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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Lachmann, Ismar: Professor Philipp Franck
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0178

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Professor Philipp Franck.

lichkeit noch so gut wie unbekannt. Sie sind
voll Licht und Duft und sonniger Freudigkeit.
Hier schwelgt das Malerauge in der Glut reiner
ungebrochener Farbenflächen. Der Künstler
malt nicht die einzelne Blüte, nicht den Blüten-
strauß mit seinen Details von Stengeln, Büscheln
und Blättern. Ihn reizt nur das bunttupfige
Muster der leuchtenden Teppichbeete. Aus
Rot, Gelb, Oliv und Grün schafft er schimmernde
Harmonien, die das Leben im farbigen Ab-
glanz bespiegeln und ihr eigenes farbiges Leben
verströmen. Breitflächig sitzen die Flecken
nebeneinander und geben den vollen Eindruck
der Blütenwelt. Der Gluthauch der Sommer-
sonne lacht aus den Bildern und die fröhliche
Lust des beglückten Genießers. Auch die „Ba-
denden Knaben" sind Kinder des Sommers.
Knospende Körper, vom Licht überflutet, um-
glitzert vom Schaum der plantschenden Wellen.
Mit rechter Wonne hat Franck diese Jugend ge-
malt. Er belauschte ihr Körperspiel und sah
seinen Linienreiz auf dem Grunde der blau-
grünen Wasserfläche.

Sein Feinstes und Tiefstes aber holte der
Künstler von den Hängen zwischen Rhein, Main
und Lahn. Hier ist ihm alles lieb und vertraut.
Hier wohnt seine Jugend mit tausend Erinne-
rungen. Hier strömt ein Born, aus dem er beliebig
schöpfen kann. Vom Feldberg herab sieht er
auf weites grünendes Land. Prangende Wiesen
und fruchtgesegnete Äcker so weit das Auge
reicht. Und auf den Hängen bei Cronberg öffnen
sich grüne Kulissen mit sanft verklingenden
Linien. Nähe und Ferne scheinen sich hier zu
berühren. Goethe rühmte die heitere Sinnlichkeit
dieser Landschaft. Und schon als Jüngling er-
kannte der Dichter: „Welcher Sinn, welches
Talent, welche Übung gehört nicht dazu, diese
weite und breite Landschaft als Bild zu begrei-
fen". Philipp Franck hat diesem Land in die
Seele geschaut und hat sie nachschöpfend er-
schlossen. Er drang in die Weite und Breite
und fing sie ins Bild. Das Gesichtsfeld auf diesen
Bildern ist unbegrenzt. Vorn wogende Felder,
grünender Wald und lachende Fluren. Hinten
die ruhig ansteigenden Wellen der Berge in
endlos verschwimmender Flut. Der Feldberg
steckt seine grauverschleierte Spitze nur schüch-
tern heraus. Über sein Haupt spannt sich die
Bläue des Lichts. So umfassend der Ausblick,
nichts Panoramahaftes macht sich bemerkbar.
Der Reichtum der Landschaft ist treffsicher aus-
geschöpft. Ein Stück lachender, sprießender
Heimatserde enthüllt seine Schönheit. Franck
zeigt sie immer nur in der blühenden Pracht des
Lenzes und Sommers. Ihn reizt das saftige Grün
in seiner Vielheit von Tönungen und das wech-

selnde Spiel des Lichts auf Blättern undBüschen.
Auch im letzten Kriegssommer tauchte er friede-
suchend in die Welt seiner Jugend. Eine Reihe
der prächtigsten Landschaftsgedichte sind die
Frucht dieser Zeit. Eines der schönsten zeigt
das trauliche Häusergewirr Cronbergs, umgoldet
vom Strahl der sinkenden Sonne. Sein ganzes
Gemüt spricht aus der Innigkeit dieser Schil-
derungen. Er verfällt aber niemals in Süßlich-
keit. Sein Vortrag ist herb, herzhaft und erdfest
und seine Anschauung streng und unverfälscht.

Sein Stil ist das Ergebnis eines feinen Natur-
gefühls und langen angestrengten Studiums vor
der Natur. Was die Jugend von heute als
selbstverständlich mit auf den Weg nimmt, hat
er erst mühsam erkämpfen müssen. Manches
vom Überkommenen mußte er abwerfen, bis er
der Natur unbefangen gegenüber treten konnte.
Anfangs gibt er zuviel Einzelheiten. Allmählich
lernt er vereinfachen. Sein Strich wird freier,
seine Farbe heller und durchsichtiger. Seine
Hand gewinnt spielende Sicherheit, sein Auge
wird äußerst geschärft. Mit breitem energischem
Strich setzt er die Farbe auf. Er kennt keine
Untermalung. Jeder Pinselhieb sitzt. So gewinnt
sein Ton die volle Leuchtkraft und Schönheit.
Auch der Siebenundfünfzigjährige kennt keinen
Stillstand. Er strebt rastlos weiter in der Festi-
gung seines Stils. Selbstkritisch stellt er die
höchsten Forderungen. Zur Prüfung und Schär-
fung der Hand greift er oft zur Radiernadel oder
zum Zeichenstift und erprobt die Probleme, die
ihn erfüllen. So schuf er im Laufe der Jahre zahl-
lose Blätter als Vorstudien und selbständige Ar-
beiten. Nur wenig davon ist in die Öffentlichkeit
gedrungen. Wer einmal in seinem Wannseer
Künstlerheim weilte und einen Blick in die
Schätze verborgener Mappen warf, weiß, welche
Werte hier ruhen. Die ganze Entwicklung tritt in
diesen graphischen Arbeiten deutlich zutage.
Bildnisse und Figurenzeichnungen der jüngeren
Jahre zeigen die sorgsamste Feinheit und die
Kleinarbeit äußerster Wirklichkeitstreue. Über
Zwischenstufen kommt der Künstler auch hier zur
besonderen Ausdrucksform. Er vereinfacht die
Fläche und läßt nur noch die große Linie sprechen.
Der klare und offene Strich verdrängt die viel-
fachen Tonlagen. Im Wechsel von Schwarz und
Weiß bringt er den ganzen Reichtum an Über-
gängen und Tonwerten. In der Kaltnadelarbeit
hat er diese Art bis zur letztenVollendung geführt.

Philipp Franck steht heute auf der Höhe des
Schaffens. Seine Kunst ist urkräftig und boden-
ständig. Sie ist von echt deutschem Geist durch-
tränkt. Sein Werk ist stark genug, um sich
durchzusetzen und ihm den Platz zu sichern,
der ihm gebührt.................. i. l.
 
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