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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Weinmayer, Konrad: E. M. Engert, München: neueste Silhouetten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0101

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E. M. Engert-München. Neue Silhouetten.

das Ganze ruhig und
fließend. Die Hände zu
Schalen geformt, durch
die reinste Form des
Empfängers die An-
schaulichkeit übertrei-
bend. — Weibliche Ge-
stalt — mit einem Bein
auf der Erde knieend,
das andere aufgestellt,
der ganze Oberkörper
eben im Begriff mit dem
Arm sich drauf zu stüt-
zen. DieBewegungnicht
ausgeführt. Ein über-
sensitives Horchen im
ganzen Oberkörper, der
Kopf tierisch lauernd,
die Hände gereizt zu-
spitzend, das Ganze in
starken Kontraposten,
die eine Schulter hoch-
gezogen — die andre
gesenkt, — Salome —
genannt. Ein Marabu,
in seiner ganzen unor-
ganischen Form, wie alle
Engertschen Tiere glän-
zend beobachtet mit sei-
nem überlangen, zum
Mechanisieren der Be-
wegungen förmlich rei-
zenden langen Hals und
dem großen Kopf mit
dem glotzenden Auge
drauf und drunter, unter
seine schützende Linie
genommen, eine sitzen-
de Gestalt — Hiob —
Meyrincks Bücher wa-
ren „ in der Luft gelegen "
und so kam es auch,
daß sofort nach ihrem
Erscheinen eine Reihe
von Illustrationen dazu
auftauchten, alle viel zu
erdenschwer. Engert ist
mit seinen unwirklichen
Schattenbildern zum
„Lustmörder Babinski"
aus dem Golem und der
kleinen Geschichte vom
Löwen Alois aus den
Fledermäusen dem We-
sen dieser Geschichten
weit näher gekommen.
Der Mann in der Glocke

E. M. ENGERT. GESCHNITTENE SILHOUETTE »BALLSPIEL«

E. M. ENGERT—MÜNCHEN. SILHOUETTE »BALLSPIEL«

unterm Galgen, der Flö-
tenspieler und die Tat
des Lustmordes selbst
sind von großem Reiz,
das letzte zählt zu den
besten Blättern des
Künstlers. In seiner gan-
zen Breite steht der
Überriese da, den Dolch
gezückt, zwischen den
gestiefelten Beinen das
Opfer. Jedes der 3 Blät-
ter grundverschieden
vom andren in Aufbau
und Rhythmus, das letz-
te an die Tänzerin erin-
nernd, nur flockiger. —
Der Löwe Alois, der
unter die Schafe ging
und Schafmilch trank,
wieder ein Blatt von au-
ßerordentlicher Schön-
heit in Form und Be-
wegung und das Spiel
des Löwen Alois mit der
Verwandten. — Es gibt
heute garnichts auf dem
Gebiet der Silhouette,
das sich mit Engert
messen könnte. Er hat
der Silhouette den Weg
in die moderne, große
Graphik eröffnet. Der
Hohn ist sein Gebiet,
er ist unerschöpflich und
sprudelt, alles belebend,
durch seine glänzenden
Formen, bald stärker,
bald schwächer. — Hier
gärt eine Kraft, deren
Bedeutung weit über
diese Blätter hinausgeht
und von der wir — das
zeigen uns außer diesen
zum größten Teil im
Feld entstandenen Sil-
houetten seine unzäh-
ligenZeichnungen, seine
Holzschnitte und Radie-
rungen — noch sehr
viel zu erwarten ha-
ben. . . . DR. WEINMAYER.
Ä

Der Skizzist ist immer ein
bischen übertrieben im
Ausdruck. Selten fällt er in
den Fehler, zu weich oder
unbedeutend zusein. Goethe.
 
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