Mos-
kau. Rein technisch betrachtet, sind diese
durchweg hochbegabten Russen durchaus
die lachenden Erben des Westens. Sie haben
wohl alle in Paris oder in München studiert
und machen auch in den Kunst - Salons
dieser Städte durchaus gute Figur. Ein
so virtuoses Porträt, wie das der Baronin
von Wolf von Maljawin muss überall den
Beifall der Kenner entfesseln. Das Spezifisch-
Slavische tritt jedoch nur erst zaghaft her-
vor. Allein es lässt sich nicht verkennen,
dass Einige unter dieser Gruppe bestrebt
sind, nunmehr die im Westen errungene
Technik eigenem Empfinden und slavischem
Fantasie-Leben unterthänig zu machen: dafür

können Sseroff's »Winter-Szenerie«, Wroubel's
»Heiliger Satyr« und namentlich die präch-
tige »Hausfrau« Korowin's als Beispiel
dienen. Diese Frau ist ganz eine Ver-
körperung slavischer, gutherziger Lebens-
freudigkeit, so durchaus frisch, kräftig und
poesievoll aufgefasst, dass wir darin ein sehr
glückliches Symbol für das Fortschreiten der
russischen Kunst erkennen dürfen. Auch die
kühnste Fantasie vermag kein ungefähres
Bild von der Kultur-Verfassung Europa's zu
geben, innerhalb deren man einmal von
»russischer Kunst« reden wird, wie man
jetzt von einer englischen oder deutschen
spricht. Deshalb überkommt es uns stets
wie ein Hauch künftiger grosser Dinge, so
oft wir Zeugnissen slavischer Kultur-Arbeit
gegenübertreten, die nicht, wie so vieles,
was man uns dafür ausgeben möchte, nur
krankhafte oder äusserliche Imitation west-
licher Errungenschaften sind, sondern von
dem Schaffen eines eigenen Geistes im
Slaventum Kunde bringen. Das ist der ge-
heimnisvolle Schauer, der auch aus einigen
dieser Bilder uns entgegenwehte. —
 
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