Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten (40.1917)

Venchiedenart künstlerisc/ten Empfandens.

E. M. ENGERT—MÜNCHEN. GESCHNITTENE SILHOUETTE »DIANA«

Künstlerischen im Kunstwerk sind sie damit
um keinen Schritt näher gekommen. Diesem
gegenüber bedarf es eines ganz besonderen
Sehens, eines Sehens, das unter völliger Aus-
schaltung des Verstandes nur empfindet, was
ihnen im Kunstwerk in rein formaler und far-
biger Hinsicht entgegentritt und dieses richtig
einzuschätzen weiß. Derartig unnormal ver-
anlagte Menschen sind in der Regel übel daran.
Sie mühen sich oft ab, so viel sie nur können,
machen Reisen, hörenVorträge und lesen Bücher,
alles nur, um möglichst tief in das Heiligtum
der Kunst einzudringen und sind schließlich
nach allem Aufwand an Energie und Zeit und
Geld ebensoweit, wie zuvor. Ein Glück für
sie, daß sie die ganze Trostlosigkeit ihrer ver-
lorenen Liebesmüh in der Regel selber kaum

merken! Um so schlimmer jedoch für die an-
deren und die Kunst selber! Weil sie sich redlich
bemüht haben, glauben sie auch etwas erreicht
zu haben, weil sie viel gesehen, glauben sie
auch wirklich gesehen zu haben. Sie wiegen
sich in Einbildungen, die zur Überhebung führen,
die völlig unbewußt sein kann, deswegen aber
durchaus nicht immer unschädlich. Es können
aus ihnen Kunstmäzene hervorgehen, die leicht
eine böse Pseudokunst beschirmen und fördern.
Es ist darum angebracht, daß wir uns dieser Tat-
sache, daß es völlig unkünstlerisch veranlagte
Menschen unter uns gibt, mehr als bisher, be-
wußt werden, damit wir sie fernhalten von
einem Gebiet, auf das sie nicht hingehören, auf
dem sie nur das größte Unheil stiften können.
Auch kann an ihnen alle Erziehungsmühe völlig