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Die lokrische Busse. Die Brunnen im Athen a-Heil ig lum. 5^1

dass sie also rundum rein decorativ angebracht sind und der Brunnen thatsäch-
lich von oben niemals benutzt worden ist. Zu dieser Beschaffenheit des Rund-
tempelchens stimmt, dass im Brunnen selbst das Loch für die Walze, an der
die Schöpfeimer hingen, 2 '/2 m unter der mutmasslichen Fussbodenhöhe in der
Höhe des unterirdischen Zugangs zum Brunnen angebracht worden ist, wie in
Fig. 68 am linken Rande des Brunnenschachtes angegeben. Ich denke, dass diese
Beobachtung geeignet ist, die letzten Zweifel an der Zugehörigkeit des Decora-
tionsbaues zum Brunnen, in welchem er gefunden ist, zu heben.

Der heilige Brunnen der Athena ist also nur unterirdisch benutzt worden.
Der Rundbau hat, wie seine Form zeigt, nur als Laterne gedient, um durch
seine durchbrochenen Fenster dem noch erhaltenen unterirdischen Zutritt zum
Brunnen das Licht zu spenden. Eigentümlich ist nun, dass der Zugang weder
zum Tempel noch zum Altar, sondern aus ihrem Bereiche fort, für uns noch auf
10 m verfolgbar, nach Norden führt, also in der Zeit der römischen Herrich-
tung des Hieron zu den das Heiligtum einfassenden Säulenhallen oder Gebäu-
den. Zweifellos eine Anlage, die in dem besonderen Cult der Athena Ilias eine
Rolle gespielt hat und aus ihm erklärt werden muss. Wohl fällt der Blick der
Göttin vom Tempel aus auf den Brunnen, aber die in ihrem Dienste daraus
schöpfen, mag sie nicht sehen. Die Lösung zum Rätsel liefern uns Timaios und
Lykophron: El 3^ tive? [tSW AoxpfSwv] syusuysisv övsÄöoDsai XaÖpa ei; xo tljs 'AOyjvÖs
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ic p otrij p^ovto, oSte toQ Upoü e^p-/ovro, et u,yj vuxrwp, so sagt der Scholiast
nach Timaios zu V. 1141, und die Alexandra selbst weissagt den Dienst der
Lokrerinnen V. 1165 0s5c S' öfeXTaeünogai xciu-outiai ite'äcv, Spiaw ts ?siSaCTOuaiv. Sie
holen wohl das Wasser aus dem Brunnen und sprengen im Heiligtum, und wohl
büsst unablässig im Sklavendienst das adlige Blut die Schuld des Ahnherrn,
aber unbarmherzig, unversöhnlich lastet auf ihnen der Zorn der Pallas Athene
und verbannt sie aus den Augen der lanzenschwirigenden Göttin bis ins tau-
sendste Glied. Das ist der Sinn, in dem die Hier die lokrischen Mädchen anneh-
men und welcher aus der Anlage des Brunnens zu uns spricht.

So also treten zur Ergänzung der litterarischen Überlieferung die Ruinen
hinzu. Es wird nötig sein festzustellen, bis in welche Zeit hinauf die Brunnen-
anlage im Heiligtum der Athena zu rück verfolgt werden kann. Seine überaus
sorgfältige und grossartige Herrichtung, die ihn in hohem Grade des Vergleichs
mit den königlichen Bauten der VI. Burg würdig erscheinen lässt, hat oben den
Anlass gegeben, den Brunnen B a den Resten dieser Schicht einzureihen, freilich
unter starker Hervorhebung von gewichtigen Bedenken. Verfolgen wir den Aus-
bau des Brunnens von der jüngsten Zeit an. Die Laterne über ihm ist, wie oben
angenommen, schwerlich älter als die römische Herrichtung des Hieron, stammt
also entweder aus der Zeit des Augustus oder erst aus der Erneuerung des
Heiligtums, die nach den Münzen zur Zeit Marc Aureis stattgefunden hat (S.512).
Damit ist vereinbar, dass Plutarch angiebt, noch bis kurz vor seiner Zeit seien
 
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