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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 53.1923-1924

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Lörcher, Alfred: Zu meinen Arbeiten
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Niebelschütz, Ernst von: Theoretische und schöpferische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9146#0158

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Zu meinen Arbeiten.

die Abbildungen wohl zeigen, eine naturge- r
treue Darstellung nicht aus, wenigstens nicht
in den Teilen, die als wesentlich anzusehen
sind, und die bei der Darstellung hervorgeho-
ben werden. So sind denn auch alle meine Ar-
beiten vor dem lebenden Modell entstanden.

Diese Ausführungen möchte ich nicht so
aufgefaßt wissen, als wenn ich auf das gefühls-
mäßige Arbeiten weniger Wert legte und
eine verstandesgemäße Berechnung als die
Grundlage eines plastischen Kunstwerkes
ansähe. Ich halte vielmehr das künstlerische
Gefühl für das Höhere, Notwendigere, und
lasse mich immer zunächst nur davon leiten.
Die angegebenen theoretischen Grundsätze
haben mir aber schon oft den richtigen Weg
gewiesen, wenn ich mit einer versuchten Ge-
staltung nicht zufrieden war. Das künstle-
rische Gefühl ist etwas, was sich nicht be-
schreiben und erklären läßt, darlegen lassen I
sich nur die Anschauungen und Gedanken,
denen der Künstler bei seiner Tätigkeit be-
wußt oder unbewußt untersteht.

THEORETISCHE
UND SCHÖPFERISCHE KUNST. 1

von ernst v. niebklschütz.

Sobald in der Kunst der Puls auszusetzen
beginnt, die Quellen des Volkstums ver-
siegen oder doch spärlicher fließen, das At-
men ungleichmäßig wird, fängt auch jener
Erstarrungs- und Verknöcherungsprozeß an,
in dem das ehemals Lebendige sich in For-
meln und Zeichen ablagert. Erst ist es ein

Spiel mit den Mitteln, oft ein sehr geist- K
reiches, aber als Spiel kennzeichnet es sich H
dadurch, daß der Umkreis des Möglichen
offenbar erschöpft ist, das von einer kräf-
tigeren Generation Errungene zwar noch ab-
wandlungs- aber nicht mehr steigerungsfähig

erscheint. Man dreht und wendet es und Wwt

merkt doch nicht, daß das Ding, das da Leben mM
vortäuscht, ohne eigentlich Leben zu sein, Wk
sein fragwürdiges Dasein nur noch den re- m,
produzierenden Fähigkeiten des Menschen J ■

verdankt. Denn wirklich schöpferische Kunst
wiederholt sich nie, sie ästhetisiert auch nicht;
sie schafft ein absolut Neues — eben weil ihr
ein Lebendiges, nicht Gewordenes, sondern
Werdendes zugrunde liegt, das den Keim
der Zukunft in sich selber trägt.

Im nächsten Zustand verhärtet, verkrustet
sich die Kunst zusehends — der Theoreti-
ker tritt auf den Plan! Und mit ihm das Pro- alfred lörcher-stuttgart.
gramm, die Methode, das Prinzip. Die Kunst »stehende weibliche figur« holzskülptur 1921.
stellt sich dem Leben gegenüber: als Rich-

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