Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
84 II. Abschnitt: Leukas, das homerische Ithaka. (W. Dörpfeld)

führte (Od. 20, 219), war beschwerlich und gefährlich; daher wurde die Reise zu
Schiff allgemein vorgezogen, wie auch heute fast niemand zu Lande nach Leukas
reist, obwohl es sehr wohl möglich ist. Dabei ist noch zu beachten, dass ■neZ.oc, von
Homer nicht nur für eine Fusswanderung, sondern auch im allgemeinen für eine Land-
reise im Gegensatze zur Seereise gebraucht wird. Denn Nestor sagt zu Telemach
(3, 324), nachdem er die Seefahrt von Pylos nach Sparta erwähnt hat: „Wenn
du aber ne^bc, nach Sparta gehen willst, so werde ich dir Wagen und Pferde und
dazu einen meiner Söhne als Begleiter geben." Hier kann neC,bc, nur mit „zu
Lande" wiedergegeben werden, wie ich oben in der Uebersetzung in Klammern hinzu-
gefügt habe.

Es sollte hiernach nicht mehr bestritten werden dürfen, dass das viermalige Vor-
kommen derselben obigen Versgruppe, in welcher die Landreise nach Ithaka gegenüber
der Seereise als sehr unwahrscheinlich angenommen wird, die Nähe der Insel zum Fest-
lande bezeugt, und so mit unserer von Strabon und Apollodor vorgeschlagenen Ueber-
setzung des Wortes x9-a|aa\r\ durch „an der x&a>v", „am Festlande", in vollem Ein-
klang steht.

Wir mussten die beiden Fragen nach der Bedeutung von ^ocpoc; und von x&ajaaXrj
so eingehend besprechen, um dadurch feste und wertvolle Anhaltspunkte für die Be-
stimmung der Lage von Ithaka zu gewinnen und können nunmehr zu der wichtigen
Homer-Stelle (Od. 9, 21—26) zurückkehren.

Die Worte, mit denen Odysseus den Phäaken seine Heimatinsel und ihre Lage
schildert, liefern uns demnach mehrere wichtige Merkmale, an denen wir das home-
rische Ithaka erkennen können:

1. Um Ithaka herum müssen viele Inseln liegen, alle dicht aneinander; darunter drei
grosse: Dulichion, Same und Zakynthos, von denen die beiden ersteren eine besondere
Gruppe bilden müssen.

2. Ithaka selbst liegt ganz dicht an der Küste des Festlandes, die anderen Inseln
fern von der Küste, auf hoher See.

3. Nach Westen ist Ithaka die allerletzte der vielen Inseln; diese selbst liegen von
Ithaka aus nach Osten.

Bevor wir diese Erkennungszeichen benutzen, um das homerische Ithaka wieder-
zufinden, wollen wir noch untersuchen, ob sie auch mit den übrigen Aussagen des
Epos über Ithaka und seine Lage im Einklang stehen.

Der erste Punkt, die Lage der Inseln zueinander, wird durch andere Homerstellen
bestätigt. So liegen, wie wir sahen, die drei Inseln Dulichion, Same und Zakynthos
nach Od. 21, 346 alle drei Elis gegenüber und müssen daher nahe aneinander ge^
legen haben. Ithaka selbst war etwas weiter von Elis entfernt, aber nach Od. 4, 670
und 844 nur durch eine Meerenge von Same getrennt. In dieser Enge (Ttop&fxoc;)
zwischen Same und Ithaka lag eine der kleineren Inseln, Asteris, die für unsere Frage
besonders wichtig ist, und auf die wir daher später zurückkommen werden.

Weitere Belegstellen für das zweite Erkennungsmerkmal, nämlich die Lage Ithakas
dicht am Festlande, wurden vorher schon beigebracht. Es waren namentlich die Nach-
 
Annotationen