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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 53.1923-1924

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Hamann, Richard: Alexander Kanoldt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9146#0124

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ALEXANDER KANOLDT. Besitzer: alexander peltzer-m ünchen »STILLEBEN VIII« 1922.

ALEXANDER KANOLDT.

VON RICHARD HAMANN.

Kanoldts Kunst hat alle Merkmale des Heu-
tigen, ohne daß eine der Formeln Expres-
sionismus, Futurismus, Konstruktivismus auf
ihn paßte. . So sehr ist seine Kunst reine Kunst.
Er gehört in gewissem Sinne zu den Begrün-
dern der jungen Kunst. In der Künstler-Ver-
einigung, die sich 1919 in München zusammen-
tat und in dem „Neuen Bild 1912" ihre künst-
lerisch geäußerten Ideen auch literarisch zum
Ausdruck brachte, war Kanoldt ein führendes
Mitglied. Seitdem hat er sich in eineinhalb
Jahrzehnt auf dem eingeschlagenen Wege zu
immer klarerer Form in unerbittlicher Arbeit
weiterentwickelt und steht nun auf der Höhe
eines meisterlichen Schaffens.

Der äußere Anlaß oder Inhalt seiner Kunst
ist ein streng begrenzter, Landschaft, mehr noch
Stadtbild oder Architekturstück und Stilleben.
Menschliche Figur und menschliches Antlitz
spielen keine Rolle. Hie und da taucht eine
Maske auf und gemahnt an Menschliches. Es
sind die toten, unbelebten Dinge, deren sich

XXVII. Dezember 1923. 1

sein Bild bemächtigt. Diese Beschränkung ent-
spricht einem inneren Gesetz seiner Kunst, sie
ist weise. Stets zielt er im Bilde auf größte
und klarste Ausdruckskraft des Bildgehaltes in
sich, eine Abstraktheit der Linie, Fläche, der
kubischen Form im architektonischen Raum,
die nun mit schweren und tiefklingenden Farben
gefüllt, den konstruktiven Aufbau geometrischer
Formen in unfaßbare Lebendigkeit und feier-
liche Musik umdeuten. In jedem Fall kommt
er von dem Gegenstand los, überwindet er
Natur im Sinne des Modells, und es bleibt keine
Möglichkeit für den Beschauer, sich sentimental
in blumige Landschaften oder zarte Stimmungen
hineinzuträumen. Dennoch verzerrt er nicht
eigentlich die Dinge, die er malt, er bildet sie
nur um, klärt sie und drückt eine innerlich er-
schaute und geistig gebaute kubische Form durch
sie hindurch aus. So wird aus Landschaften
ein kristallinisch bestimmter Aufbau mit harten
Kanten und festgefaßten Linien wie bei einem
Schieferbruch, aus einer Burg mit Ritterroman-
 
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