Georg Merkel - Wien.
GEORG MERKEL—WIEN. GEMÄLDE »BRÜCKE« 1923.
verbunden, die noch nicht die Tektonik der
Bilder beherrschen, sondern sie ganz der über-
aus geistvollen und ausgewogenen Massenkom-
position der nunmehr reicher bewegten Körper
überlassen. Dieser harte Kampf um die Farbe
läßt laDge Zeit keine Weichheiten aufkommen.
Erst im sicher errungenen Besitz der farbigen
Mittel verklingen die Durharmonien, um einem
immer volleren Moll zu weichen, das die Luft
zum Flimmern bringt, die Körper und Ober-
llächen geschmeidig schimmern macht. Die Far-
be dringt über die Form hinaus und lockert das
strenge Gefüge der Massen, die nur mehr durch
die vollkommene, neuerrungene Beherrschung
der Farbe zusammen gehalten werden.
Die beiden Entwicklungen sind nunmehr ab-
geschlossen: Bis 1914 das Ringen um die Form,
bis 1921 der Kampf um die Farbe. Die Zeit
zur Synthese ist gekommen und ihre Formel,
die zwingend folgt, ist nicht neu, ist Zielsetzung
eines Cezanne: Form durch Farbe, ihre korre-
lative Einheit. Bisher ward das Ziel nicht er-
reicht, aber auch nicht in Konsequenz ange-
strebt: Derain und Picasso verließen die Farbe,
den Weg zum Fresko gerichtet, und lassen sie
mit tonigen Mitteln durch Form meisterlich er-
stehen; aber die Korrelation fehlt, die wirkliche
Einheit, in der Farbe Form baut.
Der Geist des Bauens ist es, der Merkels
Bilder gestaltet. Aus handwerklicher Einstel-
lung erwuchs er hier, statt, wie sonst allerorten,
aus Müdigkeit an der Kunst, die nach ans Leben
Gebundenem streben ließ. Dränfit nun der neue
Glaube, nur der Bau werde in Zukunft künst-
lerischen Sinn verkörpern, alle Kunst in den
Zusammenhang mit der Architektur, zur Unter-
ordnung unter diese in irgendeiner Form (Ma-
terial- und dynamische Komposition, Fresko
u. s. w,), so wollen die Gemälde Merkels nichts,
als eben Gemälde sein. Sie sind dennoch le-
bendigsten Geistes: sie sind gebaut, und in sich
geschlossen.
Voller Einheit wegen darf kein Element denn
Farbe und Form Bedeutung erlangen, Stofflich-
keit des Gegenständlichen und Oberflächen-
struktur müssen unbeachtet, einzelne Pinsel-
GEORG MERKEL—WIEN. GEMÄLDE »BRÜCKE« 1923.
verbunden, die noch nicht die Tektonik der
Bilder beherrschen, sondern sie ganz der über-
aus geistvollen und ausgewogenen Massenkom-
position der nunmehr reicher bewegten Körper
überlassen. Dieser harte Kampf um die Farbe
läßt laDge Zeit keine Weichheiten aufkommen.
Erst im sicher errungenen Besitz der farbigen
Mittel verklingen die Durharmonien, um einem
immer volleren Moll zu weichen, das die Luft
zum Flimmern bringt, die Körper und Ober-
llächen geschmeidig schimmern macht. Die Far-
be dringt über die Form hinaus und lockert das
strenge Gefüge der Massen, die nur mehr durch
die vollkommene, neuerrungene Beherrschung
der Farbe zusammen gehalten werden.
Die beiden Entwicklungen sind nunmehr ab-
geschlossen: Bis 1914 das Ringen um die Form,
bis 1921 der Kampf um die Farbe. Die Zeit
zur Synthese ist gekommen und ihre Formel,
die zwingend folgt, ist nicht neu, ist Zielsetzung
eines Cezanne: Form durch Farbe, ihre korre-
lative Einheit. Bisher ward das Ziel nicht er-
reicht, aber auch nicht in Konsequenz ange-
strebt: Derain und Picasso verließen die Farbe,
den Weg zum Fresko gerichtet, und lassen sie
mit tonigen Mitteln durch Form meisterlich er-
stehen; aber die Korrelation fehlt, die wirkliche
Einheit, in der Farbe Form baut.
Der Geist des Bauens ist es, der Merkels
Bilder gestaltet. Aus handwerklicher Einstel-
lung erwuchs er hier, statt, wie sonst allerorten,
aus Müdigkeit an der Kunst, die nach ans Leben
Gebundenem streben ließ. Dränfit nun der neue
Glaube, nur der Bau werde in Zukunft künst-
lerischen Sinn verkörpern, alle Kunst in den
Zusammenhang mit der Architektur, zur Unter-
ordnung unter diese in irgendeiner Form (Ma-
terial- und dynamische Komposition, Fresko
u. s. w,), so wollen die Gemälde Merkels nichts,
als eben Gemälde sein. Sie sind dennoch le-
bendigsten Geistes: sie sind gebaut, und in sich
geschlossen.
Voller Einheit wegen darf kein Element denn
Farbe und Form Bedeutung erlangen, Stofflich-
keit des Gegenständlichen und Oberflächen-
struktur müssen unbeachtet, einzelne Pinsel-