Vom Symbol in der Kunst.
ERNST MULLER-GRAFE—DRESDEN.
»SELBSTBILDNIS«
eilen Anschauung um. Wenn wir auf altgriechi-
schen und antiken Bildwerken die Götter von
riesiger Massivität, die Könige und Helden von
lebensgroßer Bedeutung, die Feinde und Bar-
baren aber klein, oft zwergenhaft dargestellt
sehen, so bedeutet das Umformung nach der
Idee. Hier entscheidet eben nicht die reale,
sondern die gefühlsmäßige Wahrheit: und in
dieser sind die Könige und Helden überlebens-
groß und die tückischen, gehaßten, besiegten
Feinde klein. Hier kann man wahrhaft sagen:
Kunst ist gleich Symbolik. Widerspiegelung
nicht des mit den Augen Sichtbaren, sondern
des mit meinem Glauben erlebbaren. Hier
beherrscht nicht die Natur das künstlerische Ich,
sondern umgekehrt: gespiegelt im Herzen eines
einzigen Menschen erscheint die Welt. Um dafür
noch ein anderes Beispiel anzuführen: auf pri-
mitiven Bildern sieht man einen selbst weit im
Hintergrund stehenden Baum oft groß, ja größer
als einen ganz im Vordergrund stehenden Men-
schen gegeben. Vielleicht ist das wirklich
Mangel an Perspektive. Aber dieser Mangel
hat seine Ursache in der Gleichgültigkeit des
Künstlers ihr gegenüber. Er braucht sie nicht,
denn nicht der Baum, nicht dieser, nicht ein
ERNST MULLER-GRAFE—DRESDEN.
»SELBSTBILDNIS«
eilen Anschauung um. Wenn wir auf altgriechi-
schen und antiken Bildwerken die Götter von
riesiger Massivität, die Könige und Helden von
lebensgroßer Bedeutung, die Feinde und Bar-
baren aber klein, oft zwergenhaft dargestellt
sehen, so bedeutet das Umformung nach der
Idee. Hier entscheidet eben nicht die reale,
sondern die gefühlsmäßige Wahrheit: und in
dieser sind die Könige und Helden überlebens-
groß und die tückischen, gehaßten, besiegten
Feinde klein. Hier kann man wahrhaft sagen:
Kunst ist gleich Symbolik. Widerspiegelung
nicht des mit den Augen Sichtbaren, sondern
des mit meinem Glauben erlebbaren. Hier
beherrscht nicht die Natur das künstlerische Ich,
sondern umgekehrt: gespiegelt im Herzen eines
einzigen Menschen erscheint die Welt. Um dafür
noch ein anderes Beispiel anzuführen: auf pri-
mitiven Bildern sieht man einen selbst weit im
Hintergrund stehenden Baum oft groß, ja größer
als einen ganz im Vordergrund stehenden Men-
schen gegeben. Vielleicht ist das wirklich
Mangel an Perspektive. Aber dieser Mangel
hat seine Ursache in der Gleichgültigkeit des
Künstlers ihr gegenüber. Er braucht sie nicht,
denn nicht der Baum, nicht dieser, nicht ein