Neue Arbeiten von Julius Hüther.
JULIUS HÜTHER. »KNIENDES MÄDCHEN«
sich eine ernsthafte Kunstbetrachtung mit der
unsrer Zeit allgemeinen erschreckenden Flüch-
tigkeit abfinden wird, die leider weit entfernt
von Rembrandt und den guten Chinesen sich
mit den Schatten von Schatten begnügt. Glück-
licherweise sind wir in der Lage, Arbeiten
Hüthers zu zeigen, die wirklich unbestritten
bleiben müssen und zwar aus allen seinen Schaf-
fensperioden. Von ihnen aus erschließt sich
leicht das Verständnis auch für die andern
Werke. Der Grund ist: Hüther ist eine von
Grund aus positive Natur. Ihm heißt Schaffen
Betonen, Zusammenfassen, Herausarbeiten des
Wichtigen. Will man seiner Kunst eine Ahnen-
reihe geben, so lautet sie Cezanne, Weisgerber.
Weisgerbers große Begabung als Kolorist er-
schöpfte sich oft so in der Aufgabe, daß man vor
den Bildern zuerst an den Maler denkt. Das ist
nicht der höchste Ruhm eines Kunstwerks; wir
wollen beim Gedichtelesen zuerst Gesichte
sehn, nicht an den Dichter erinnert werden.
Hüther tritt mehr zurück hinter seinen Bildern.
Jene artistische Note fehlt ihm, er ist naiver,
leichtherziger und leichtfertiger, er ist als Ge-
stalter ebenso unprätentiös, wie als Maler von
puritanischer Einfalt. Aber an Freudigkeit sucht
er unter unsern Künstlern seines Gleichen,
Sturm und Feuer wehn durch seine Bilder, —
von toller Kühnheit nannte sie einst Ostini,
— und die offenherzige Klarheit seiner Schil-
derungen hat etwas Mitreißendes: wie jeder
Meister seinen bestimmten harmonischen Far-
benkomplex besitzt und aus diesem heraus seine
Welt gestaltet, sodaß es uns ja nie einfällt, bei
den Holländern nach Italiens Welt zu verlangen,
so hat auch Hüther den seinen besessen und
entwickelt; und jetzt zu einer geschlossenen,
einheitlichen Leuchtkraft entwickelt. Das kos-
mische Element, das schon in den großen Grup-
penbildern farbiger Menschen zu spüren war,
dann in dem Pferdebild in der Alpenlandschaft
fast bedrückend zu Tage trat, ist jetzt in den
ruhenden weiblichen Akten, einem beglücken-
den, befreienden Allgefühl gewichen.
Für Hüthers Werk und Aufgabe gibt es noch
kein Schlußwort. Wir stehen bei ihm vor einer
schnell zur Vollendung seiner Anlagen drän-
genden Entwicklung. Freuen wir uns des Ge-
schaffenen, warten wir ab, was die nächsten
Jahre bringen, es kann nur die gesunde und
logische, vielleicht etwas besonnere Folge des-
sen sein, was er bisher im Sturm erobert hat.
JULIUS HÜTHER. > MADCHEN-BILDNIS «
JULIUS HÜTHER. »KNIENDES MÄDCHEN«
sich eine ernsthafte Kunstbetrachtung mit der
unsrer Zeit allgemeinen erschreckenden Flüch-
tigkeit abfinden wird, die leider weit entfernt
von Rembrandt und den guten Chinesen sich
mit den Schatten von Schatten begnügt. Glück-
licherweise sind wir in der Lage, Arbeiten
Hüthers zu zeigen, die wirklich unbestritten
bleiben müssen und zwar aus allen seinen Schaf-
fensperioden. Von ihnen aus erschließt sich
leicht das Verständnis auch für die andern
Werke. Der Grund ist: Hüther ist eine von
Grund aus positive Natur. Ihm heißt Schaffen
Betonen, Zusammenfassen, Herausarbeiten des
Wichtigen. Will man seiner Kunst eine Ahnen-
reihe geben, so lautet sie Cezanne, Weisgerber.
Weisgerbers große Begabung als Kolorist er-
schöpfte sich oft so in der Aufgabe, daß man vor
den Bildern zuerst an den Maler denkt. Das ist
nicht der höchste Ruhm eines Kunstwerks; wir
wollen beim Gedichtelesen zuerst Gesichte
sehn, nicht an den Dichter erinnert werden.
Hüther tritt mehr zurück hinter seinen Bildern.
Jene artistische Note fehlt ihm, er ist naiver,
leichtherziger und leichtfertiger, er ist als Ge-
stalter ebenso unprätentiös, wie als Maler von
puritanischer Einfalt. Aber an Freudigkeit sucht
er unter unsern Künstlern seines Gleichen,
Sturm und Feuer wehn durch seine Bilder, —
von toller Kühnheit nannte sie einst Ostini,
— und die offenherzige Klarheit seiner Schil-
derungen hat etwas Mitreißendes: wie jeder
Meister seinen bestimmten harmonischen Far-
benkomplex besitzt und aus diesem heraus seine
Welt gestaltet, sodaß es uns ja nie einfällt, bei
den Holländern nach Italiens Welt zu verlangen,
so hat auch Hüther den seinen besessen und
entwickelt; und jetzt zu einer geschlossenen,
einheitlichen Leuchtkraft entwickelt. Das kos-
mische Element, das schon in den großen Grup-
penbildern farbiger Menschen zu spüren war,
dann in dem Pferdebild in der Alpenlandschaft
fast bedrückend zu Tage trat, ist jetzt in den
ruhenden weiblichen Akten, einem beglücken-
den, befreienden Allgefühl gewichen.
Für Hüthers Werk und Aufgabe gibt es noch
kein Schlußwort. Wir stehen bei ihm vor einer
schnell zur Vollendung seiner Anlagen drän-
genden Entwicklung. Freuen wir uns des Ge-
schaffenen, warten wir ab, was die nächsten
Jahre bringen, es kann nur die gesunde und
logische, vielleicht etwas besonnere Folge des-
sen sein, was er bisher im Sturm erobert hat.
JULIUS HÜTHER. > MADCHEN-BILDNIS «