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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 53.1923-1924

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Hausenstein, Wilhelm: Julius Hess
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https://doi.org/10.11588/diglit.9146#0075

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Julius Heß

JULIUS HESS—MÜNCHEN. »TROPISCHER PARK«

die Substanz und Form einer edleren künst-
lerischen Bildung — so gesteht er selber — im
Werk des Cezanne. Selbständig bis ins Äußerste,
eigenwillig treibt in Berlin die Kraft des Lovis
Corinth sich auf: sublim auch ohne die zivili-
satorischen Bändigungen, die von Schulen aus-
zugehen pflegen — von italienischen, von fran-
zösischen. Hier ist auch Liebermann zu nennen:
die feine, weltläufige Bildung des Malers und
des klugen Menschen hindert nicht das Stärkere
— nämlich den Absprung dieses Malers aus
der genialen Selbständigkeit eines radikalen
Temperaments. Es fällt auf, daß der Bayer
Slevogt die Unabhängigkeit seines Genius in
München gefährdet fühlte und den Berliner
Boden suchen mußte, um er selbst zu werden.
Kein Zweifel: im Persönlichen trägt unser Nor-
den einen staunenswerten Sieg davon. Kein
Zweifel: der eigentümliche Wert der Münchner
Malerei liegt in der Ausbildung guter Diago-
nalen. Dies ist merkwürdig. Man muß hinzu-
fügen: begreiflich, daß gerade in dieser Situa-
tion das Gleichgültige, das Kunstmalermäßige,
das Schlechte in proletarischer Massenhaftig-
keit gedeihen konnte. Aber in dieser Situation

konnte auch das Gute gedeihen — ja das sehr
Gute, das sehr Sympathische; das durchaus
Erfreuliche, das gerade in der Pflege der künst-
lerischen und menschlichen Zusammenhänge
wachsen mag. Dazu: die schöne Solidität des
Handwerks; überhaupt die liebenswerte Be-
sonnenheit, das rechte Maßgefühl — und beide
auf einer Ebene, wo das Manuelle mit dem
Geistigen zu einer bürgerlich-schönen Einheit
zusammenwächst. Auch Solches ist im Garten
Gottes: zwar nicht das Wunder einer einzig-
artigen und wilden Blüte, aber die reizende
Ordnung der Beete, die dem stillen Ablauf der
Empfindungen erwidert. . . .

Von dieser guten Münchner Malerei und nur
von ihr ist zu reden, wo von München geredet
wird. Julius Heß gehört zu ihren echten
zeitgenössischen Repräsentanten. Seine Vita
ist die Geschichte nicht nur seines bürgerlichen
und künstlerischen Lebens, sondern zugleich
auch das Bild seiner malerischen Essenz.

Er ist am 16. April 1878 zu Stuttgart ge-
boren worden. An der Hand eines begreifen-
den Vaters fand er frühe Wege zur Malerei.
1897 erschien er an der Karlsruher Kunstge-
 
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