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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Beringer, Joseph August: Dem Andenken von Gustav Schönleber: geb. 3. Dezember 1851 - gest. 1. Februar 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0225

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Dem Andenken von Gustav Schönleber.

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PROFESSOR GUSTAV SCHÖNLEBER t

GEMÄLDE »ABEND IN D1EPENBRÜGGE« 1885.

Landschaft, für Leibi und für gewisse Trübner,
für Corots, Daubignys u. s. f. Auch liebe ich
Schwind bei Schack", sagte er einmal. Gerade
die Rivierabilder Schönlebers (Rapallo, Frut-
tuoso, Castello di Paraggi) werden gern mit
Böcklin in Zusammenhang gebracht. Der leuch-
tende Glanz des blauen Wassers, seine Durch-
sichtigkeit und die Mannigfaltigkeit der Zurück-
werfung und Spiegelung des Lichtes, wie sie
Böcklin zeigt, aber auch die düstere und san-
dige Färbung der Küstengewässer an der Nord-
see, in den holländischen Flußmündungen und
Hafengebieten, wie sie A. Achenbach erstmals
so naturwahr dargestellt hat: all das ist Schön-
leber eigen. Doch noch mehr: Er belebt seine
Bildfläche bis ins kleinste Fleckchen hinein mit
dem Zauber, den die Natur in verschwende-
rischer Fülle über jede ihrer Formen, jedes ihrer
Gebilde ausbreitet. Dabei bleibt er immer bild-
mäßig und verliert sich nie in das Detail, so
sehr er es liebt. Mit einer sicheren Bewußtheit
und Herrschaft weiß er die Massen anzuordnen,
zu gliedern und ihre natürliche Sprache sprechen
zu lassen. Sei es eine Stadtansicht, eine Stra-
ßenflucht, ein Mastenwald mit breiten Segel-
tuch- und Wasserflächen, das trauliche Gewirr
von Ziegeldächern oder des malerischen alten
Hinterhausfachwerkes, seien es die traulichen,

in Obsthainen versteckten Dörfchen, die Wei-
dengebüsche an Mühlbächen, herbe Vorfrüh-
lingstage in Schwaben oder melancholische
Küstenlinien und Stranddörfer im Mondschein,
seien es stolzaufstrebende Städte oder alte,
ehrenfeste, patinaüberhauchte Stadtüberreste,
trutzige Tore und Wachtürme, lastenbefahrene,
mächtige Brückenbauten der Heimat oder stille,
verschwiegene Stadtwinkel, verträumte Plätze,
Gassen und Wege in niederländischen Gebie-
ten: immer taucht Schönleber sie in den far-
bigen Zauber und die Gewalt eines in sich aus-
geglichenen und aus sich heraus ansprechenden
Kunstwerkes. Nie tritt er mit nur effektvoller
Herrlichkeit, immer auch mit freundlicher und
natürlicher Herzlichkeit an den Beschauer.

Dazu hilft ihm auch seine stets reinliche, in
Farbe und Zeichnung klare Technik. In dieser
hat Schönleber vielleicht die äußersten Span-
nungen erreicht, die seiner künstlerischen Ent-
wicklung zugänglich waren.

Von der disziplinierten Beherrschtheit der
kalten und warmen Töne, der dunkeln und
hellen Flecken, die in seinen Frühwerken
sprechen, geht er in den 80er und namentlich
in den 90 er Jahren zu einer leuchtenden und
glanzvollen, satten Farbengebung über. Aber
immer mehr entwickelt sich auch seine Meister-
 
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