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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 40.1917

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Bachmann, Paul: Psychologie der Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8539#0400

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Psychologie der Kunsl.

KÖN1GL. PORZELLAN-MANUF.- MEISSEN. »TELLER MIT MALEREI UND DURCHBRUCH«

Anforderungen der Zeit und der Technik Stand
hielt —; daher die Zeit- und Arbeitskräfte
sparenden breiten, flächigen Formen an unsern
Bauten und ihrem Detail; ich halte dafür, daß
sie eher aus diesen Forderungen herauswuch-
sen, als daß sie sich mit Schlagworten wie
„materialgerecht" oder „dekorativ" begründen
lassen, — denn die großen Baukünstler aller
Epochen mußten sich mit den Gesetzen mate-
rialgerechter Verarbeitung ebenso abfinden,
und ich meine, sie haben es — mit zeitweisen
Ausnahmen vielleicht — meisterlich verstanden.

Ob nun Kunst und Geschlecht im steten
Fluß mit dem Jahrhundert sich befinden, — daß
die Persönlichkeit des Künstlers und sein Werk
sich decken, ist nach wie vor ein unumstöß-
liches Gesetz. Keiner kann aus seiner Zeit
heraustreten und kein Künstler kann eine Le-
bensäußerung tun, (— denn die Kunst ist sein
Lebens-Element —) die nicht analog sei-
nem innersten Wesen sich entfaltete.
Immer finden wir Harmonie mit dem Wesen
und der Erscheinung, mit dem Inneren
und Äußeren, — es wächst das Werk des
Künstlers aus der Persönlichkeit heraus, wie
die Frucht aus dem Baume. —
III.

Es ist im Anschluß an diese Betrachtungen
berechtigt, die Frage aufzuwerfen: „Wer eig-
net sich denn für den Künstlerberuf?" Nun,
jedenfalls der, der Drang und Fähigkeiten
dazu hat. Selbstverständlich! Aber schon

mancher glaubte, sie zu besitzen und ist doch
nie ein Künstler geworden. Psychologisch
möchte ich die Frage dahin beantworten. Ich
unterscheide drei Klassen von Menschen: Den
intelektuellen, den spirituellen, den
materiellen. Eine dieser Anlagen ist bei
dem Menschen in der Basis vorhanden, wäh-
rend die beiden anderen in 1. und 2. Inklina-
tion nachzuweisen sind. Die Mischung dieser
drei Arten ist eine so verschieden ungleiche,
daß Wiederholungen in der Natur so gut wie
ausgeschlossen sind und nur daraus der millio-
nenfache Unterschied geistiger Veranlagung
und der Charaktere sich erklären läßt. Es
leuchtet ein, daß, je gleichmäßiger die Mischung
sich nachweisen läßt, desto harmonischer der
Mensch sein muß, denn in völliger Ebenmäßig-
keit der drei Anlagen ist die Grundlage für den
vollkommenen Menschen gegeben, während
das zu starke Vorherrschen einer Anlage im-
mer abnorm ist. Damit soll aber keineswegs
gesagt sein, daß der Mensch mit ausgesprochen
einseitiger Anlage nicht eine hohe Stufe in der
menschlichen Gesellschaft einnehmen könnte.
Von diesen Gesichtspunkten aus beurteilt, war
einer der harmonischsten Menschen „Göthe"
— daher auch sein sicheres Urteil auf allen
Gebieten und seine hohe geistige und körper-
liche Entwicklung. — Die Künstler sind
vorwiegend spirituell basiert; materiell
basierte Menschen habe ich oft unter Plasti-
kern gefunden, was eine ganz natürliche Er-
 
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