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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Schulz, Fritz Traugott: Die Wiener in Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0136

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Die Wiener in Nürnberg.

JOSEF JUNGWIRTH—WIEN.

Schönheiten gesegnete Umgebung, und nicht
zuletzt das freie ungebundene Künstlerleben,
die Vorbedingung eines zwanglosen Blühen
und Gedeihens der Kunst. Die Schar der am
Ort ansässigen Künstler ist klein, ihre freien
Regungen sind durch die sozialen Verhält-
nisse stark gehemmt. Doch es wäre irrig,
wollte man wähnen, daß in einer Stadt der
Arbeit der Hunger nach Kunst fehlte. Das
gleichmäßige Stampfen der Maschinen, das
schwere Pochen der Hämmer, die qualmenden
Schlote der Fabriken, die schweren Anstren-
gungen der körperlichen Arbeit, sie verlangen
förmlich eine Befreiung vom Joch der drücken-
den Alltagslast, sie erheischen ein Gegengewicht
im Geistigen, in der Anregung, welche die Güter
des Schönen und Erhabenen bieten. Aller-
dings dauerte es in Nürnberg verhältnismäßig
lange, bis der unter der Decke äußerer Ungunst
bescheiden glimmende Funke zur Flamme auf-
loderte. Gar zu lange hatte man sich selbst-

gefällig im Ruhme vergan-
gener glänzenderer Tage ge-
sonnt, ehe die gebieterischen
Forderungen der Gegenwart
in ihrem Wert und in ihrer
Bedeutung für das soziale
Leben recht erkannt und
gewürdigt wurden. Nürnberg
besitzt trotz der im Jahre
1910 erfolgten Weihe des
Künstlerhauses noch keine
Galerie von der Bedeu-
tung, wie sie weit kleinere
Städte ihr Eigen nennen. Da-
für aber wurde ihm in der im
Jahre 1913 von dem kunst-
sinnigen Ehepaar Geheimrat
Dr. Oskar und Elisabeth
v o n P e t r i gestifteten Kunst-
halle am Marientor ein Aus-
stellungsgebäude geschenkt,
um das es sogar größere
Städte beneiden müssen.
Man wird es begreiflich fin-
den, wenn der Albrecht Dü-
rer-Verein, das einzige Organ
auf dem Gebiet der Pflege
der lebenden Kunst in Nürn-
berg, der längere Jahre in
den dumpfen Räumen des
Telegraphenamts - Gebäudes
am Hauptmarkt und dann im
oberen Geschoß des Künst-
lerhauses am Königstor ein
kümmerliches Dasein gefri-
stet hatte, nun die Gelegen-
heit zur freieren Entfaltung seiner Kräfte und
zur Erfüllung seiner eigentlichen Aufgabe ge-
kommen sah. Er stellte sich auf eigene Füße,
reformierte sein ganzes Ausstellungswesen und
lenkte es nach und nach in Bahnen, die der
Größe und Bedeutung Nürnbergs entsprechen.
Von dem Ernst, mit der er seiner Aufgabe ge-
recht zu werden trachtet, haben die Ausstellun-
gen der letzten Jahre zur Genüge Zeugnis abge-
legt. Im besonderen gilt dies von der Ausstellung
Österreichischer Künstler, mit welcher der Al-
brecht Dürer-Verein den Reigen seiner diesjäh-
rigen Ausstellungs-Unternehmungen eröffnete.

Die Ausstellung bietet kein buntes zusam-
menhangloses Nebeneinander möglichst vieler
Werke von möglichst vielen Künstlern aus dem
Lande der schwarz-gelben Grenzpfähle. Sie
ist tatsächlich — soweit zurzeit möglich — ein
Gesamtübersichtsbild österreichischer Kunst
schlechthin. Und darin liegt ihr Wert und ihre
Bedeutung. Sich zusammensetzend aus vier

GEMÄLDE »NACH DEM BALLE«
 
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