GÜTTERVERSAMMLUNG
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der Heimat aufsteigen zu sehn und dann zu sterben. Und 1.
selbst dein mildes Herz empfindet kein Mitleid, Olympier. Hat 60
nicht Odysseus bei den argivischen Schiffen im weiten Troja
willige Opfer gebracht? Warum zürnst du ihm so?“
„Mein Kind,“ sprach der wolkensammelnde Zeus, „welch
unbedachtes Wort ist deinem Munde entflohn! Wie könnte
ich wohl des göttlichen Odysseus vergessen? Er übertrifft an
Klugheit die Sterblichen und hat den unsterblichen Göttern,
die den weiten Himmel bewohnen, mehr Opfer gebracht als
irgend ein anderer. Aber der Erdumfasser Poseidon zürnt
ihm unerbittlich, weil er den göttergleichen Polyphemos, den
stärksten aller Kyklopen, des Auges beraubt hat. Eine Toch- 70
ter des ruhelosen Meergottes Phorkys, die Nymphe Thoosa,
hat ihn geboren; sie hatte sich mit Poseidon in hochgewölb-
ter Grotte vermählt. Deshalb haßt der Erderschütterer den
Odysseus. Seinen Tod begehrt er zwar nicht, doch hält er
ihn fern von der Heimat. Wohlan, wir alle hier wollen be-
denken, wie Odysseus am besten nach Hause gelangt. Posei-
don entsagt wohl dem Zorn. Gegen den Willen aller Unsterb-
lichen vermag er im Groll nicht zu beharren.“
Athena gab zur Antwort: „Mein Vater, Sohn des Kronos, so
erhabenster Herrscher! Ist jetzt den seligen Göttern die
Heimkehr des klugen Odysseus wirklich genehm, so laßt uns
Hermes, den blitzschnellen Boten, zur Insel Ogygia senden;
er mag der schöngelockten Nymphe aufs schnellste verkün-
den, daß der Dulder zurückkehren soll nach unserm Be-
schluß, der unabänderlich feststeht. Ich aber will nach Jthaka
gehn, will seinen Sohn anspornen und ermutigen, daß er die
hauptumlockten Achäer zur Versammlung ruft und allen 90
Freiern absagt, die ihm immer die Schafherden schlachten
und die schleppfüßigen, krummhörnigen Rinder. Auch will
ich ihn nach Sparta und dem sandigen Pylos geleiten, damit
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der Heimat aufsteigen zu sehn und dann zu sterben. Und 1.
selbst dein mildes Herz empfindet kein Mitleid, Olympier. Hat 60
nicht Odysseus bei den argivischen Schiffen im weiten Troja
willige Opfer gebracht? Warum zürnst du ihm so?“
„Mein Kind,“ sprach der wolkensammelnde Zeus, „welch
unbedachtes Wort ist deinem Munde entflohn! Wie könnte
ich wohl des göttlichen Odysseus vergessen? Er übertrifft an
Klugheit die Sterblichen und hat den unsterblichen Göttern,
die den weiten Himmel bewohnen, mehr Opfer gebracht als
irgend ein anderer. Aber der Erdumfasser Poseidon zürnt
ihm unerbittlich, weil er den göttergleichen Polyphemos, den
stärksten aller Kyklopen, des Auges beraubt hat. Eine Toch- 70
ter des ruhelosen Meergottes Phorkys, die Nymphe Thoosa,
hat ihn geboren; sie hatte sich mit Poseidon in hochgewölb-
ter Grotte vermählt. Deshalb haßt der Erderschütterer den
Odysseus. Seinen Tod begehrt er zwar nicht, doch hält er
ihn fern von der Heimat. Wohlan, wir alle hier wollen be-
denken, wie Odysseus am besten nach Hause gelangt. Posei-
don entsagt wohl dem Zorn. Gegen den Willen aller Unsterb-
lichen vermag er im Groll nicht zu beharren.“
Athena gab zur Antwort: „Mein Vater, Sohn des Kronos, so
erhabenster Herrscher! Ist jetzt den seligen Göttern die
Heimkehr des klugen Odysseus wirklich genehm, so laßt uns
Hermes, den blitzschnellen Boten, zur Insel Ogygia senden;
er mag der schöngelockten Nymphe aufs schnellste verkün-
den, daß der Dulder zurückkehren soll nach unserm Be-
schluß, der unabänderlich feststeht. Ich aber will nach Jthaka
gehn, will seinen Sohn anspornen und ermutigen, daß er die
hauptumlockten Achäer zur Versammlung ruft und allen 90
Freiern absagt, die ihm immer die Schafherden schlachten
und die schleppfüßigen, krummhörnigen Rinder. Auch will
ich ihn nach Sparta und dem sandigen Pylos geleiten, damit
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