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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Fischer, Theodor: Zur Denkmalfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0391

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Zur Denkmal/mge.

dern. Mit ihr kommt die reichere Gliederung,
die feinere Profilierung von selbst. Es wäre
aber zweierlei zu vermeiden: einmal entspricht
es nicht dem Stand unserer Zivilisation, wenn
wir die rohen Menhire der Vorwelt unverän-
dert anwenden wollten, und auf der entgegen-
gesetzten Seite wäre es falsch, die Grundgestalt
durch zu reiche Form und zu üppigen Schmuck
bis zur Unkenntlichkeit zu verkleiden oder
aufzulösen.

Eine zweite Urform ist die Schrifttafel; bei
ihr ist die Verbindung mit ernster Architektur
notwendig; sie kann aufs reichste umrahmt
werden, aber die Schrift muß doch immer die
Hauptsache bleiben; dauerhaftes Material
kommt ihr selbstverständlich zu, aber weißer
Marmor wirkt in deutschem Lande kalt und fr emd.

Schreitet man weiter, so wird man bald dem
umbauten Raum, dem Heiligtum, begegnen.
Böcklin'sche Vorbilder locken, aber entkleidet
man die Idee des ummauerten, gegen den Him-
mel offenen Heiligtums Böcklin'scher Dar-
stellungskunst, so schillert sie romantisch. Was
dagegen die Kapelle für die christliche Religion,

insbesondere für die katholische Kirche als Er-
innerungsmal bedeutet, ist unerschöpflicher
Reichtum. Warum sollten der Erinnerung an den
Krieg nicht solche kleine Heiligtümer errichtet
werden, kirchlicher oder auch weltlicher Art ?

Bei allen diesen Beispielen, die leicht ver-
mehrt werden könnten, scheint das Ausschlag-
gebende, daß der Kerngedanke rein und un-
geschmälert erhalten bleibt bei aller Freiheit
der Abwandelung. Vermengt man aber den
einen mit dem andern, oder verquickt man die
architektonischen Kernideen mit Plastik in der
Weise, daß diese gleichwichtig wird, so ist man
der unseligen Stillosigkeit nicht fern, die für
die verflossene Epoche bezeichnend war.

Oder häuft man Steine übereinander, gleich-
gültig ob dies in guten oder schlechten Pro-
portionen, mit guter oder schlechter Profilierung
geschieht, ohne daß der Kerngedanke des aufge-
richteten Males klar wird, etwa der Art, daß halb
eine Denksäule, halb ein Altar herauskommt,
so ist man an derselben Stelle angelangt. —

THEODOR FISCHER — MÜNCHEN IN »KRIEGERGRÄBER IM
FELDE UND DAHEIM« JAHRBUCH DES D.W.B. I 9 I 7.

ARCHITEKT JOSEF VAGO - BUDAPEST. »KRIEGER-GEDENKTAFEL«
 
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