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Dörpfeld, Wilhelm [Hrsg.]
Troja und Ilion: Ergebnisse der Ausgrabungen in den vorhistorischen und historischen Schichten von Ilion 1870 - 1894 (Band 2) — Athen, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.1115#0124
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Gräber und Grabhügel. (II. Wiimefeld)

VIII. ABSCHNITT.
GRÄBER UND GRABHÜGEL.

Über grosse und wichtige Abschnitte aus der Kulturgeschichte des Alter-
tums sind wir fast ausschliesslich unterrichtet durch Funde in alten Grabstätten;
die Bestattungsweise, die Auswahl und Beschaffenheit der Gegenstände, die man
den Toten mit ins Jenseits gab, gewähren Aufechliis.se von gmsster Tragweite;
gar manche Stadt, deren Lage nicht einmal mehr genau bekannt ist, ist für uns
noch von höchster Wichtigkeit durch die reiche Ausbeute, die ihre Grabfeldcr
der Forschung boten. Mykenai verdankt seine für die Kenntnis der Vorge-
schichte Griechenlands grundlegende Bedeutung vor allem dem reichen Inhalt
und der architektonischen Ausgestaltung seiner Gräber. Gerade umgekehrt ist
das Verhältnis in Troja: das Bild einer Jahrtausende währenden Entwickelung,
das sich hier vor uns entrollt, beruht ganz allein auf dem, was vom Wohnsitz
und von den Geräten der Lebenden erhalten ist, vom Verbleib der Toten jener
ungezählten Generationen, die sich auf dem Hügel von Hissarlik ablösten, wis-
sen wir fast nichts. Anfangs freilich, als die ersten Berichte Schliemanns über
seine Ausgrabungen bekannt wurden, schien es anders; da war von zahllosen
Leichenurnen, von grossen Mengen von Menschenasche und Menschenknochen
die Rede, die bei der Ausgrabung allerwärts zwischen den Resten der alten
Ansiedelungen selbst gefunden seien. Aber in dem Masse, wie sachkundige Beob-
achter die Ausgrabung und ihre Ergebnisse kennen lernten und Schliemanns
eigenes Verständnis wuchs, verschwanden solche Angaben aus den späteren Ver-
öffentlichungen ; die angeblichen Leichenurnen entpuppten sich als gewöhnliche
Gebrauchsgerate des täglichen Lebens, die Knochen als Tierknochen, wie sie als
Abfall in und neben den Wohnstätten sich ansammelten, die Asche Hess sich
fast nirgends als von verbrannten menschlichen Leichen herrührend erweisen, viel-
fach war ein ganz anderer Ursprung mit Sicherheit für sie festzustellen. Was
sonach von einigermassen sicheren Bestattungsresten noch übrig ist, lässt sich
sehr kurz zusammenfassen.

In der I. Schicht wurden 1872 in einer grabähnlichen, mit Steinen ein-
gelösten Vertiefung zwei mit Asche gefüllte dreibeinige Gefässe gefunden, mit
der Hand gemacht, aus sehr grobem Thon mit stark glimmerlialtigem Grus, nur
unvollkommen am offenen Feuer gebrannt. Das kleinere, aber besser erhaltene, ist
umstellend Figur 465 abgebildet, das grössere «Ilioss S. 258 N° 59. Letzteres ent-
hielt unter der Asche das Skelett eines unverbrannteu Foetus von etwa 6 Mona-
 
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