Das Homerische Troja. (W. Dörpfeld)
sichtbare für das Grabmal des Helden gewählt worden sein? Aber ausserdem
sind weder die heutigen, noch die griechisch ■ römischen Benennungen der Tumuli
ohne weiteres für uns verbindlich. Da an eine ganz ununterbrochene Tradition
in der troischen Ebene schwerlich zu denken ist, so beruhen die uns überlie-
ferten Namen auf antiken oder modernen Combinationen zwischen den Anga-
ben Homers und dem jedesmaligen Zustande der Ebene. Beweis hierfür sind
die vielen unrichtigen Benennungen, die sich bei Strabon vorfinden. Als die ersten
griechischen Ansiedler in nachmykenischer Zeit sich in der Skamanderebene
niederliessen, fanden sie wahrscheinlich die Mündung des Flusses schon am Kap
Sigeion und mussten so nach den Worten des Epos in einem der dort befind-
lichen Tumuli das Grab des Achilleus suchen. Dass in der That die beiden
Grabhügel, welche heute die Namen des Achilleus und des Patroklos führen,
unrichtig benannt sind, ergiebt sich einerseits aus dem Umstände, dass das
freundespaar nach dem Epos einen gemeinsamen Grabhügel erhielt, und andrer-
seits aus der oben (S. 544) dargelegten Thatsache, dass innerhalb des sogenann-
ten Achilleusgrabes nur Gegenstände aus dem V. oder VI, Jahrhundert gefunden
worden sind. Da wir mithin den wirklichen Grabhügel des Achilleus nicht ken-
nen, sind wir nicht berechtigt, den jetzt nach ihm genannten Tumulus als Beweis
dafür anzuführen, dass die Zelte des Achilleus im Westen gelegen haben, und dass
deshalb auch der Skamander ehemals auf der Westseite der Ebene geflossen sei.
Umgekehrt können wir aus den Angaben des Epos selbst beweisen, dass der
Skamander nach der Auffassung des Dichters an der Ostseite der Ebene floss, also
dort, wo wir sein altes Flussbett und seine alte Mündung thatsächlich finden.
Den Ausgangspunkt für diese Untersuchung bildet die oben erhärtete That-
sache, dass der FIuss nach den Worten des Epos zwischen dem Schiffslager
und der Stadt floss und somit das Schlachtfeld in zwei Teile zerlegte. Dass
auch die Alten das Epos so verstanden, wird durch das von Philostrat (Imag.
I 10) beschriebene Bild bewiesen, auf dem der Skamander zwischen der Stadt
auf der einen und dem Hellespont auf der anderen Seite gemalt war. Da nun
heute die Lage der Stadt auf dem östlichen Ufer über jeden Zweifel erhaben
ist, so muss das Lager der Griechen westlich vom Flusse gelegen haben. Die-
ser selbst mündete also im östlichen Teile der Ebene.
Bestätigt wird dieses Resultat durch eine Untersuchung über die Bedeutung
der homerischen Bezeichnungen: «auf der linken (oder rechten) Seite der Schlacht»
oder «des Schiffslagers». Für uns, die wir die Karte der troischen Ebene stets
mit der Nordrichtung nach oben vor Augen haben, liegt es allerdings am näch-
sten, unter der linken Seite den Westen und unter der rechten den Osten zu
verstehen. Da ferner auch Homer an einer Stelle, wo Hektor vom Vogelfluge
spricht (N 239), ausdrücklich <links> und «rechts» durch die Zusätze «nach Wes-
ten» und «nach Osteni erklärt, so ist diese Auffassung vielfach auf alle ande-
ren Angaben übertragen worden. Hierzu hat vielleicht auch noch der Umstand
beigetragen, dass der Skamander von Süden nach Norden fliesst, und dass daher
sichtbare für das Grabmal des Helden gewählt worden sein? Aber ausserdem
sind weder die heutigen, noch die griechisch ■ römischen Benennungen der Tumuli
ohne weiteres für uns verbindlich. Da an eine ganz ununterbrochene Tradition
in der troischen Ebene schwerlich zu denken ist, so beruhen die uns überlie-
ferten Namen auf antiken oder modernen Combinationen zwischen den Anga-
ben Homers und dem jedesmaligen Zustande der Ebene. Beweis hierfür sind
die vielen unrichtigen Benennungen, die sich bei Strabon vorfinden. Als die ersten
griechischen Ansiedler in nachmykenischer Zeit sich in der Skamanderebene
niederliessen, fanden sie wahrscheinlich die Mündung des Flusses schon am Kap
Sigeion und mussten so nach den Worten des Epos in einem der dort befind-
lichen Tumuli das Grab des Achilleus suchen. Dass in der That die beiden
Grabhügel, welche heute die Namen des Achilleus und des Patroklos führen,
unrichtig benannt sind, ergiebt sich einerseits aus dem Umstände, dass das
freundespaar nach dem Epos einen gemeinsamen Grabhügel erhielt, und andrer-
seits aus der oben (S. 544) dargelegten Thatsache, dass innerhalb des sogenann-
ten Achilleusgrabes nur Gegenstände aus dem V. oder VI, Jahrhundert gefunden
worden sind. Da wir mithin den wirklichen Grabhügel des Achilleus nicht ken-
nen, sind wir nicht berechtigt, den jetzt nach ihm genannten Tumulus als Beweis
dafür anzuführen, dass die Zelte des Achilleus im Westen gelegen haben, und dass
deshalb auch der Skamander ehemals auf der Westseite der Ebene geflossen sei.
Umgekehrt können wir aus den Angaben des Epos selbst beweisen, dass der
Skamander nach der Auffassung des Dichters an der Ostseite der Ebene floss, also
dort, wo wir sein altes Flussbett und seine alte Mündung thatsächlich finden.
Den Ausgangspunkt für diese Untersuchung bildet die oben erhärtete That-
sache, dass der FIuss nach den Worten des Epos zwischen dem Schiffslager
und der Stadt floss und somit das Schlachtfeld in zwei Teile zerlegte. Dass
auch die Alten das Epos so verstanden, wird durch das von Philostrat (Imag.
I 10) beschriebene Bild bewiesen, auf dem der Skamander zwischen der Stadt
auf der einen und dem Hellespont auf der anderen Seite gemalt war. Da nun
heute die Lage der Stadt auf dem östlichen Ufer über jeden Zweifel erhaben
ist, so muss das Lager der Griechen westlich vom Flusse gelegen haben. Die-
ser selbst mündete also im östlichen Teile der Ebene.
Bestätigt wird dieses Resultat durch eine Untersuchung über die Bedeutung
der homerischen Bezeichnungen: «auf der linken (oder rechten) Seite der Schlacht»
oder «des Schiffslagers». Für uns, die wir die Karte der troischen Ebene stets
mit der Nordrichtung nach oben vor Augen haben, liegt es allerdings am näch-
sten, unter der linken Seite den Westen und unter der rechten den Osten zu
verstehen. Da ferner auch Homer an einer Stelle, wo Hektor vom Vogelfluge
spricht (N 239), ausdrücklich <links> und «rechts» durch die Zusätze «nach Wes-
ten» und «nach Osteni erklärt, so ist diese Auffassung vielfach auf alle ande-
ren Angaben übertragen worden. Hierzu hat vielleicht auch noch der Umstand
beigetragen, dass der Skamander von Süden nach Norden fliesst, und dass daher