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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 9.1901-1902

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Fuchs, Georg: Carl Max Rebel - Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6454#0268
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256

Georg Fuchs: Carl Max Rebel—Berlin.

CARL MAX REBEL.

•»Frau im schwarzen Schleier

waltigste und schwerste Macht-Problem, wie
denn die grössten unter den Künstlern alter
Zeit, ein Äschylus, ein Phidias, ein Dante
gleich unerschütterlichen Gewalt-Herren die
Jahrhunderte an ihren Füssen vorüber-
schwinden sahen und sehen werden — wie
lange noch. Es fragt sich wirklich, ob die
hiergegen explosivartig - kurz verlaufende
Wirkung kriegerischer und politischer Gewalt-
Menschen an momentaner Intensität so
unendlich viel stärker ist, dass sie der dauernd
anwachsenden, am Ende geradezu in's Gött-
liche gesteigerten Machtstellung solcher
Könige im Geiste die Wage halten kann.

Stolze Persönlichkeiten — und solche
sind stets Meister der Selbsterkenntnis —,
welche sich bewusst werden, dass ihnen eine
so königlich erhobene Stellung unter den
Künstlern nicht vorbehalten sei, werden es
in Zeiten veredelter Lebensführung stets
vorziehen, ihre seelische Kraft gesammelt
auf die Gestaltung einer eigenen Geste, einer
eigenen Lebenshaltung, einer eigenen Melodie
der Persönlichkeit zu richten, und sich so
selbstherrlich zu entfalten, statt sie in Kunst-

Werken dieser oder jener Gattung, aus-
genommen die fürstliche Kunst der
Verse, aus sich heraus zu stellen und
so zu modeln, dass es einer möglichst
grossen Zahl von Zeitgenossen gefällig
und zur Verwendung bei der Aus-
stattung ihrer Häuser und ihrer Da-
seins-Formen tauglich erscheint. Immer,
Tanz und Dicht-Kunst, insoweit sie
erlauchter Namen würdig ist, ausge-
nommen, erscheinen die Künste in der
Welt-Geschichte durchaus nicht als eine
Übung der Hoch- und Edel geborenen,
sondern fast immer, und je mehr Hand-
werk sie enthalten um so sicherer, als
das Wirken ausserordentlicher Söhne
des »Volkes« und — auch hier wieder
der religiösen Sphäre nahegerückt —
als ein Mittel, durch welches solche
aus dem Kleinbürgertum, aus der
Bauern-, ja aus der Knechtschaft
stammenden Männer voll überschwäng-
licher Kraft oder auch zäher, unermüd-
licher Geschicklichkeit sich empor-
schwingen zur Höhe und zum Glänze
des Lebens, und das in ihrer Hand zum
Schlüssel wird, der ihnen die goldenen Thüren
der Paläste eröffnet. Diejenigen aber, welche
geboren sind in den Schlössern, nahmen die
Meister auf in ihren Befehlsbereich und er-
wiesen sich, wie das Beispiel der grössten
Fürsten der Renaissance uns lehrt, viel
weniger geneigt, ihnen zu huldigen, als sie
nach eigenem Gutdünken zur eigenen All-
Entfaltung und zur Verewigung eigenen
Geistes gebieterisch zu nutzen.

Vorausgesetzt, dass wir recht haben,
wenn wir die Höhe einer Kultur danach
bemessen, wie weit sie das elementare, rohe
Leben übersetzt hat zu einem verfeinerten,
geformten, müssen wir auch zugeben, dass
es einen Verlust an kulturschaffender Kraft
bedeutet, wenn viele ausserordentliche Geister
sich in dem Ringen nach Einzel-Kunstwerken
erschöpfen, statt sich dem Leben selbst zu-
zuwenden, es da oder dort zu fassen und zu
gestalten. Sei es die Lenkung der Staaten,
sei es die Einrichtung von Haus und Hof,
sei es die öffentliche Rede, sei es intime
Geselligkeit, sei es Tanz und Spiel, Erziehung,
 
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