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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 53.1923-1924

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H. R.: Haus und Baum
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https://doi.org/10.11588/diglit.9146#0285

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Haus und Baum.

Eine alte jüdische Gewohnheit bestimmt, daß
beim Bauen eines Hauses die Bäume der Nach-
barschaft geschont werden müssen. Es werden
wohl nicht künstlerische Gründe gewesen sein,
die diese Gewohnheit zum Gesetz machten,
aber wie dem auch sei, die Gesinnung, die
dieser Übung zugrunde liegt, ist hoch zu loben.
Selbst in unsrer ernüchterten Zeit weiß die
Bauspekulation, daß „Bauplätze mitHochwald"
fast immer begehrter und wertvoller sind.

Es wurde am Anfang gesagt, daß das lieb-
reiche Verhältnis zwischen Haus und Baum nur
schwer zu stören ist. Leider gibt es doch Tau-
sendkünstler, die das fertig bringen. Und natür-
lich erfolgt diese Störung stets durch das Haus,
wenn sich dieses nämlich sperrig und störrisch,
unverständig und unerzogen, grob oder geziert
benimmt. Ich gehe täglich an zwei Forsthäusern
aus dem 18. Jahrhundert vorüber. Sie lagen
vorerst im Wald; jetzt umspült sie schon von
allen Seiten die Stadt. Aber ohne daß ich

daran denke, fesselt mich täglich von neuem
ihr wundervolles, freundnachbarliches Verhält-
nis zu den schönen Kastanien und Birken, die
das Dach, den Hofplatz, die Steinmauer be-
schatten. Der Himmel weiß, ob sich der brave
Baumeister damals große Mühe gegeben hat,
dieses Verhältnis umständlich zu berechnen.
Ich sehe nur, daß jedes Stück Wand oder Fen-
ster, das zwischen den Stämmen durchlugt,
nach Farbe und Linie einen köstlichen Klang
gibt. Ich sehe, daß Dach und Wipfel sich wahr-
haft brüderlich miteinander vertragen, daß eins
das andre in seiner Existenz enorm unterstützt,
und daß eine immerwährende Freude von dieser
erstaunlichen Symbiose ausgeht. Und ich weiß
alte, schäbige Häuser in der Altstadt, die man
nie gewahren würde, wenn ein Baum ihnen nicht
Würde und Bedeutung gäbe, und Dutzende von
bayrischen Bauernhöfen sind mir bekannt, die
ästhetisch überhaupt nur Dank der Hilfe von
Bäumen existieren............h. r.

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HKINRICH STRAÜMER. »GRUNDRISS UND LAGEPLAN. HAUS VAN HETERENc
 
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