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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 53.1923-1924

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Lörcher, Alfred: Zu meinen Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9146#0154

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ALFRED LÖRCHER—STUTTGART. »SITZENDER JÜNGLING« 3922.

ZU MEINEN ARBEITEN.

VON ALFRED LÖRCHER.

Die Form eines plastischen Kunstwerkes ist
durch die Technik seiner Herstellung be-
dingt. Genaue Kenntnis der Technik ist Vor-
aussetzung für eine befriedigende Lösung einer
bildhauerischen Aufgabe. Die Tätigkeit des
Plastikers ist ein Formen in festem Material,
wobei ein Nachahmen der Natur nur in begrenz-
tem Maße zulässig ist. Naturalismus ist daher
in der Plastik nicht in dem Maße möglich, wie
bei der Malerei. Der Impressionismus hat in
der Bildhauerei kaum je eine bedeutende
Rolle gespielt.

Das Material beeinflußt entscheidend die
Formung, es verlangt den Verzicht auf klein-
liche Einzelheiten, fordert Vereinfachung und
räumliche Zusammenfassung. Das führt zur
geschlossenen Form des plastischen Kunst-
werkes und zum Stil. Die hohe Qualität der
ältesten Skulpturen wurzelt hauptsächlich in
der durch das Material bedingten Gebunden-
heit des Künstlers.

Dies gilt zumal für Arbeiten in Stein, Holz
oder ähnlichem Material. In dieser ältesten Tech-
nik wird das plastische Werk aus einem Block
(Steinblock, Holzstamm usw.) herausgehauen,

unter möglichster Ausnützung des vorhandenen
Materials und ohne gekünstelte Einzelheiten,
die die Arbeit des Aushauens zu sehr erschwe-
ren. Bei einer Skulptur, die in Metall gegossen
werden soll, ist eine bewegtere, weniger ge-
schlossene Form eher denkbar, sie ist aber
auch hier durch die Technik erschwert, denn
abstehende Teile müssen besonders gegossen
werden, und nur die geschlossene Form erlaubt,
die Arbeit in einem Guß herzustellen. Bei Ar-
beiten in gebranntem Ton (Terrakotta usw.)
sollen abstehende Teile auch deshalb vermieden
werden, weil bei diesem Material die besondere
Gefahr besteht, daß sie beschädigt werden
oder abbrechen.

Die Forderung nach möglichster Geschlossen-
heit und Vereinfachung beschränkt naturgemäß
den Plastikerin seinen Ausdrucksmöglichkeiten.
Die vielen Mittel der naturalistischen Darstel-
lung stehen ihm nicht zu Gebote. Er muß in
einfacher, möglichst konzentrierter Form die
gewollte Wirkung erstreben und die Lösung
suchen, die einerseits dem darzustellenden
Gegenstand, andernseits dem zur Verfügung
stehenden Material entspricht. Nach elemen-

XXVJX Dezember 1923. 4
 
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