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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Heckel, Karl: Schöpferische Kritik
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0234

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Schöpferische Kritik.

Worin dürfen wir nun das Gemeinsame solcher
Urteile erblicken, das sie als schöpferisch charak-
terisiert? Ich glaube darin, daß sie sich als
ideenbildend erweisen. Ohne Ideenbildung
ist keine Kritik schöpferisch. Diese Ideenbildung
aber ist nur möglich durch enthusiastische Ein-
fühlung. Wie der Schöpfungsakt in der Kunst
undenkbar ist ohne eine Temperaturerhöhung
der Gefühlswelt des Künstlers, so ist auch die
schöpferische Kritik nicht denkbar im Bereich
einer neutralen Interessenlosigkeit, sondern
einzig in einer enthusiastischen Anteilnahme
an der Kunst und ihren Zielen.

Leben und Kunst waren in der hellenischen
Kultur untrennbar verbunden. Eine Wieder-
geburt im Sinne der Griechen fordert, daß wir
diesen lebendigen Zusammenhang wieder her-
stellen. Ich rede nicht von der Kutist als deko-
rativem Luxus, ich rede von der Kunst als or-
ganisch gestaltender Kraft, als Kultur fördernder
Macht. Das Leben muß die Kunst und der
Kunsttrieb das Leben erfüllen. . . karl hkckkl.

HAUS UND HEIM. Ein Heim im vollen
Sinne des Wortes hat heute nur der, der
in der kleinen Stadt oder auf dem Lande lebt.
Die Großstadt reißt den Menschen in ihre Arme,
sie bestrickt und betört den, der sich ihr naht,
solange, bis er nicht mehr sich selbst gehört.
Und auch nicht seinem Heim. Dein Haus wird
dir fremd. Die Nachbarn, die auf dem gleichen
Flur wohnen, kennst du kaum. Dafür fühlst
du dich auf der Straße zuhause, in den Läden
und Schankstätten, in den Bahnen, in den
Fabrikräumen. Doch diese Orte, die allen ge-
hören, ein wirkliches Heim vermögen sie dir
doch nicht zu ersetzen, du bist überall „Passant",
und bist es auch in deiner eigenen Wohnung.
Nur das Eigenhaus auf dem Lande hat dich
ganz, du bist nicht mit deinem Sinnen und
Fühlen anderswo, es gehört dir und du gehörst
ihm, ungeteilt. Darum fühlt sich die Mehrzahl
unserer Mitmenschen heimatlos, weil sie in der
Großstadt zu leben gezwungen sind, die nie-
mandem ein Heim bietet.....anton jaumann.

LUDWIG KOZMAR- BUDAPEST. STANDUHR MIT SCHNITZEREI.
 
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