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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Bredt, Ernst Wilhelm: Welche Künstler belehrt "man"
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0113

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Welche Künstler belehrt -»man«- f

Häuser, also jeder Kunstgewerbler, Dekorateur
und Architekt einprägen, daß er unter allen
Künstlern der einzige ist, den „man" am besten
belehrt. Unbeschadet seiner Genialität! —
Genialität als Kunstgewerbler, als Meister an-
gewandter Kunst erwirbt sich vielmehr gerade
nur der, der aus dem Geschmack der mehr oder
weniger gesonderten Menge heraus die Formen
zu bilden weiß, die ihr unbewußt vorschweben,
die sie selbst aber nicht zu finden weiß.

So trennt eine tiefe Kluft die künstlerische
Bildung des einen und die des andern Künstlers.

Je weniger der Meister der freien Kunst auf
das geben und sehen darf, was „man" beliebt,
um so fester und tiefer muß der Meister der an-
gewandten Kunst das ansehen und erkennen,
was man liebt, wünscht, gewohnt ist oder haßt.

Die höchsten Vertreter beider Künste geben
aus tiefster Erkenntnis, aber der Nährboden der
Intuition ist bei dem einen ein ganz anderer,
als beim andern.

Das Gesichtsfeld des Meisters der angewand-
ten Kunst ist die Welt, die Literatur, die Ge-
wohnheit, das Behagen, das Verlangen, das
Theater, die Alltäglichkeit und Feierlichkeit die
„man" liebt. Der freie Künstler mag all diesen

Dingen fernstehen, mag ein Sonderling sein und
kann doch höchstes leisten. Die größten Meister
der angewandten Kunst, die erfolgreichsten, im
wirtschaftlichen wie imhistorischen Sinne, waren
dagegen Männer von Welt. Die Welt, in der
man sich langweilt, macht der rechte Meister
angewandter Kunst zu einer Welt, in der jede
Form das geistreiche Widerspiel der Menschen,
ihrer Anschauungen, Hoffnungen, Spielereien.

Wenn sonst für alle „los vom man" den Ruf
zum persönlichen Behagen und Gelten bedeutet
— der Kunstgewerbler und Architekt darf ihm
nicht Gehör schenken. Wer sich bemüht, der
Meister der angewandten Kunst seiner Zeit zu
werden, fühlt in sich die Aufgabe, die Welt in der
man lebt und schafft, unsterblich zu idealisieren.

Die Apotheose der allzusterblichen Welt des
kleinen „man" vollzieht sich in den Formen-
schöpfungen des großen Kunstgewerblers und
Architekten von Gottes Gnaden. Diese Künstler
belehrt „man"..................bredt.

Ä

Was wir mit Kunst bezeichnen, ist das Werk weniger
hervorragender Geister, aber der Künstler nährt
seinWirken aus dem künstlerischenTriebe seines Volkes,
wie umgekehrt der künstlerische Volksgeist nur durch
die Befruchtung mit dem Kunstwerk wächst. H. Wolgast.
 
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